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Rallye: Exklusiv

Die WRC-Freigabe in der Slowakei – Interview mit Szenekenner Martin Trenkler

Der slowakische F1-Fotograf Martin Trenkler spricht über die Freigabe von aktuellen World Rally Cars in der slowakischen Rallye-Meisterschaft.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Grzegorz Grzyb@facebook, Martin Trenkler@facebook

Martin Trenkler hat sich als einer der weltbesten Formel 1-Fotografen einen Namen gemacht, der 32-jährige Slowake hat auch als Journalist gearbeitet, sich um die Medienarbeit des Slovakiarings gekümmert oder auch bei Läufen zur Rallye-WM fotografiert, zurzeit ist er mit der neu gegründeten Rallycross-Weltmeisterschaft unterwegs. Zugleich jedoch pflegt Trenkler auch einen engen Kontakt zur slowakischen Rallye-Meisterschaft und deren Teams. Die Slowakei hat als eines von wenigen Ländern heuer aktuelle World Rally Cars erlaubt – das Foto oben zeigt den erfolgreichen Ford Fiesta WRC-Piloten Grzegorz Grzyb.

Trenkler wandte sich in einer speziellen Angelegenheit an uns, da eines der slowakischen Teams beim Ankauf eines WRCs schlechte Erfahrungen gemacht hat und es die Rallyeszene vor den Verkäufern warnen möchte. Wir nützten die Gelegenheit, um Auskunft über die WRC-Freigabe in der Slowakei und deren Folgen einzuholen. Schließlich fordern einige bekannte Größen des heimischen Rallyesports, es der Slowakei gleichzutun. Hier das Interview mit Martin Trenkler.

Martin, in der Slowakei sind heuer aktuelle World Rally Cars erlaubt – wie kam es dazu?

Es war so, dass eines der in der slowakischen Staatsmeisterschaft involvierten Teams erklärte, dass es heuer nur dann an der Meisterschaft teilnehmen wird, wenn moderne World Rally Cars legalisiert werden. Weitere Teams stimmten zu – unsere ASN (SAMS) war einverstanden und es wurde eine nationale Homologation ausgestellt. Sie ist nur für die slowakische Meisterschaft gültig.

Die Slowakei hat mit der Einführung von modernen WRCs einen eigenständigen Weg eingeschlagen, denn in den meisten Ländern sind die modernen WRCs nicht erlaubt. Gab es irgendwelche Einwände oder gar Restriktionen seitens der FIA?

Unsere ASN pflegt ein sehr gutes Verhältnis zur FIA und die nationale Homologation der World Rally Cars gehört zu jenen Möglichkeiten, welche die FIA auch einräumt.

Und es handelt sich um exakt jene World Rally Cars, die zurzeit in der Rallye-Weltmeisterschaft antreten?

Ja, das ist ganz genau jene Spezifikation von World Rally Cars, wie wir sie in der Weltmeisterschaft sehen.

Gerwald Grössing, einer unserer Spitzenpiloten, sprach sich für die Freigabe von WRCs aus, befürchtet jedoch, dass unsere ASN aus Angst vor Restriktionen der FIA diese nicht in vollem Umfang, also mit Punktevergabe erlauben wird.

Die FIA wird zustimmen, wenn alle Teams und eure ASN es möchten. Ich denke, das Problem besteht darin, dass die vertretenen Teams einen einstimmigen Beschluss fassen müssen.

Bei uns sind die Teams der ORM gar nicht in der Rallyekommission der OSK vertreten, es gibt lediglich einen Fahrervertreter, ansonsten sind dort Veranstalter und Industrie vertreten – die teilnehmenden Teams jedoch haben keinen Abgesandten.

Wirklich? Das ist seltsam. Nun, ich weiß nicht, welche legalen Möglichkeiten für die Teams der ORM bestehen, um sich für nationale World Rally Cars einzusetzen. Es scheint so, dass jedes Land seine eigenen Regeln hat.

Wie viele aktuelle World Rally Cars sind in der slowakischen Meisterschaft im Einsatz?

Derzeit setzen rund drei bis vier Teams aktuelle World Rally Cars ein – denn man darf eines nicht vergessen: Es ist viel teurer, ein aktuelles WRC einzusetzen als das bei R5- oder S2000-Autos der Fall ist. Einige weitere Teams haben auch noch alte World Rally Cars im Einsatz.

Du sprichst die hohen Kosten an, die ein modernes World Rally Car verschlingt – hast du hier Zahlen aus der laufenden slowakischen Meisterschaft?

Einer der Piloten fährt ab und an mit einem Citroen DS3 WRC, das von einem italienischen Team eingesetzt wird. Eine Zweitages-Rallye mit rund 140 bis 150 Kilometern kostet ihn rund 70.000 Euro.

Zu den alten, den Zweiliter-World Rally Cars sagte Grössing, dass diese bei voller Leistung keine Standfestigkeit aufweisen und nicht ins Ziel kommen würden – nur wenn man sie drosselt, würde man es ins Ziel schaffen, dann jedoch habe man keine Chance gegen ein aktuelles R5-Auto.

Alte World Rally Cars sind einfach nur alt, das ist alles. Sie werden auf vollem Speed eingesetzt, ganz genau so, wie es damals, zu ihrer Zeit der Fall war. Doch wir haben einen laufenden Fortschritt – die R5-Autos sind einfach besser, in jeder Hinsicht.

Welchen Einfluss hatte die Freigabe der aktuellen WRCs auf die slowakische Meisterschaft? Gab es bei den Kräfteverhältnissen große Veränderungen?

Bislang zumindest hat die WRC-Freigabe gar nichts verändert – die guten Fahrer sind immer noch an der Spitze, sie alle fahren mit Spitzenautos. Es ist lediglich teurer, ein WRC einzusetzen. Weil die aktuellen World Rally Cars erlaubt wurden, möchte nun keiner einen R5 einsetzen, da dieser ebenfalls teuer ist und du mit dem R5 keine Chance gegen die WRC-Power hast. Man muss bedenken, dass wir nur Asphaltrallyes in der Meisterschaft haben.

Bist du persönlich für oder gegen die Einführung von aktuellen World Rally Cars in nationalen Meisterschaften?

Nun, wenn man auf einem Top-Level fahren möchte, dann sollte man es versuchen, ob man die Freigabe erwirken kann. Natürlich ist das alles eine Frage des Geldes, doch wenn es in der Slowakei möglich ist, warum sollte es dann nicht auch in Österreich möglich sein?

Du hast im Vorgespräch unseres Interviews erwähnt, dass du noch etwas in Zusammenhang mit den World Rally Cars sagen möchtest – es geht um eine Warnung vor ‚Gaunern im Rallye-Geschäft‘, ein slowakisches Team hat offenbar keine guten Erfahrungen beim Kauf eines World Rally Cars gemacht…

Ja, ganz genau. Ich denke mir, dass diese Angelegenheit gestreut gehört, denn so etwas könnte auch anderen Leuten passieren und das kostet einen Haufen Geld. Das slowakische L Racing Team hat in Irland ein Mini John Cooper Works WRC gekauft und damit schlechte Erfahrungen gemacht.

Ich möchte hier den Teammanager Jan Liptak zitieren: ‚Wir haben unseren Mini von einer Person angeboten erhalten, welche ein richtiger Gauner zu sein scheint, es handelt sich um Herrn Kieron Graffin von KG Motorsport. Nichts, was er uns über das Fahrzeug erzählt hat, hat sich als wahr herausgestellt, zahlreiche Bauteile sind gebrochen. Was die Lebenszeit des Motors anbelangt, wurden beim Verkauf falsche Daten angegeben. Als wir bereits für das Auto bezahlt hatten, wurde es ein weiteres Mal vermietet. Seit wir es gekauft haben, mussten wir sämtliche Bauteile bis auf die Servolenkung austauschen. Diese hat dann bei der letzten Rallye ihren Geist aufgegeben. Wir sind schwer enttäuscht und raten dringend dazu, diese Firma zu meiden. Enttäuscht sind wir auch von der wohlbekannten britischen Firma Prodrive – bereits im Jänner haben wir für Bauteile voraus eingezahlt, bis heute sind diese Teile nicht geliefert worden. Wir haben sehr viel Geld in unser Mini World Rally Car investiert – mit keinem Ergebnis. Daher erscheint es uns nur fair und legitim, vor den Firmen KG Motorsport und Prodrive zu warnen!‘*

*Ein Word-Dokument mit einer ausführlichen Version der Ausführungen des L Racing Teams liegt motorline.cc vor.

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