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Rallye: Reportage

Mit „Stohlito“ im „Erdgasbaby“

Beim OMV CNG Raceday wurde es endlich wahr: Mit Manfred Stohl am Steuer auf dem heißen Sitz des CNG Subaru Impreza.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: mmotors, Karl Hartner

Am vergangenen Dienstag hat es auf den Schotterstraßen rund um Bruck an der Leihta wieder einmal kräftig gestaubt. Doch es waren keine normalen Testfahrten, die da abgehalten wurden - vielmehr lud die OMV zum „CNG-Race Event“ mit Manfred Stohl. Die Journalisten erhielten die Möglichkeit, neben Manfred Stohl auf dem „heißen Sitz“ jenes mit Erdgas betriebenen Subaru Impreza MY01 Platz zu nehmen, mit dem der Wiener zurzeit Platz zwei in der Rally-Staatsmeisterschaft belegt.

Erdgas erhält als Kraftstoff immer mehr Relevanz – es gibt einige Argumente, die für das Compressed Natural Gas (CNG) sprechen: Die verminderte Umweltbelastung, weniger Kosten und ein geringerer Verbrauch. Das CNG-Tankstellennetz wurde in den letzten Jahren immer größer, weltweit werden heute bereits mehr als 9,5 Millionen Autos mit Erdgas betrieben.

Dass sich CNG auch für den Motorsport eignet, hat Stohl Racing längst bewiesen. Vor etwas mehr als zwei Jahren gelang Beppo Harrach mit einem mit Erdgas betriebenen Mitsubishi Lancer Evo VI der erste Gesamtsieg in der Rallye-ÖM. Seither wird das von Stohl Racing-Cheftechniker Günther Aschacher geleitete Projekt weltweit beobachtet

Neue Mission

Heuer jedoch startet Stohl Racing in der großen Division I, was die Mission wegen des dort vorgeschriebenen geringeren Lufteinlasses (von 34er auf 32er-Restriktor) und dem Einsatz von nur einer Einspritzdüse erschwert. Solche Herausforderungen jedoch reizen Manfred Stohl, weshalb der frühere Gruppe N-Weltmeister und WM-Vierte des Jahres 2006 heuer selbst am Steuer des „Erdgasbabys“ sitzt.

Manfred Stohl sagt: „Wir fahren mit einer neuen Technologie, die schwierig zu handeln ist. Wenn wir sie aber in den Griff bekommen, ist der Unterschied zum Benzinauto gleich Null. Auch wenn die eine oder andere Rallye nicht so erfolgreich war, weil die dem Paket nicht so entgegengekommen ist. Aber wir hatten eine sensationelle Leistung bei der Jänner-Rallye am zweiten Tag, die Lavantal-Rallye war super, Marburg war den Verhältnissen entsprechend auch eine schöne Rallye für uns. Und in Admont sind wir gerade auf den schwierigen Sonderprüfungen wieder ein Stück näher an die Spitze vorgerückt. Am Ende hat uns das defekte Getriebe wahrscheinlich drei Plätze gekostet. Doch das kann ich hinsichtlich der ÖM auf Grund des Ausfalls von Andreas Waldherr sehr gut verschmerzen.“

Und so könnte „Stohlito“ heuer bereits den Vizemeistertitel mit dem Erdgas-Boliden erringen – begonnen wurde die Saison 2009 mit dem Subaru Impreza, später wechselte man auf einen Mitsubishi Lancer Evo IX, um in Admont wieder den Impreza einzusetzen. „Wir sind da flexibel“, sagt Günther Aschacher, während er den Impreza für die Journalistenfahrten startklar macht. Theoretisch könnte auch ein neuer Impreza WRX STi zum Einsatz kommen – auch die Idee eines Erdgas-Super 2000 wäre prinzipiell umsetzbar, wobei das in erster Linie eine Frage der erhöhten Kosten darstellt, wie Stohl und Aschacher versichern.

Inside Manfred Stohl

Als sich die ersten Kollegen mit Stohl auf den winkeligen Schotter-Waldweg begeben und sie in den weitläufigen Harrach-Gründen entschwinden, ist rein akustisch kein Unterschied wahrzunehmen – Erdgas ist genauso laut wie Benzin. Wohl aber muss der Fahrer einen anderen Drehzahlbereich nützen – doch davon merkt man als Co-Pilot wenig bis gar nichts.

„Ich kann es nicht glauben, dass ich das tatsächlich noch erlebe“, scherzt Stohl auf der Intercom, der Sprechanlage im Subaru Impreza. Bislang ist sich eine Mitfahrt mit Österreichs erfolgreichsten Rallyepiloten aus verschiedenen Gründe nicht ausgegangen, ein „Fluch“ schien das Unterfangen zu vereiteln…

Jetzt aber sitze ich neben Manfred Stohl – wir rollen ein Stück hinaus – und los geht es! Mir ist klar, dass „Stohlito“ hier nicht auf Zeit fährt, sondern auf maximalen Fahrspaß – nach dem Motto: Quer ist mehr! Doch die Schotterwege sind alles andere als breit und sie sind gesäumt von Bäumen, die allesamt verdammt weh tun könnten, sollte man sich mit ihnen frontal oder auch nur seitlich anlegen. Doch sehr schnell vergisst man diesen Gedanken wieder – und legt das Vertrauen in den Piloten. Jetzt kann man es zu hundert Prozent genießen.

Manfred steigt in die Eisen und wuchtet den Impreza mit einer Präzision und einer Fahrfreude um die Ecken, sodass mir immer wieder ein „Geil!“ entfleucht. Abwechselnd genieße ich den Anblick der vorbei fliegenden Bäume und des am Lenkrad kurbelnden Piloten.

Manfred Stohl bei der Lenkrad- bzw. Pedalarbeit zu erleben ist, als ob man einem großen Meister wie Dali oder Michelangelo beim Malen zusehen oder begnadete Musiker wie U2, PJ Harvey oder Radiohead im Proberaum beobachten würde. Es ist das Wissen, dass dieser Mann das Potential in sich trägt, mit der Weltspitze mithalten zu können. Es ist die Anmut, mit der Stohl den Wagen über den losen Schotter treibt – mit einer Selbstverständlichkeit sliden wir zwischen den Bäumen, als wäre quer die einzige mögliche Art auf dieser Erde, von Punkt A nach Punkt B zu gelangen.

Freilich fährt Stohl nicht am Limit, die Präzision jedoch kann man spüren – es ist, als wären Stohl und der Impreza jetzt eins geworden. Der ganze Impreza ist jetzt Stohl. Es ist daher auch beinahe so, als würde man quasi in Manfred Stohl sitzen. Dass uns ein CNG-Motor durch die Wälder treibt, daran denkt man in diesem Moment freilich nicht.

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