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Italienischer Supersportler mit deutschem Motor und argentinischem Konstrukteur: Horacio Pagani baut in Modena den wohl besten Sportwagen.

Bernhard Reichel

  • Hier sehen Sie Bilder des Pagani Zonda Roadster F!

    Die Gegend um Modena ist die Heimat von Sportwagenlegenden wie, Ferrari, Lamborghini und Maserati. Im letzten Jahr stellte Ferrari den 599 GTB Fiorano vor, Lamborghini spendierte dem Topmodell Murcielago ein großes Facelift und noch mehr Power. Doch ein paar Orte weiter hat der Argentinier Horacio Pagani einen Supersportwagen entwickelt, der in der F-Ausführung alle Boliden der italienischen Traditionsmarken überflügelt.

    Ferraris 599 leistet 620 PS, Lambos LP640 (nomen est omen) stolze 640. Der Pagani übertrift in der Clubsport-Version mit enormen 650 PS die beiden Italosportler - das "Serienmodell" hat 602 PS. Doch der Roadster F ist mehr als nur eine überarbeitete Version des Zonda S, welcher schon den bereits eingestellten Ferrari Enzo stehen ließ: Mehr als 60 Prozent der Teile sind neu.

    F für Fangio

    Schon von Anfang an wollte Horacio Pagani seinen Sportwagen Fangio F1 taufen, doch als sein Idol im Jahr 1995 verstarb, verwarf er diesen Plan und wählte den Namen Zonda, ein Wind aus der Andenregion Argentiniens. Fangio war am Beginn der Entwicklung noch beteiligt, auch die Verwendung von Mercedes-Aggregaten war sein Wunsch.

    Der von AMG zugelieferte Zwölfzylindermotor, welcher vor der Hinterachse sitzt, leistet nach einer Leistungssteigerung nun aus 7,3 Liter Hubraum 650 PS und bietet ein maximales Drehmoment von 780 Nm. Diese gewaltige Kraft wird über ein manuelles Sechsgang-Handschaltgetriebe an die Hinterräder übertragen. Neun Monate dauert die Bauzeit in feinster italienischer Handwerkskunst.

    Kurz nach der Haupteinfahrt auf dem versteckt liegenden Firmengelände steht bereits unser Testwagen. Das Fazinierende am Pagani ist die im Design verpackte Technik. Sogar die aus Kohlefaser gebackene Karosserie ist komplett für das gierige Auge sichtbar, nur Klarlack schützt die wertvolle Haut des Zonda, die aus nicht weniger als 15 Lagen Karbon besteht. Um Gepäck zu verstauen, muss man erst die riesige Motorhaube öffnen. Rechts und links gibt es Platz für je einen maßgeschneiderten Koffer.

    Über zwei Meter Breite gönnt sich der Roadster, fast doppelt so breit wie hoch. Mit nur 1,4 Meter Höhe ist der Zonda F um einen Zentimeter flacher als sein Vorgänger Zonda S. Auch die Frontpartie wurde neu gestaltet. Die Nase ist nun spitzer zugeschnitten, die Blinker sitzen zwischen den beiden Hauptscheinwerfern. Die Lufteinlässe wurden ebenso verändert.

    Mit neuem Design erfreuen auch die Rückleuchten. Der Heckspoiler ist beim F nun ein- statt zweiteilig. Bei 300 km/h drücken 330 Kilo hinten den Andenwind auf die Straße. Vorne beträgt der Anpressdruck nun 270 Kilogramm.

    Schnellster Roadster

    Dies und einige andere aerodynamische Verbesserungen sorgen für eine Höchstgeschwindigkeit von 345km/h. Nur Pagani hat einen offenen Sportwagen mit dieser Geschwindigkeit im Programm. Der Zonda F ist sogar eine Spur leichter als der Zonda S, welcher aber immer noch im Programm ist, allerdings wird bereits nur noch der F bestellt.

    Sollte einen nicht schon das Äußere nicht mehr los lassen, dann werden es die enormen Fahrleistungen tun. Und das wortwörtlich, denn bei voller Leistungsentfaltung wird man in die Sitze gepresst, als würde man in den Weltraum starten. Wenn man erst einmal drinsitzt, was bei Autos dieser Klasse nie einfach ist.

    Einmal drinnen, besteht die Gefahr der Netzhautüberlastung: Das Cockpit ist schlicht ein Traum. Feinstes rotes Leder und Karbon, soweit das Auge reicht – dank des enorm guten Überblicks reicht es weit. Auch Holz findet sich in diesem Supersportwagen, und zwar am oberen und am unteren Teil des Lenkrades, am Handbremshebel und am Schalthebel. Der grün unterleuchtete Tacho reicht bis 400 km/h.

    In freier Wildbahn

    Die frisch asphaltierten Straßen rund um das Werk sind eine wunderbarere Teststrecke. Gestartet wird über einen Knopf auf dem Schalthebel. Wir sind in Italien, also fahren wir offen: Das Dach, halb Karbon, halb Stoff, lässt sich problemlos abnehmen und vorne unterbringen, die Überrollbügel bestehen aus Chrom-Molybdänstahl.

    Durch das offene Dach hört man den Motor auffauchen, dass es einem kalt den Rücken hinunterläuft – ein unvergessliches Klangerlebnis. Laut Werk beschleunigt der Roadster in 3,6 Sekunden auf 100 km/h und auf 200 in nur 9,8 Sekunden. Nach den ersten 100 Metern bleibt jeglicher Zweifel an diesen Werten zurück.

    Die Lenkung ist angenehm direkt, die breiten Reifen sorgen stets für perfekten Kontakt zur Fahrbahn. Der Sprint aus dem Stand ist brachial; doch bei gleichmäßiger Beschleunigung zeigt sich der Zonda von einer erstaunlich komfortablen Seite. So merkt man die erreichte Geschwindigkeit, welche in unserem Fall die Zweihunderter-Marke auf dem Tacho schon weit überschritten hatte, erst wieder beim Tritt auf die Bremse.

    Auch die 4,4 Sekunden von 200 auf Null bekommt erscheinen dann mehr als glaubhaft: Vorne sorgen 380mm große Bremsscheiben für fabelhafte Verzögerung, hinten tun dies 355mm. Für Keramikbremsen verrechnet Pagani knapp 18.000 Euro extra, was aber bei einem Kaufpreis von fast 700.000 Euro nicht mehr wirklich ins Gewicht fällt.

    Auch der Verbrauch von gut 20 Liter, die sich der Andenwind mitunter gönnt, sollte einen Zonda-Eigner nicht aus der Ruhe bringen lassen.

    Sogar im Stadtverkehr ist es ein besonderes Ereignis, den Zonda zu bewegen. Schon bei niedriger Drehzahl grollt der Motor so herrlich, dass die Soundanlage unangetastet bleibt. Im sechsten Gang bei knapp 1000 Umdrehungen gibt es immer noch genügend Schub, um einen Wagen der Kompaktklasse abzuhängen. Wer zusätzlichen Komfort sucht, kann für 11.000 Euro ein pneumatisches Fahrwerkssystem ordern, das bei schlechter Straße bezahlt macht und auch zur Schonung des Frontspoilers bei Auffahrten beiträgt.

    Nachfolger in Sicht

    Ein Rennwagen, den man auch auf der Straße bewegen kann, dank ABS und ESP sicher fahrbar: Bis dem Zonda ein anderer Supersportwagen das Wasser reichen kann, wird noch einige Zeit vergehen. Doch dieser ganzen Perfektion nicht genug, kommt 2008 bereits ein neuer Pagani. Es wird bei Zwölfzylindermotoren von Mercedes bleiben, auch das Mittelmotorkonzept wird beibehalten.

    Der Nachfolger von Zonda S und F ist von Horacio Pagani bereits fertig entwickelt und wird auf dem Genfer Salon 2008 enthüllt. Über 750 PS sind durchaus realistisch. Auch eine „final edition“ des F, welche noch mehr auf Leichtbau setzt aber keine Straßenzulassung hätte, ist denkbar. Insgesamt gibt es bereits 80 Zonda weltweit, zu Produktionsschluss werden es knapp über 100 sein. Ein zufriedener Kunde fährt seinen Zonda über 30.000 Kilometer pro Jahr und bekam dafür sogar handgeschnitzte Winterreifen.

    Jedes Auto ein Meisterstück

    Jede Kante, jedes Karoseriedetail bis hin zu den Schaltern im Innenraum ist von Horacio Pagani selbst gestaltet worden. Und dieser Mann versteht etwas von seiner Arbeit: Bereits im Alter von knapp 10 Jahren bastelte er bereits seine ersten Automodelle, mit 20 dann sein erstes echtes Formel-3-Auto. Jeder Autonarr weiß, wie die Geschichte weitergeht.

    Mit Juan Manuel Fangios Hilfe arbeitete er sich rasch zum Chef der Karbonverarbeitung bei Lamborghini hinauf, bevor er seinem Mentor mit dem Zonda das in Sachen Fahrdynamik und Sicherheit bis dato perfekteste Auto widmete und sich damit auch seinen Jugendtraum erfüllte. Pagani selbst besitzt zwei Zonda Coupes, einen Zonda S in Sichtkarbon und einen in dunkelrot lackierten Zonda F, die natürlich regelmäßig gefahren werden.

    Fazit: Ganz aus Kohlefaser, aber dennoch magnetisch

    Auch Fachleute sind sich einig, und wir stimmen zu: Horacio Pagani hat den wohl perfektesten Straßen-Sportwagen entwickelt. Mit einem Leistungsgewicht von nur 1,89kg pro PS hebt der Zonda Roadster F in neue Dimension ab.
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