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Stille Revolution

BMW hat mit dem i3 die Elektromobilität in vielen Bereichen neu angedacht. Zuletzt erhielt er eine auf 27 kWh vergrößerte Batterie. Im Test.

Text und Fotos: Johannes Toth

Fahrzeuge mit dem „i“ im Namen stehen bei BMW für reine Elektromobilität oder für Hybridantrieb. Die 2010 geschaffene Submarke BMW i stellte bereits kurz nach ihrer Gründung im Jahr 2013 ein innovatives Elektrofahrzeug in die Verkaufslokale der Händler.

Dabei wurden viele Themen grundlegend neu entwickelt, um die Nachhaltigkeit des Autos im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen entscheidend zu verbessern. Das beginnt beim polarisierenden Design, das den i3 auch für Nichtinteressierte schon von weitem erkennbar macht.

Am – durchaus gewöhnungsbedürftigen – Exterieur fallen die extrem großen und sehr schmalen 19 Zoll Leichtmetallräder auf. Die geringe Breite sowie das Felgendesign tragen zu einem verbesserten Roll- und Luftwiderstand bei und die Reifenaufstandsfläche wird maximiert. Die im ganzen Fahrzeug verwendeten Materialien wie Carbon und Aluminium bringen Gewichtsoptimierung, was zu im Klassenvergleich geringen 1.320 kg bei vier Metern Länge beiträgt.

BMW-typisch darf die Fahrdynamik auch in diesem Modell nicht zu kurz kommen. So treibt der gemeinsam mit dem Getriebe im Heck sitzende, 170 PS starke, Elektromotor die hinteren Räder an. Die Batterie liegt im Wagenboden und bringt damit einen niedrigen Schwerpunkt. Das Drehmoment von 250 Nm liegt immer sofort an und treibt das Elektromobil in 7,3 Sekunden auf 100 km/h.

Dabei ist der i3 bis Tempo 120 sehr leise und das Gefühl für Geschwindigkeit geht uns – auch wegen der ansatzlosen Beschleunigung – ein bisschen verloren. Der spürbare Vortrieb beginnt erst ab 140 km/h abzuebben und wird bei Tacho 152 km/h abgeregelt. Da es kein Getriebe im herkömmlichen Sinn gibt, könnte man 152 km/h übrigens auch retour fahren. Diesen Spaß gönnt uns die Elektronik aber nicht und setzt uns die Grenze bei maximal 40 km/h.

Die dünnen Asphaltschneider (Bild links) haben mit der vielen Kraft indes manchmal ein Problem. In der Kurve das Strompedal auf Anschlag drücken macht dem Benzinbruder Spaß, kann einen Unbedarften jedoch in die ungewollte Situation des übersteuernden Hecks bringen.

Aber keine Angst: natürlich greifen sofort Fahrstabilitätsprogramme ein, um Schlimmeres zu verhindern. Und ja, es gibt im Untermenü einen Button zum Abschalten.

Für Elektro-Novizen sei gesagt, dass die Bedienung des Fahrzeugs an herkömmlich Gelerntem orientiert ist und sich denkbar einfach gestaltet. Eine Ausnahme, an die man sich jedoch gern gewöhnt ist das Bremsen.

"One-Pedal-Feeling" heißt das in Bayern. Denn das Fahrpedal dient zum Beschleunigen, aber auch zum Bremsen. Sobald wir den Druck etwas reduzieren oder das Pedal ganz freigeben, entspricht das aufgrund des hohen Elektromotor-Schleppmoments einer Bremsung, sogar die Bremslichter leuchten auf.

Dabei wird Bewegungsenergie zurückgewonnen und die Batterie geladen. Die Bremswirkung wird aber nicht wie beim Mitbewerb vorab auf einen fixen Wert eingestellt, sondern errechnet sich aus aktuellen Fahrzeugdaten wie zum Beispiel der gefahrenen Geschwindigkeit. Das funktioniert perfekt und da das Bremspedal sehr selten in Verwendung ist, wird die Bremsanlage extrem geschont und braucht wenig Wartungsaufwand.

Im täglichen Leben fällt die Übersichtlichkeit der Karosserie auf, wodurch die optionale, toll auflösende Heckkamera eigentlich unnötig wird. Die gegenläufig öffnenden Türen (Bild rechts unten) sind da schon differenzierter zu bewerten: Mit Kleinkindern ideal, auch weil die hinteren Türen nur aufgehen, wenn die vorderen geöffnet sind, werden sie beim engen Schrägparken zur unbequemen Falle. Um ein Sakko oder eine Tasche vom Rücksitz zu nehmen, keilt man sich zwischen ihnen ein und sie versperren einem den Weg.

Im Winterbetrieb durften wir feststellen, dass die Heizung das Wageninnere sehr schnell aufwärmt, was uns zu einem Selbstversuch bei minus 10 Grad herausforderte. Mit Handschuhen, Schal und Mütze ausgerüstet, lässt sich die Reichweite durch Verzicht auf die Heizung deutlich erhöhen. Das hält obendrein jung und der Fahrer schläft nicht ein.

Apropos Reichweite: Die wurde durch die leistungsstärkere Batterie mit nun 94 statt 60 Ampérestunden (Ah), bzw. 27,2 statt 18,8 Kilowattstunden (kWh) Kapazität wesentlich gesteigert. BMW spricht im Normzyklus von 300 Kilometern, im Alltagsbetrieb von bis zu 200 Kilometern bei einem Energieverbrauch von rund 13 kWh/100km.

Mit Heizung oder Klimaanlage ist dieser Wert nicht erreichbar. Da es den Reservekanister für Strom noch nicht gibt, haben wir die Reichweite kaum ausgereizt und uns auf die Restreichweitenanzeige verlassen müssen.

Die errechnet sich unter anderem aus der Außentemperatur und der bisherigen Fahrweise. Bei minus 6 Grad und voller Batterie wurden am Morgen zumeist rund 150 km angezeigt, – ohne Heizung aber gleich mal 180 km.

Der mit Spaß und hohem Autobahn-Anteil gefahrene Winter-Testverbrauch lag bei rund 22 kWh auf 100 km, was bei einem angenommenen Strompreis von 0,19 Euro pro kWh Kosten von rund 4,18 Euro für 100 km entspricht. Bei zahmerer Fahrweise und zivilen Außentemperaturen kommt man aber auch mit 17 kWh durch, also mit 3,23 Euro für 100 km. Die realistische Reichweite entspricht dann rund 160 Kilometern.

Die Reichweite beeindruckt also noch immer nicht, wohl aber die Kosten - einen bis zwei Euro pro 100 km günstiger, als der Sprit für einen sparsamer Diesel kosten würde -, zudem ist der Serviceaufwand wesentlich geringer als bei einem Auto mit Verbrennungsmotor.

Dem entgegen stehen die Anschaffungskosten von zumindest 36.900 Euro. Unser Testwagen mit dem schönen, hellen Interieurdesign "Loft" um ca 1.300 Euro, dem Business-Paket mit Navigationssystem um rund 1.000 Euro und einem zusätzlichen Wechselstrom-Schnell-Ladesystem um etwa 1.400 Euro sowie einigen weiteren Feinheiten steht mit 47.562 Euro in der Liste.

Plus
+ tolle Beschleunigungswerte
+ sehr übersichtliche Karosserie
+ kleiner Wendekreis
+ hoher technischer Aufwand (z.B. zur Gewichtsreduktion)

Minus
- Ansprechverhalten des E-Motors in engen Parklücken zu ruckartig
- auf der Autobahn stark seitenwindempfindlich
- gegenläufiges Türkonzept oft unpraktisch
- verbesserte, aber noch immer nicht voll überzeugende Reichweite

Resümee
Der eigens als Elektroauto entwickelte BMW i3 denkt die Fortbewegung neu an. Die verwendeten Materialien sind nachhaltig und recycelbar. Die Bayern zeigen, dass modernes Autofahren mit E-Mobilen durchaus nicht spaßbefreit vonstatten gehen muss. Mit der neuen, größeren Batterie kommt man weiter, aber noch nicht weit.

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