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Sigi Schwarz feiert 35 Jahre Rallyesport: Vom Schwarzfahrer zum Meister und Menschenfreund

Mit Co-Pilot Sigi Schwarz feiert eine echte Legende ihr 35jähriges Jubiläum im Rallyesport. Welche Abenteuer dem Steyrlinger Hotelier in Erinnerung blieben und warum sein Gasthof „Zur Kaiserin Elisabeth“ stets Treffpunkt der Sportler war, weit über Rallye hinaus. Doch vor allem: Warum Freundschaften die wahren Pokale seines Lebens sind...

Noir Trawniczek

Das Gasthaus „Zur Kaiserin Elisabeth“ und die damit verbundene Bäckerei im oberösterreichischen Steyrling hat es schon immer gegeben - dort erlebte Siegfried Schwarz seine Kindheit, dort wurde er auch vom „Motorsportvirus“ befallen: „Ich war mit 14 schon Fan, die Formel 1 und die Rallye haben mich schon immer interessiert. Die Pyhrn-Eisenwurzen-Rallye war gleich in der Nähe - und ich wollte unbedingt Copilot werden, wollte immer schon auf der rechten Seite sitzen - diese Vorstellung war für mich der Kick. Ich wollte der Dirigent werden.“

Und: „Damals gab es noch keine elektronische Kommunikation, da musstest du den direkten Kontakt suchen - mein Vorteil war, dass aufgrund der Rallye die Fans und auch Motorsportler zu uns ins Gasthaus kamen und ich mir die richtigen Leute gefischt und geangelt habe, um dabei zu sein.“

Doch verorerst hieß es noch ein halbes Jahr lang „Bitte warten!“. Sigi erzählt, dass er schon vor der Führerscheinprüfung unbedingt autofahren wollte, doch: „Am Tag vor der Füherscheinprüfung haben sie mich erwischt. eigentlich wollte ich 1985 loslegen - doch dann hatte ich die sechsmonatige Führerscheinsperre und so ist es mit Jänner 1986 losgegangen. Ich konnte am 20. Dezember die Prüfung absolvieren und am 23. habe ich mir von der OSK (heute AMF, Austria Motorsport) die Lizenz geholt.“

Debüt bei der Jännerrallye

Mit Ronald Grasegger gibt Sigi Schwarz bei der Jännerrallye 1986 sein Debüt im Rallyesport: „Mit ihm war ich bei der Rallye zuschauen und dann hat er gesagt: ‚Wir fahren bei der Jännerrallye - wenn du willst, nehm ich dich mit.‘ Dann habe ich mich natürlich darauf vorbereitet.“ Von den lokalen Rallyepiloten gab es Tipps: „Von Sigi Decker, auch Norbert Mitterhuber war ein Beifahrer aus der Gegend.“

Eine Karriere als Co-Pilot habe er „nie angestrebt“, sagt Sigi Schwarz, denn: „Das hat sich ganz von selbst ergeben.“ Am Ende des gleichen Jahres und im Jahr drauf fuhr Sigi Schwarz mit dem jungen Raphael Sperrer: „Mit dem Citroen Schwertwagen, ein CX GTI - der war ein richtig fettes Gerät, dann ein Jahr mit dem Lancia Delta. Danach musste ich ein Jahr pausieren und den Staatsdienst antreten. Ab 1989 fuhr ich mit Jörg Ramsauer, zunächst ein paar Rallyes im Zweier-Golf, dann zwei Jahre im Lancia.“

Gleich beim ersten Antreten mit dem Lancia wurden Ramsauer/Schwarz Gesamt-Dritte. Sigi: „Von da an ging es bergauf - und ja, die Autos wurden immer schneller.“

Ära Rosenberger: „Da hat die wilde Zeit begonnen“

1992 begann die Ära mit Kris Rosenberger - Sigi erinnert sich: „Da hat die wilde Zeit begonnen.
Das war die gute alte Zeit - da war halt alles anders. Jetzt ist eine Rallye eine Ansammlung von Sprintprüfungen - früher hast du eine Woche miteinander verbracht. Jetzt hat du Anreise Mittwoch, Donnerstag Besichtigung, Freitag und Samstag Rallye und am Sonntag siehst du niemanden mehr. Gefeiert wurde immer.“

Kris Rosenberger sagt: „Sigi ist zu einem Zeitpunkt bei mir eingestiegen, als sich das keiner getraut hat. Ich habe im ersten Jahr drei Beifahrer verbraucht, ich hatte in jeder zweiten Rallye einen Unfall.“ Mit Sigi Schwarz fuhr Rosenberger auf Anhieb eine ganze Saison ohne einen einzigen Unfall. „Er hat Ruhe reingebracht“, sagt Rosenberger.

Die Rosen streut Sigi gern zurück: „Kris Rosenberger war immer ein solider guter Autofahrer, war immer lustig, hat immer gekämpft, wollte niemals aufgeben - Er sagte: „Sigi, hau dich auf die Motorhaube und betätige das Gasseil, wir schaffen das!’ Es war heiß - ich habe mir den Hintern verbrannt und hatte eine Riesenblase und Verbrennungen weil der Turbo sehr heiß war. Aber das war in dem Moment völlig egal - Hauptsache wir kommen ins Ziel. Weil wir uns gegenseitig angespornt haben.“ So kam der erste Staatsmeistertitel: „Ich wurde als Beifahrer Meister - weil jemand einen Beifahrerwechsel hatte.“

Die Rallyeautos wurden schneller - und es kamen internationale Rallyes hinzu. Von der zweiten Portugal-Rallye erzählt Sigi eine Anekdote: „ Wir waren besichtigen, da hörte Kris beim Pinkeln Schreie, ein Hundegebell. Da haben wir einen Hund gefunden und dem haben wir das Leben gerettet. Kris hat den Hund mitgenommen, den haben wir bei der Besichtigung in die Helmbox getan und haben ihn Cossie getauft weil wir mit einem Cossie fuhren - und wir waren die Könige bei dieser Rallye, weil alle, von Colin McRae beginnend alle den Hund sehen wollten. Der Bruno Thiry, der Freddy Loix - alle haben den Hund kennengelernt. Im Hotel, überall wollten sie den Hund sehen, es war ein Babyhund und der wurde nach Österreich mitgenommen und der damalige Mechaniker, der Hubert König, hat den Hund bis zum Lebensende betreut und versorgt.“

Jede Rallye sei ein Erlebnis gewesen, erzählt Sigi - egal ob national oder international: „Aber ein Highlight war schon, wenn du die Barum-Rallye gefahren bist als österreichischen Meisterschaftslauf und da waren 100.000 Zuschauer. Oder auch die Rallyes in Italien, die wir im Zuge der heimischen Meisterschaft gefahren sind. Es gab Zeiten, als wir drei internationale Rallyes in der ORM gefahren sind. Das hat uns getaugt. Weil es ein anderes Starterfeld gab als in Österreich. Und es da einfach auch einen Vergleichskampf gab - es war ein Highlight als Kris und ich bei der Drei Städte Rallye Dritter gesamt wurden mit dem Ford Escort Cosworth.“

Eine besondere Anekdote gibt es aus der gemeinsamen Zeit mit Kris Rosenberger - denn Sigi Schwarz hat sich in der Zeit und auch danach immer mehr Menschenkenntnis erarbeitet, wohl weil er gerne mit den Menschen spricht, und auch mal recht tief in die psychologische Trickkiste gegriffen: „In Admont hatten wir ein Problem und wir lagen bereits außerhalb der Ausschlusstoleranz. Ich sagte Kris, er soll ganz nahe an den Zeitnehmertisch fahren und wir haben den Zeitnehmertisch umgeräumt - ich habe die Tür aufgerissen, sodass der Tisch umfiel, und ich habe gesagt: Diese Zeit brauche ich - und der war geschockt und gab mir die Zeit. Da wurden wir Dritte gesamt - der einzige, der draufkam war Christoph Dirtl, der sagte: ‚Wie hast du das hinbekommen?‘“

Als Reifenspione für Armin Schwarz

Schöne und interessante Erlebnisse gab es auch abseits des Rampenlichts: „Eine tolle, spannende Geschichte war auch, wie wir für Armin Schwarz Schotterspione in der Weltmeisterschaft waren - weil das eine komplett andere Aufgabe ist und auch ein komplett anderer Druck. Da bin ich mit Kris Rosenberger gefahren, dank Franz Wittmann und Jörg Pattermann haben wir diesen Job bekommen, wir durften Neuseeland, Australien, Korsika, Griechenland machen.“

Sigi fügt hinzu: „Das war schon spannend - aufgeregt ist man da! Ob der Job, den du gemacht hast -ob das auch wirklich passt. Wenn ich selbst fahre ist das etwas Anderes als wenn ich für jemanden die Änderungen im Schrieb mache. Du wartest im Ziel und denkst dir: Wenn er sich ein Rad rausreißt - hoffentlich hast nicht du den Fehler gemacht...“

Mit Stengg und Mörtl - zweiter Meistertitel & Pause

Sigi war beruflich mit dem Gasthaus beschäftigt: „Ich musste mich um unser Hotel kümmern - in Österreich fuhr ich mit Kris und er ist ja auch weiterhin ein paar WM-Läufe gefahren...da htte ich die Möglichkeit, mit Willi Stengg junior mehr zu fahren.

Es folgte ein Jahr mit Achim Mörtl: „Das war sensationell - weil der Achim Mörtl ein genialer Techniker am Auto ist - ich habe niemand kennengelernt, der mehr Fachwissenn über Autos hat als Achim Mörtl. Er wäre eigentlich ein genialer Renningenieur. Er kann das Auto gut abstimmen.
Mit ihm wurde ich 2006 Meister - dann habe ich mich zurückgezogen wegen der Arbeit.“

Doch eine Ausnahme gab es: „Ich fuhr mit Gerwald Grössing unter Pseudonym - als Captain Morgan.. 2007 hatten wir den 40er - da haben wir gesagt: Okay, fahren wir gemeinsam eine Rallye.“

„Gerwald Grössing hat mich zurückgeholt“

Doch Gerwald Grössing gab nie auf, wollte Sigi immer wieder dazu überreden, in den Rallyesport zurückzukehren: „Irgendwie war er so lange auf der Pirsch, er wollte wieder fahren - er hat mich nach fünf Jahren in den Rallye-Zirkus zurückgeholt. Er hat auch die World Rally Cars zurückgeholt nach Österreich, das hat man eigentlich ihm zuzuschreiben. Man muss vor Gerwald den Hut ziehen - er hat bereits in einem realtiv hohen Alter mit dem Rallyesport begonnen und das, was er erreicht hat, ist eigentlich sensationell. Menschlich ist Gerwald sowieso ein Wahnsinn, ein richtiger Handschlagtyp. Es war immer ein Erlebnis mit ihm zu fahren.“

Sigi Schwarz gerät ins Philosophieren: „Die zwei Piloten, mit welchen ich am längsten gefahren bin, Grössing und Rosenberger, haben am gleichen Tag Geburtstag. Wir drei haben im gleichen Monat Geburtstag und sind im Sternzeichen Stier.“

Noch etwas haben „seine“ Fahrer gemeinsam: „Einige sind gefahren und haben nebenbei Rallyes organisiert. Dafür muss man ihnen großen Dank aussprechen! Der Raphael Sperrer hat die Rallye in der Phyrn-Region wiederbelebt - er war Veranstalter und Fahrer, dazu kommen Willi Stengg, David Doppelreiter, die allesamt Veranstalter und Fahrer waren.“

Mit Grössing erlebt Sigi Schwarz weitere Erfolge - und wie sich Grössing, der sich zuvor bereits als „Herrenfahrer“ bezeichnet hatte, mit dem World Rally Car quasi wieder „scharf“ machte, inklusive Datenstudium mit dem Ingenieur. Doch das Duo Grössing/Schwarz erlebt auch zwei schwere Unfälle: „Der Unfall bei der Rebenland-Rallye war der schwerste, den ich erlebt habe - ich hatte Kopfverletzungen, die zunächst nicht erkannt wurden, da habe ich Glück gehabt.“ Nach dem katastrophalen Crash bei der eigenen Schneebergland-Rallye hängt Grössing den Rallye-Helm an den Nagel - Sigi dazu: „Da habe ich zwei Jahre gebraucht, bis meine Finger wieder voll funktionsfähig waren.“

Lesen Sie am Montag Teil 2 der Reportage "35 Jahre Sigi Schwarz im Rallyesport"

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