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Peter Klein im Exklusivinterview:
"Mir blutet das Herz, nicht bei den WM-Rallyes zu sein"

Teil 6 des Exklusiv-Interviews mit dem langjährigen ORF-Reporter Peter Klein: Die ersten Monate im Ruhestand. Eine Distanzierung.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Peter Klein privat

Der sechste Teil unseres Gesprächs fand im Garten einer Rallye-Legende, im Garten von Rudi Stohl statt - vor dem finalen Dreier-Gespräch auf Etappe 4 geht es im letzten Teil der dritten Etappe um die ersten Monate im Ruhestand des Peter Klein - nach einem Vierteljahrhundert Vollgas wurde quasi hart in die Eisen gestiegen...

Wie ist nun, nach den ersten Monaten im Ruhestand, Ihr persönliches Befinden? Wie ist Ihre Sichtweise, nachdem Sie einen gewissen Abstand erlangt haben?

Ich habe zur österreichischen Rallyemeisterschaft komplett meine Distanz gefunden. Weil mir teilweise einfach zu dumm ist, was in der Szene passiert.

Die Streitereien?

Ja. Aber auch die Unvernunft der Veranstalter. Die Konzepte, die es da gibt. Vor allen Dingen bin ich es leid - und ich habe mir das auch abgestellt, muss ich dazu sagen - angerufen zu werden, gefragt zu werden um meine Ratschläge. Dann gebe ich Ratschläge und man macht genau das Gegenteil davon und dann wundert man sich, wenn man dann auf's Maul fällt.

Das heißt: Österreichische Rallyemeisterschaft - dicker Strich! Ich war im Lavanttal, weil ich gern im Lavanttal bin. Weil es eine traumhaft schöne Gegend ist. Ich weiß nicht, wie oft ich von dort berichtet habe - aber ich war erstaunt, dass es dort noch immer Leute gibt, die mich erkannt haben, manche haben mich nicht mehr gekannt...(lacht)

Absichtlich?

Naja. Egal. Ich beobachte natürlich die Rallye-Weltmeisterschaft ganz vehement.

Blutet Ihnen da nicht auch das Herz, wenn ein WM-Lauf auf dem Programm steht und Sie normalerweise jetzt dort wären, um für den ORF zu berichten?

Natürlich blutet mir das Herz - aber ich kann es mir nicht leisten, beispielsweise nach Argentinien zu fliegen. Oder: Ich könnte es mir leisten, aber ich müsste dann auf viele anderen Dinge verzichten. Wenn ich nach Argentinien fliege, kostet der Flug über den Daumen geschätzt, wenn ich einen günstigen erwische, rund 1.000 Euro. Das Zimmer kostet, ich sage es einmal vorsichtig, aber ich will nicht mehr auf einer Holzpritsche schlafen, also kostet das Zimmer 500 Euro. Ein Leihauto kostet weitere 500 Euro. Okay, das Essen ist billig, und essen tue ich hier auch. Aber das sind immerhin 2.000 Euro - das ist mir einfach zu viel.

Ich hätte jetzt von einem Bekannten ein günstiges Ticket nach Griechenland bekommen, das hätte glaube ich nur 100 Euro gekostet - aber ich fliege nicht, dazu bin ich zu bequem geworden. Das Unbequeme habe ich ja bereits mit dem Herrn Rudolf Stohl erlebt (Gelächter).

Nein, aber ich will nicht um halb zwei in der Früh in Athen landen und um vier Uhr in der Früh wieder nachhause fliegen. Ich würde mir gern die Griechenland-Rallye ansehen, aber ich muss mich damit erst auseinandersetzen. Ich bin erst jetzt aus dem Urlaub zurückgekommen, war tauchen - es gibt noch etwas anderes neben der Rallye. Ich werde ganz sicher nach Neuseeland fliegen, weil mich das Land fasziniert. Da bleibe ich zwei Wochen, mache Urlaub und sehe mir die Rallye an. Und ich weiß, dass ich dort einen grandiosen Manfred Stohl sehen werde.

Da haben Sie Ihre Stellen, wo Sie wissen: 'Auf der Prüfung in dieser oder jener Kurve ist es ganz besonders geil' - oder?

Na klar, sicher. Und es müssen nicht unbedingt immer die Zuschauerpunkte sein, die im Programm stehen.

Auf dem Flughafen von Wales, wo wir unser Gespräch begonnen haben, im Dezember, haben Sie gesagt, Sie könnten Bücher schreiben, so viel haben Sie in dem Vierteljahrhundert Rallyesport erlebt. Gibt es da bereits Pläne? Schreiben Sie ein Buch?

Wenn ich ganz ehrlich bin: Ich würde gern ein Buch schreiben, schlicht und einfach mit dem Titel 'Stohl'. Ja? Das würde beim Rudi beginnen und logischerweise beim Manfred enden.

Das muss ja nicht nur ein Buch sein, das könnten ja auch mehrere sein...

Aber: Wen interessiert's? Wer finanziert's? Und vor allen Dingen müsste ich jetzt relativ oft beim Manfred sein, beim Rudi habe ich alles im Kopf. Was wir miteinander erlebt haben, da könnte ich 'Vom Winde verweht' schreiben, von der Stärke her. Es ist genau so, wie es heute auf motorline.cc zu lesen war, als ich Ihnen im ersten Teil unseres Gesprächs gesagt habe, dass viele Leute gesagt haben: 'Ohne den Klein hätte es den Stohl nicht gegeben' und ich sage aber, und genau so ist es: 'Ohne den Stohl hätte es den Klein nicht gegeben!'

Naja, ich glaube es hätte ihn schon gegeben - aber halt anders, oder?

Ja, aber sicherlich nicht als.....ich bin an und für sich ein sehr emotionaler Mensch, ich war früher sehr jähzornig und emotionell. Heute bin ich vorrangig emotionell, nur noch hin und wieder ein bisschen jähzornig, mein Temperament kann ich nicht zügeln.

Und ein bisschen zynisch sind Sie auch recht gern, oder?

Ja, aber im Prinzip nur, wenn man mir dumm kommt.

Ich habe heftige Diskussionen in den Foren gelesen - dort polarisieren Sie ja sehr stark mit Ihren Ansichten, wobei im Zuge dessen auch interessante Dinge zur Sprache kommen - man sieht, dass es in vielen Fragen die unterschiedlichsten Ansichten gibt.

Das glaube ich schon. Ich schätze auch den Andi Lugauer, nur ist der manchmal wirklich so pingelig und so kleinkariert. Und wenn einer über Dinge schreibt, wo ich mir denke: Bursche, du warst damals acht oder sechs Jahre alt, und ich war damals 38 und war dort! Dann bitte erzähle mir nicht irgendetwas! Das sind die Dinge, die mich...wobei ich zugebe: Andi Lugauer ist unglaublich belesen, und er recherchiert dann auch sofort und schaut ganz genau nach.

Naja, ich kenne viele Leute - das muss man ja nicht so schreiben, aber wenn Sie wollen, können sie es auch so schreiben - ich kenne Leute, die gesagt haben: 'Der - Klein - ist - so - ein - Arschloch!'

Aha.

Und dann haben sie mich näher kennen gelernt und haben mir dann ins Gesicht gesagt: (flüstert): 'Du bist eigentlich gar nicht so ein Arschloch.' Was ich damit sagen will ist: Aufgrund meines Berufes und der Zeitlimits in diesen 34 oder 35 Jahren konnte ich nicht jeden an mich heranlassen - das geht nicht!

Weil alle etwas wollen?

Nicht nur, sondern: Ich bin zwanzig Jahre lang ins Bild gegangen. Ich habe zwanzig Jahre lang die 20 Uhr-Sportsendung gemacht. Ich habe sogar zweimal den 'Sport am Montag' gemacht, ich habe große Samstagsendungen gemacht. Man hat ja nicht einmal seine Ruhe haben können - ich bin zum Heurigen gegangen und dann ist womöglich einer gekommen und hat gesagt: 'Sie sind doch der...ich kenn Ihnen doch vom Fernsehen...sie sind doch der...' Ich habe dann immer gesagt: 'Elstner'. Oder 'Zimmer'. Oder was auch immer (Gelächter).

'Prüller' wär' sich nicht ausgegangen...

(lacht) Nein, das nicht. Aber: Den Leuten ist das in Wahrheit 'wurscht'.

Manche Leute verhalten sich wahrscheinlich ein bisschen so, als ob Sie Allgemeingut wären, oder?

Ja, sie sind viel zu oberflächlich beziehungsweise nehmen sie einen in Beschlag. Und da muss man halt manchmal...

...Grenzen setzen.

Ja. Und man muss halt zumachen. Und es gibt halt auch Menschen, die lasse ich nicht an mich heran. Ich habe in einer Redaktion gearbeitet, wo am Schluss, so glaube ich, siebzig Leute gearbeitet haben - und glauben Sie mir: Mit mindestens 25 bin ich per 'Sie' geblieben. Was es in einer Redaktion sehr selten gibt.

Allerdings.

Aber da halte ich es wie der Erich Weiss, der zu meinen besten Freunden gehört. Und der hat gesagt: 'Meine Freunde suche ich mir aus.' Und ich lasse nicht jeden an mich heran. Ich kann es mir leisten, dass ich das nicht tun muss. Es gibt einem doch viel mehr Freiheiten, es gibt einem die Möglichkeit zu sagen: 'Nein!'

Das wäre jetzt ein recht hartes Schlusswort für diesen Themenkomplex. Da hätte ich noch eine Frage: Ich nehme einmal an, dass Sie Ihr restliches Leben lang die Rallye-WM verfolgen werden, nicht wahr?

Wenn ich vom Status Quo ausgehe (denkt nach), dann muss ich sagen: Die österreichische Rallye-Meisterschaft geht an mir vorbei, die Rallye-Weltmeisterschaft interessiert mich (denkt nach) sehr...so lange Österreich vertreten ist. Nämlich mit der Intensität, mit der ich die WM jetzt verfolge, nämlich vehement! Das heißt, am Wochenende [das Gespräch wurde kurz vor der Argentinien-Rallye geführt, d. Red.] werde ich am Freitag um Mitternacht zum 15. Mal im Internet nachsehen, wie die Rallye steht. So meine ich das. Und natürlich werde ich das tun, so lange es einen Österreicher gibt, der ein bisschen eine Rolle spielt. Ansonsten wird es mich immer interessieren, aber natürlich nicht mit dem Herz, mit dem es mich jetzt interessiert.

Sie haben seit Ihrer letzten beruflichen Rallye in Wales keinen WM-Lauf mehr besucht - das haben Sie bewusst getan?

Ich habe mich jetzt die ersten Monate in der Pension ganz bewusst ein bisschen zurückgenommen und bin nicht zu den WM-Rallyes gefahren, ein bisschen auch aus einem gewissen Selbstschutz heraus. Weil das einfach mein Leben war. Und genau genommen bin ich noch immer mit Herzblut dabei, ich verspüre noch immer Wehmut. Ich bin noch immer mit der gleichen Begeisterung dabei, ich studiere immer noch jede Sonderprüfungs-, jede Splitzeit von Manfred und auch von Andreas.

Und, was die wenigsten Leute wissen, ich telefoniere auch mit dem Manfred, ich rufe ihn heuer öfter an als im vorigen Jahr - um ihn zu fragen, was da auf dieser oder jener Prüfung los war. Aber vor Ort wollte ich zunächst einmal nicht gehen, ich will es mir ja selbst nicht schwerer machen als es ohnehin schon ist. Denn es schmerzt schon, vor allem nach so einem intensiven Jahr, wie das beim letzten Jahr der Fall war. Ich war bei neun WM-Läufen - und dann ist es mit einem Schlag aus.

Das ist sicher hart.

Das geht schon rein, ja. Da muss man sich ein bisschen schützen. Und das war auch mit ein Grund, warum ich jetzt drei Wochen auf den Philippinen war. Ich bin dort jeden Tag zweimal tauchen gegangen, bin runter gefahren auf fünfzig, sechzig Meter, habe mich abgelenkt von allem - und ich habe nicht ein einziges Mal in das Internet rein geschaut. Nicht ein einziges Mal!

Obwohl es greifbar gewesen wäre?

Es wäre durchaus möglich gewesen.

Das würde ich nicht schaffen.

Ich habe mich wirklich dazu gezwungen, Distanz zu finden. Aber natürlich - kaum bin ich zurück, ruf ich ihn an und frag: 'Was tut sich? Wie geht's? Was gibt's Neues? Hast du das Fahrwerk? Kriegst du die Dämpfer? Wie schaut's mit den Rädern aus?' Natürlich.

Aber man muss...(denkt nach)...ich hatte einen sehr lieben Freund, den ich auch heute noch kenne. Aus gewissen Gründen ist diese Freundschaft auseinander gegangen. Ich will nicht, nur um dabei zu sein - weil um die paar Cent, die man dabei verdient, geht es nicht - mit 65 jeden Scheiß mitmachen. Und jede Pressekonferenz besuchen, von jeder x-beliebigen Veranstaltung berichten, ob das jetzt der Wien-Marathon ist oder die Castrol-Rallye. Das will ich nicht, das ist nicht meines. Es gibt andere Dinge in meinem Leben, ich habe nicht nur meinen Beruf.

Ich kann mich erinnern. Ein sehr lieber Bekannter, er war auch Tonmeister bei uns, war bei den Kamerateams dabei - wir waren beim Heurigen, als ich dann nach Hause gefahren bin, habe ich schmunzeln müssen und mir gedacht: 'Komisch, jetzt sind wir so lange beieinander gesessen, aber über Rallye haben wir nicht viel gesprochen...' Das meine ich damit. Man darf nicht nur so engläufig dahin fahren.

Darum freue ich mich wie ein Kind, wenn ich den Rudi [Stohl, d. Red.] sehe, wenn er mir die Bilder zeigt - was der jetzt alles macht! Wo er in ein Konzert geht, zu einer Heilquelle fährt, Dancing Stars macht, wo er für meine Begriffe viel zu viel für die OMV macht, aber er macht es halt gerne.

Genauso wie er wahrscheinlich auch heute noch, wenn sie irgendwo da hinten ganz leise das Wort 'Audi' sagen, solche (deutet große Ohren an) Ohren bekommt und elektrisiert ist. Aber er macht viele, viele andere Dinge auch - und das will ich auch machen. Ich will, ich will leben. Der Rudi lebt genau so.

Die weiteren Teile des Gespräches mit Peter Klein finden Sie in der Navigation rechts.

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