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Roll Britannia

Mit dem Konkurs von Rover vor rund einem Jahr sind beim letzten großen britischen Automobilhersteller die Lichter ausgegangen. Doch die britische Autoindustrie lebt im Kleinen fort.

mid/ty

Die übrigen großen Autowerke der Insel gehörten zum Zeitpunkt der Rover-Pleite schon längst ausländischen Konzernen: Jaguar, Land Rover und Aston Martin sind in den Händen von Ford, der US-Konzern General Motors verwandelte die alte englische Firma Vauxhall zu einem Opel-Montagewerk, VW übernahm die Edelmarke Bentley und die deutsche BMW Group schluckte Rolls-Royce und den Mini.

Doch die Briten finden sich nicht damit ab, keine Automobile mehr in Eigenregie zu bauen. Schon immer gab es eine Menge kleiner Werkstätten, die mit Motoren großer Autokonzerne, Kunststoff-Karosserien und ausgefallenen Ideen in kleinen Serien höchst individuelle Autos bauen und auch Kunden dafür finden. Die britische Autoindustrie lebt also weiter - eine Stufe kleiner, aber dafür umso vielfältiger.

Die Ältesten: AC und Morgan

Tradition wird weiterhin groß geschrieben, zum Beispiel bei AC Motors. Die 1903 gegründete Firma befindet sich inzwischen in maltesischer Hand. Aus einem ihrer klassischen Roadster machte US-Boy Carroll Shelby mit Ford-Hilfe die legendäre Cobra: die bärenstarken, bis zu 7 Liter grossen Achtzylinder aus Detroit beschleunigten das kompromisslos leichte Auto in nur 3,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h - lange Zeit eine Sensation und der Konkurrenz meilenweit voraus. Die Cobra gehört noch heute zu den Beschleunigungswundern auf der Straße. Einige Jahre gehörte AC auch zum Ford-Konzern, im Herbst 1992 ging die Firma wieder in Privatbesitz zurück. Im Juli 2002 wurde sie von der AC Motor Holding mit Sitz in Malta übernommen, die gute alte Cobra wird weiterhin produziert, allerdings mit Kohlefaser-Body.

Zu den ältesten englischen Marken gehört auch Morgan. 1910 gegründet, befindet sich diese kleine Firma immer noch in Familienbesitz. Vor dem Zweiten Weltkrieg war die Firma vor allem auf den Bau von Dreiradwagen spezialisiert, erst 1936 erschien ein vierrädriger Morgan: der spartanische Zweisitzer „Four-Four“ mit langer Motorhaube und Reserverad auf dem Heck. Heuer feiert der 4/4 sein siebzigstes Jubiläum, er ist das am längsten ununterbrochene Automodell aller Zeiten. Bis zum aktuellen Modell Aero spielt Holz als tragendes Gerüst für den Karosserieaufbau eine wichtige Rolle. Als nächstes wollen die Briten im Jahr 2008 das Coupé Aeromax in einer Kleinserie von 100 Exemplaren auf den Markt bringen, daneben gibt es das erstaunliche Hi-Tech-Projekt LIFECar mit Brennstoffzellen-Antrieb.

Vom Bomber zum "Fighter": Bristol

Nach wie vor existiert die Firma Bristol Cars als kleiner Hersteller von Elitefahrzeugen. Bristol war ursprünglich Flugzeughersteller, stand aber nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs vor dem Aus. Die britische Armee sorgte 1946 dafür, dass Bristol als Wiedergutmachungsleistung sämtliche Konstruktionspläne der darniederliegenden deutschen Automobilfirma BMW bekam. Aus dem BMW 326 entwickelte Bristol selbstständig Limousinen und Coupés, schwenkte aber später auf Chrysler-Technik über. Noch heute offeriert Bristol den „Gentleman-Express“ Blenheim 3 und den Fighter mit Acht- und Zehnzylinder-Motoren von Chrysler sowie Aluminium-Karosserie.

Mehrfach auferstanden: TVR und Marcos

Eine ganze Liste von unterschiedlichen Eigentümern hatte über die Jahre hinweg die in Blackpool beheimatete Firma TVR (der Name kommt von Firmengründer Trevor Wilkinson), die nach üblichem Muster Sportwagen baut: Großserientechnik und Kunststoff-Aufbau. 1954 erstmals auf dem Markt, erlangte TVR mit seinen 1,6-Liter-Fahrzeugen mit Ford-Mechanik Ruhm über England hinaus. Mitte der 70er Jahre verschwand TVR ganz und gar, tauchte 2005 aber mit neuen Geldgebern und neuen Modellen wieder auf - der jetzige Eigentümer heißt Nikolai Smolenski und kommt aus Russland.

Ganz ähnlich erging es der von Jem Marsh und Lotus-Designer Frank Costin gegründeten Marke Marcos: 1959 schuf sie einen aufregend geformten Sportwagen mit Ford-Motor. In den Wirren der weltweiten Benzinkrise Mitte der 70er Jahre verschwand Marcos, Anfang der Neunziger gab es einen Relaunch und sogar die Rückkehr nach Le Mans. Nach weiteren Finanzdramen hat Marcos im vergangenen Jahr mit neuen Eigentümern in Blackpool einen neuen Start gewagt.

Back to the roots: Lotus

Zu den alteingesessenen britischen Automobil-Unternehmen zählt auch die frühere Formel-1-Marke Lotus, ehemals Rennwagenfirma des 1982 verstorbenen Colin Chapman. Weltberühmt wurde Lotus als Strassenauto-Hersteller durch den Seven, einen leichten zweisitzigen offenen Wagen mit freistehenden Rädern auf Basis eines Formel-Autos der 1950er - er wurde der Stammhalter aller spartanischen Sportwagen.

Später widmete sich Lotus noch mehr der Leichtbauweise und fertigte unter anderem den Mittelmotorwagen Europa. Ein Dauerbrenner war das ab 1974 drei Jahrzehnte im Programm befindliche James-Bond-Mobil Esprit. Allerdings ist die Marke schon lange nicht mehr in britischem Besitz: 1986 wurde Lotus von General Motors aufgekauft und 1996 an die malaysische Autofirma Proton weitergereicht. Ein Leckerbissen für Kenner ist der leichte Zweisitzer Elise, in den neuesten Versionen einem 192 PS starken Benziner von Toyota.

Supercars für die Playstation-Generation: Noble

Seit 1973 offerieren zwei britische Hersteller den (ehemaligen) Lotus Seven: die Firma Caterham hat die Rechte von Lotus erworben und baut den offiziellen Seven mit vorichtigen Designretuschen und Motoren von Rover und Cosworth; Westfield aus Kingswinford bietet extremere Abarten an und greift auf hochdrehende Bike-Motoren à la Hayabusa zurück. Daneben bieten andere Firmen kaum getarnte Seven-Klone als Kits an.

Doch es kommen auch neue Firmen nach, beispielsweise die von Lee Noble. Im Jahr 2005 erschien der Noble M12 GTO, ein Coupé mit Mittelmotor und Hinterradantrieb sowie einem 3,0-Liter-Sechszylinder mit 357 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 270 km/h. Das neue Modell M15 soll zukünftig in der Supercar-Oberliga mitspielen. Die Motoren basieren jeweils auf der Duratec-Familie von Ford.

Ultralight mit Chevy-Power: Ultima

Eine frühere Kreation von Lee Noble ist der Ultima, der seit 1983 gebaut wird. In seiner jüngsten Evolutionsstufe GTR ist der ohne Kompromisse auf Geschwindigkeit getrimmte Sportler "the fastest supercar in the world", wie die Firma stolz vermeldet: man hält mit Chevy-V8-Power den Weltrekord in der Beschleunigung von Null auf 100 Meilen mit 5,3 Sekunden. Zum Vergleich: der Ferrari Enzo braucht 6,7 Sekunden. Von 100 auf Null bremst der Ultima in 3,6 Sekunden und schlägt den Enzo wiederum um vier Zehntel.

Europaweit konkurrenzlos lockere Bestimmungen für die Zulassung von Kleinserien und eine blühende Szene für Motorsport und "Track Days" machen es möglich: die britischen Autohersteller sind einfach nicht umzubringen.

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