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Nichts für schwache Nerven!
Selten war eine Formel1-Saison so spannend

Hans-Peter Voglhuber wirft einen Blick auf den bisherigen Saisonverlauf, den Stellenwert des Fahrers und die Piloten auf der Abschussliste.

Hans-Peter Voglhuber

Die heurige Formel1-Weltmeisterschaft verläuft spannend wie lang nicht mehr. Ein Mix aus Glück, Pech, ein teilweise neues Reglement, eine neue Punktewertung und nicht zuletzt auch die Verringerung des technischen Vorsprungs zwischen Ferrari und den anderen Spitzenteams machten diese erste Saisonhälfte so interessant und nicht selten auch nervenaufreibend für die Fans.

Aber nicht nur Kimi Raikkonen und David Coulthard durchrasen mit ihren älteren Dienstwagen alle Höhen und Tiefen des Formel1-Sports, auch Michael Schumacher ist jetzt wieder mit einer Realität konfrontiert, welche er so schon lang nicht mehr erlebt hatte.

Denn plötzlich heißt es auch für den großen Champ wieder Punkte anstatt Siege zu sammeln, frei nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“. Dass den Reifenschustern von Bridgestone über einen längere Zeitraum hinweg nicht wirklich viel dazu eingefallen war, wie man der mit Michelin besohlten Konkurrenz Paroli hätte bieten können, war sicherlich ein ganz gewichtiger Grund für Schumachers eingeschränkte Siegfähigkeit.

Ein weiterer wichtiger Grund ist jedoch auch, dass der neue „Hai“ von Ferrari ganz sicher keinen so großen technischen Fortschritt mehr darstellt und die Konkurrenz kontinuierlich aufgeholt hat.

Nachdem man bei Williams-BMW anfangs offensichtlich denselben Fehler wie bei Jaguar gemacht hatte und dem Windkanal und den Computern alles auf Punkt und Strich glaubte, vertraut man jetzt scheinbar wieder mehr dem gesunden Hausverstand und relativiert, respektive interpretiert die gelieferten Hightech-Ergebnisse, anstatt sie einfach ein zu eins am Fahrzeug umzusetzen.

Kräfteverhältnis: Den vier Top-Teams kann derzeit niemand das Wasser reichen

McLaren-Mercedes hat das alte Auto inzwischen soweit modifiziert, dass im „alten“ McLaren-Mercedes scheinbar schon weitaus mehr Technik vom Nachfolger drinsteckt, als so mancher glaubt. Während Kimi Raikkonen recht schnell mit dem verjüngten Silberpfeil über die Pisten kurvt, scheint David Coulthard mit seinem Sportgerät gewisse Probleme zu haben. Und wie es aussieht, wird sich auch Coulthard einmal in die lange Liste der prominenten Leider-nie-Formel1-Weltmeister einreihen müssen, wie etwa Ickx, Regazzoni, Reutemann, Alesi, Berger usw.

Renault wird die vierte Kraft auf Grund seines doch deutlich schwächeren Motors bis Saisonende bleiben. Der Doppelausfall im vorletzten Rennen und der Ausfall von Alonso im letzten GP waren zwar ärgerlich für das Team und schlecht für die Konstrukteurswertung, sie sollten dennoch nichts Gröberes bedeuten.

Allerdings müssen sich die Motorenentwickler bei Renault wirklich einiges einfallen lassen, wenn die blau-gelben Renner nächstes Jahr ernsthaft im Kampf um die Formel1-WM eingreifen sollten. Der Öffnungswinkel der Zylinderreihen allein ist es nämlich sicher nicht, dass dem Renault-Triebwerk ein ganzes Rudel Pferde im Vergleich zu den Spitzenmotoren der Konkurrenz abgehen. Da muss noch vieles andere mehr geändert und verbessert werden.

Der Rest des Feldes und das ist mehr als die Hälfte, ist in der Konstrukteurswertung schon jetzt derart weit abgeschlagen, dass es ein wahres Trauerspiel ist. Besonders weil sich die Teams von Jaguar-Ford, BAR-Honda und Toyota darunter befinden.

Performance-Anteile: Welcher Teil am Erfolg ist Auto, Fahrer und Boxencrew zuzuschreiben

Auch wenn es bei denen immer wieder einmal so aussieht, als wären sie endlich und tatsächlich ein entscheidendes Stück weitergekommen, muss realistischerweise gesagt werden, dass derzeit keines dieser drei Teams auch nur den Funken einer Chance auf einen Stockerlplatz hat, sofern die vier Spitzenteams ungehindert ins Ziel kommen. Allen gegenteiligen Aussagen zum Trotz bin ich überzeugt, dass sich speziell bei Toyota auf dem Personalsektor bis zum Jahresende einiges tun wird.

Aber auch BAR-Honda und Jaguar-Ford werden sich noch enorm anstrengen müssen, um wenigstens nächstes Jahr mehr Punkte aufsammeln zu können, als eben nur jene, die andere Teams infolge von Ausfällen gezwungenermaßen liegengelassen haben.

Womit wir wieder einmal bei der Frage wären, wer wie viel Anteil am Sieg hat – Auto, Fahrer, Boxencrew? Die Schumacher-Brüder machen diesbezüglich gerade jeweils gegenteilige Erfahrungen.

Während der stark verbesserte Williams-BMW dem jüngeren der Schumacherbrüder geradezu Flügel verleiht, musste in den letzten Rennen der erfolgsverwöhnte Weltmeister mit seinem etwas lahm gewordenen Ferrari-Hai immer ein paar Längen hinterher schwimmen. Ralf Schumachers Aussage „mit einem Ferrari wäre auch ich Weltmeister geworden“ darf daher spätestens ab jetzt ernst genommen werden.

Voglhuber's Wunsch: Ein turbulentes Qualifying mit der Startaufstellung Minardi vor Sauber, BAR, Jordan ...

Auch der zweite "Hai-Dompteur" schlug sich mit seinem ferrariroten Untersatz bisher mehr schlecht als recht durch die Saison. Möglicherweise ist es jedoch bei Barrichello mehr ein psychisches Problem, das ihn bislang immer wieder zu unfreiwilligen Pirouetten auf der Piste zwang. Schumachers vorzeitige Vertragsverlängerung dürfte ein deutliches, aber beileibe kein gutes Signal für den allseits treuen Ferrari-Co-Piloten gewesen sein.

Dass Barrichello soeben einen wirklich lupenreinen Sieg einfuhr, zeigt zwar, dass es mit Bridgestone und Ferrari wieder aufwärts geht, Barrichello selbst dürfte dies aber, ähnlich wie Coulthard - wenig helfen. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Situation von Barrichello insgesamt besser ist, wie die von David Coulthard.

Für Jacques Villeneuve - „gebt mir einen Ferrari“ - dürfte der Zug zu einem zweiten Formel1-WM-Titel wohl endgültig abgefahren sein. Er wird auch in Zukunft weder in einem Ferrari noch sonst in einen Spitzenwagen Platz nehmen. Zu lang ist er schon mit schlechtem Material unterwegs. Das färbt ab, wie die internen Duelle mit Button immer wieder zeigen. Und deshalb wird er froh sein müssen, wenn er künftig wenigstens noch einen halbwegs passablen Mittelklasse-F1 pilotieren darf.

Pizzonias Abgang bei Jaguar war schon längere Zeit zu erwarten. Fakt ist, er war einfach zu langsam und „Eingewöhnungsphasen“ kann es in der Königsklasse des Motorsports allein schon aus finanziellen Gründen nicht geben. Ich bin jedoch überzeugt, dass Pizzonia auch in einem Ferrari, Williams-BMW oder McLaren-Mercedes nicht jene Leistung gebracht hätte, die ein Fahrer in der Formel1 einfach bringen muss.

Was die zweite Hälfte der F1-Saison betrifft, so bin ich guter Hoffnung, dass sie sich bis zum letzten Rennen so fortsetzt, wie sie bisher verlaufen ist; spannend, mit Glück, mit den unvermeidlichen Pannen, aber auch mit eindrucksvollen Siegen und beinharten Rad an Rad Kämpfen.

Einen ganz großen persönlichen Wunsch hätte ich auch noch. Mögen doch einmal in dieser Saison an beiden Qualifikationstagen derart verrückte Wetterbedingungen herrschen, dass sich für den Tag des Rennens folgende erste vier Startreihen ergeben: Minardi - Minardi, Sauber - Sauber, BAR - BAR, Jordan - Jordan...

Ihr Hans-Peter Voglhuber

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