
Rallye: News | 09.08.2015
„Frauen stecken im Zweikampf eher zurück“
Walter Röhrl sorgt wieder einmal mit markigen Aussagen für Aufsehen: Über Michele Mouton und ihren „Röhrl-Komplex“ und Frauen im Motorsport…
Der zweifache Rallye-Weltmeister Walter Röhrl und die französische Ex-Rennfahrerin Michele Mouton waren etwa zur selben Zeit aktiv. Beide nahmen erstmals 1974 an der Rallye-WM teil, Röhrl fuhr bis 1987, Mouton hörte ein Jahr zuvor auf. Da die heutige FIA-Vorsitzende der Frauenkommission als erfolgreichste Rennfahrerin aller Zeiten gilt, ist es nur logisch, dass sich das ein oder andere Duell mit Röhrl gab, der sich 1980 sowie 1982 die WM-Krone sicherte.
"Michele Mouton hatte einen unglaublichen Röhrl-Komplex. 1980 startete sie die Monte Carlo direkt vor mir, ich habe sie auf jeder Prüfung eingeholt. Danach hat sie nur noch in den Spiegel geschaut", erinnert sich der 68-Jährige gegenüber SPOX zurück. "In Brasilien führte sie im Audi mit vier Minuten Vorsprung. Es waren nur noch zehn Kilometer. Sie hätte rückwärtsfahren können, ist aber durchgedreht", schildert er, wie er auf die spätere Brasilien-Siegerin aufholte.
Beinahe ein Titel für die Ewigkeit
Jedoch trügt der Schein jener Aussagen. Beide haben offenkundig großen Respekt voreinander. "Beim Walter weißt du nie, was er tut. Der macht Unmögliches möglich", wird Mouton zitiert. Die WM 1982 verlor sie damals knapp beim letzten Rennen, der Bandama-Rallye: "Heute sage ich: 'Scheiße! Mir hat der Titel nichts gegeben.' Es wäre für die Ewigkeit gewesen, wenn eine Frau die WM gewonnen hätte. Auf Audi war sie eine Ausnahmeerscheinung."
Dass sie die WM knapp verloren habe, führt Röhrl auf mangelnde Aggressivität zurück: "Vielleicht ist Motorsport immer noch ein typischer Männersport, weil man ihm eine gewisse Brutalität nachsagt und Frauen im Zweikampf eher zurückstecken." Dass heißt aber nicht, dass Röhrl Fahrerinnen das Talent zum großen Durchbruch generell abspricht: "Rein vom Fahrtechnischen her gibt es keinen Grund, warum eine Frau nicht genauso viel Gefühl für das Auto haben sollte wie ein Mann."
Dass Frauen im Motorsport Erfolg haben können, stellen immer wieder Größen wie Ellen Lohr oder die US-Rennamazonen Danica Patrick und Sarah Fisher unter Beweis. Moutons Aufgabe in der FIA-Frauenkommission ist es, die Einbindung von Fahrerinnen in den Sport voranzutreiben.
Dass ihr dabei nicht jedes Mittel recht ist, zeigt die Auseinandersetzung mit Formel-1-Lotus-Testfahrerin Carmen Jorda, der Mouton unterstellt, als Werbeträgerin eingestellt zu sein, was Rennfahrer am Aufstieg hindere, die sich durch bessere Leistungen eher qualifiziert hätten.