Rallye-ÖM: News | 25.10.2005
Five years after
Michi Brandner kehrte nach fünf Jahren Absenz bei der Steiermark-Rallye in die ÖM zurück – und beendete sein Comeback auf Rang drei.
Manfred Wolf
Wenn einem die Kritiker vorwerfen, ein „ewiges Talent“ zu sein, dann hat das zumindest einen Vorteil: Man ist auch nach fünf Jahren ohne Rallye noch immer eines. Michi Brandner fuhr um die Jahrtausendwende (ja, das klingt jetzt dramatisch, ist aber erst fünf bzw. vier Jahre her) der versammelten Gruppe-N-Elite in Österreich dermaßen um die Ohren, dass denen Hören und Sehen und teilweise sogar die Lust am Rallye fahren verging.
1997 wurde er mit nur 22 Jahren jüngster Gruppe-N-Staatsmeister der österreichischen Rallye-Geschichte, ein Jahr drauf eroberte er den Vize-Staatsmeistertitel und 1999 holte er sich die Staatsmeister-Ehre erneut zurück.
Brandner war ein Supertalent, absolut am aufsteigenden Ast. Er hatte nur ein kleines Problem: Ab und an, wenn man schnell Auto fährt, passiert eben der eine andere Ausrutscher. So kam der Ruf, ein Bruchpilot zu sein, zustande. Ein Ruf, den er sich wirklich nicht verdient hatte – denn selbst wenn es manches Mal verbogenes Blech gab: Brandner holte innerhalb von drei Jahren immerhin zwei Staatsmeister und einen Vize-Staatsmeister-Titel.
Die Weichen waren - trotz Crash-Pilot-Image – gestellt, ganz nach oben hätte es gehen sollen, im Jahr 2001. Doch als der Hauptsponsor aus heiterem Himmel in eine schwere Finanzkrise samt Ausgleich stürzte, war die hoffnungsvolle, noch junge Karriere des Michi B. viel zu schnell vorzeitig beendet.
In fünf langen Jahren blieb der Niederösterreicher ein treuer Beobachter der Szene, auf all zu vielen Rallyes war er allerdings nicht zu sehen – zu groß wären die Entzugserscheinungen gewesen. So erledigte Brandner andere Dinge, die auch nicht ganz unwichtig sind. Heiraten zum Beispiel.
Aber das alte Sprichwort „einmal ein Rallyeverrückter, immer ein Rallyeverrückter“ gilt natürlich auch für ihn. Und als Rallye-Teamchef Rene Vontsina ein „unmoralisches Angebot“ für drei Einsätze – bei der BP Ultimate-, der ARBÖ Steiermark- und der OMV Waldviertel-Rallye – auf den Tisch legte, konnte er – nach einer kurzen Nachdenkpause, weshalb das Comeback erst in der Steiermark zustande kam – einfach nicht nein sagen…
Michi, was macht man, wenn man fünf Jahre lang Rallye fahren will, aber aus finanziellen Gründen einfach nicht kann?
Traurig sein (lacht). Nein. Es tat mir schon unheimlich leid, dass ich nicht mehr fahren konnte. Denn der Wille war immer da, mein Herz schlägt einfach immer für den Rallyesport.
Jetzt hat’s ja Gott sei Dank wieder geklappt. Warum jetzt auf einmal?
Naja, das Angebot vom Rene (Vontsina, Anm.) war so gut, das hab’ ich einfach annehmen müssen. Außerdem gibt mir das eventuell auch eine Perspektive für die nächste Saison. Und mit dem Resultat bei der Steiermark-Rallye wäre der erste Schritt einmal getan. Allerdings sag’ ich auch gleich dazu, dass es im Waldviertel besser werden muss…
Du bist also mit dem dritten Platz, den du in Admont erreicht hast, nicht zufrieden?
Naja, was heißt nicht zufrieden. Das Ergebnis an sich ist toll, da gibt’s keine Diskussion. Aber der Anspruch, den ich an mich stelle, beim Rallyefahren, der verlangt mehr. Ich muss mich noch überall verbessern. Beim Schrieb, beim SetUp, bei der Linienführung, bei der Konzentration, etc.
Böse Zungen könnten fragen, ob du all diese Dinge in fünf Jahren verlernt hast?
Ja, sollten die bösen Zungen das fragen. Man verlernt es ja auch, in gewisser Weise. Der Wettbewerbs-Rhythmus fehlt, ein Teil des Rallyefahrens ist sicher ach Übungssache und Gewohnheit. Deshalb braucht man ganz einfach zwei oder drei Rallyes, bis man wieder so richtig ins Fahren kommt. Und es gibt Dinge, die einfach erst im Wettbewerbseinsatz zu Tage treten. Da nützt eine Fahrt mit dem Vorausauto auch nix, das hat mit wirklichem Rallyefahren wenig bis gar nix zu tun. Und dann ist es natürlich ein Unterschied, ob ich sechs oder sieben Mal die eine SP beim Rallyesprint fahre, oder den Langauer Forst bei der Waldviertel-Rallye.
Stichwort Langauer Forst. Freust du dich auf die Waldviertel-Rallye?
Wie ein kleines Kind. Ich hatte ja das große Privileg, dort im letzten Jahr, in dem der Langauer Forst noch gefahren wurde, am Start gewesen zu sein. Außerdem habe ich meine motorsportlichen Wurzeln in Fuglau, am Nordring. Das ist unvergleichlich, ein tolles Erlebnis. Ich kann es kaum erwarten, die Waldviertel-Rallye wird toll und dass ich dabei sein darf, ist einfach super!
Du wirst dort aber wieder mit einem betagten Evo VI gegen die moderne Konkurrenz antreten müssen. Ein Nachteil? Oder, anders gefragt: Macht es Sinn, mit so einem Auto zu fahren?
Natürlich macht es Sinn. Der Sechser ist einfach weit kostengünstiger. Und es kommt auch ein bisserl auf die Charakteristik der Sonderprüfungen an. Bei der Bosch-Rallye im Wechselland siehst mit einem Evo VI verhältnismäßig alt aus. Am Schotter im Waldviertel wird der Unterschied nicht so gravierend sein. Aber natürlich ist eines klar: Wenn man auf eine ganze Saison losgeht, sollte der Weg nur über eine Evo-Stufe ab VII gehen – wenn wir jetzt davon ausgehen, dass ich 2006 mit einem Mitsubishi antrete.
Müssen, oder vielmehr, dürfen wir auch mit etwas anderem rechnen?
Rechnen muss man immer mit allem (lacht). Nein, also das Konzept ist ganz einfach auf Mitsubishi ausgelegt. Das ist ja – wie so vieles – einfach eine Budget-Frage. Und deshalb kommt der Subaru erst gar nicht zur Sprache, wenn’s um Gruppe N geht. Weil der viel teurer ist. Außerdem muss es ja nicht ein N-Auto sein. Wenn genügend Budget vorhanden ist, kann ich auch andere Überlegungen anstellen.
Also beispielsweise aus dem N-Evo einen A-Evo machen?
Genau. Da ist der Evo eine Bank. Auch wenn die Fans jetzt sicher wieder aufschreien werden, was ich total verstehe… Aber da muss man eh einmal abwarten, wie die Konkurrenz-Situation ausschauen wird. Wenn es zwei oder drei WRCs gibt, ist ein A-Mitsu sowieso uninteressant. Allerdings. Mit einem Evo, der leistungsmäßig und technisch so gut ist wie der vom Raimund, kann man bei dem ein oder anderen Lauf – vor allem auf Schnee oder Schotter – sicher auch ein World Rallye Car ärgern.
Gut, aber da wird’s richtig teuer: Ist das nicht unrealistisch?
Bedingt. Wenn ein Sponsor ein dementsprechendes Budget hat – und davon gibt es potentiell gar nicht so wenig – dann ist es letztendlich immer nur eine reine Willensfrage: Will irgendeine Firma so viel Geld ausgeben? Kann sich der mögliche Sponsor mit dem Rallyesport identifizieren? Denn nur dann besteht die Chance. dass die Gelder auch wirklich fließen. Und außerdem möchte ich ein Konzept mit größerem Budget aufstellen. Sollte das nicht klappen, kann ich immer noch billiger werden und damit eine Klasse darunter fahren. Wenn ich von unten beginne, kann ich nix mehr wegstreichen…
Das heißt, du hast dir für nächstes Jahr eigentlich vorgenommen, Gruppe A zu fahren?
Ja, schon. N sind wir lange genug gefahren. Denn eines ist klar: So gut die Gruppe N auch ist – und sie ist bei uns wirklich sehr gut, mit vielen starken Fahrern, topp besetzt und heiß umkämpft... Aber es ist und bleibt die zweite Liga. Wenn ich einem Sponsor etwas bieten will, ist es viel besser, ich fahre Gruppe A. Weil einem Sponsor kannst du ungleich schwerer erklären, warum du nicht als Sieger in der Zeitung abgebildet bist, obwohl du deine Klasse eh gewonnen hast. Aber für diese ganze Geschichte muss ich schon auch an mir noch arbeiten. Denn ein Baumschlager zum Beispiel wird nur schwer zu schlagen sein.
Gibt’s neben dem „Traumziel“ Gruppe A noch andere Wünsche?
Vielleicht ein Umdenken bei der „Obrigkeit“, was die Anzahl der Veranstaltungen angeht. Oft in den Medien zu sein ist gut und schön. Trotzdem behaupte ich jetzt einmal – auch wenn ich mich dadurch vielleicht nicht sonderlich beliebt mache – dass die Qualität des Sports darunter leiden wird. Die Leute werden noch weniger Geld zur Verfügung haben und die Starterfelder werden bei nahezu jeder Veranstaltung schrumpfen. Und damit erreichen wir das genaue Gegenteil von dem, was wir eigentlich wollen. Meine Meinung ist: Eine ordentlich Meisterschaft mit sechs oder sieben Highlights würde der Szene helfen.
Fallen dir auch noch andere Punkte ein, um Kosten einzusparen?
Einige. Da wäre als erstes gleich einmal der Rennsprit: Weg damit. Das Leistungsplus, das dadurch entsteht, interessiert die Zuseher überhaupt nicht. Jetzt sind die Spritpreise eh so schon ein Wahnsinn. Und der Rennsprit kostet das Vierfache. Das ist ja krank. Wenn alle mit stinknormalem Tankstellenfusel fahren würden, wär’s auch schön warm. Wenn jetzt wer aufschreit, wegen der Ausführung und Abrechnung: Das sind sicher lösbare Probleme. Es gibt ja schon jetzt des öfteren so genannte Tankzonen! Eine Limitierung der zu verwendenden Reifen wäre ein weiterer Punkt, auch wenn ich jetzt indirekt gegen meinen Reifensponsor spreche. Das verzerrt ja unnötig die Unterschiede im Wettbewerb. Während der kleine Privatier vom ersten bis zum letzten Kilometer mit einem Reifen fährt, wechselt derjenige, der sich’s leisten kann, sieben Mal das Radl und die Mischung. Ich glaube, die tatsächlich verkaufte Stückzahl würde – wenn überhaupt – nur marginal fallen. Es würde aber ein paar Leute einbremsen, die das exzessiv betreiben. Ich bin in Admont zum Beispiel mit vier Stück durchgefahren, habe immer nur von vorne nach hinten und wieder zurück gewechselt. Ist auch problemlos gegangen.
Zurück zu dir. Angenommen, du würdest ein Budget zusammenbekommen, aber es reicht „nur“ für die Gruppe N. Fährst du dann trotzdem?
Ja sicher. Man darf auf keinen Fall undankbar oder größenwahnsinnig werden. Ich würde einfach liebend gerne wieder fahren, mit konkurrenzfähigem Material. Wenn ich ein Budget für die Gruppe N zusammenbringe, dann ist das auch toll. Wie schon gesagt. Der Sekundenkampf dort ist unheimlich spannend und eine große Herausforderung.
Was glaubst du, wie es nächstes Jahr in Österreich weitergeht?
Keine Ahnung. Ich hoffe nur, dass ich, falls ich wirklich das Comeback schaffen sollte, nicht alleine herumfahren werde (lacht). Und generell hoffe ich auf das S2000-Reglement der FIA. Das wäre eine Sache, die auch für österreichische Importeure wieder leistbar wäre und das Publikum begeistern würde. Die große Frage ist nur, wie viele Marken die FIA davon überzeugen kann. Weil wenn’s da nur zwei verschiedene Autos gibt, ist die Geschichte gleich wieder uninteressant.
Vielen Dank für das Gespräch, alles Gute im Waldviertel und viel Erfolg bei der Sponsorensuche!