Detroit Motor Show 2009 | 08.01.2009
Mit Öko und Spaß gegen die Depression
Kaltstart in der Motor City: Ausgerechnet in der von der Krise der Autoindustrie am meisten gebeutelten Stadt beginnt das Autojahr 2009.
mid/hh
Detroit steckt in der schlimmsten Base seit Jahrzehnten und auch der gesamten Branche geht es international kaum besser. Neue Modelle sollen die Situation verbessern.
Auf der North American International Auto Show (11. bis 25. Jänner) stellen die Automobilhersteller vor, mit welchen Fahrzeugen sie in den kommenden Monaten den weltweit wegbrechenden Absatz wieder auffangen und die ökologischen Probleme der Massenmobilität lösen wollen.
Neue Hybridautos
Beim Kampf gegen die Öl-Abhängigkeit ("national security"!) und für den Umweltschutz setzen die Amerikaner traditionell auf den Hybridantrieb. So wundert es nicht, dass die wohl wichtigsten Hybridautos des Jahres in der Cobo Hall ihre Weltpremiere feiern.Mit einem besonders preiswerten Hybridauto will Honda punkten. Der kompakte Insight wird von der auch im Honda Civic eingesetzten Doppelmotor-Technik angetrieben.
Anders als z.B. bei Toyota ist damit allerdings kein rein elektrisches Fahren möglich, der Elektromotor unterstützt das Verbrennungsaggregat als reiner Mild-Hybrid nur beim Losfahren und Beschleunigen. Die geringere technische Komplexität führt aber auch zu niedrigen Preisen, wenn die Limousine im Feber nach Österreich kommt.
Weiterhin setzt auch die neue Generation des Toyota Prius auf die Anwartschaft zum Bestseller mit verbessertem Spar-Antrieb und dynamischerem Design. Dem Kompakten wird zudem ein edleres Schwestermodell der Tochtermarke Lexus zur Seite gestellt.
Beide Hybridautos fahren jedoch zunächst noch mit dem schweren Nickel-Metallhydrid-Akku vor, die leistungsfähigere Lithium-Ionen-Technik soll nächstes Jahr kommen.
Elektroauto-Studien
Doch noch nicht so bald zu kaufen sein werden die in Detroit gezeigten Elektroauto-Studien. Mercedes-Benz zum Beispiel präsentiert das Konzeptauto-Trio Bluezero. In allen Versionen ist ein Elektromotor für den Antrieb zuständig, der von einem Lithium-Ionen-Akku mit Strom versorgt wird.Die Batterie wird je nach Ausführung entweder an der Steckdose geladen, von einer Brennstoffzelle mit Energie versorgt oder von einem kleinen Verbrennungsmotor als Generator gefüllt. 2009 sollen erste Fahrzeuge mit der neuen Antriebstechnik in Kleinserie produziert werden.
Auch Toyota zeigt mit dem FT-EV ein kleines Elektromobil für den Stadtverkehr, wobei eine erste Kleinserie wohl erst 2010 vom Band laufen dürften.
Ebenfalls 2010 könnte auch das erste Elektroauto der Luxusmarke Cadillac bereit stehen, das in Detroit als Studie zu sehen ist. Wie der Konzernbruder Chevrolet Volt soll das kleine SUV von einem Elektromotor angetrieben werden, dessen Batterien während der Fahrt von einem Benziner ständig aufgeladen werden.
Neuheiten in der Kompakt- und Mittelklasse
Öko-Autos bleiben aber vorerst Nischenprodukte. Den Hauptteil des Umsatzes müssen weiterhin Fahrzeuge mit konventionellen Verbrennungsmotoren einfahren. Einer der Höhepunkte aus europäischer Sicht ist hier die Studie des wahrscheinlich 2010 kommenden Volvo S60.Der Schwede hat die Ecken und Kanten seiner Vorgänger abgestreift und zeigt sich nun in einem dynamischen Blechkleid. Unter der Haube arbeitet ein 1,6-Liter-Benzinmotor mit Turboaufladung, der es auf 132 kW/180 PS Leistung bringt. Durch den geringen Hubraum soll der Verbrauch lediglich fünf Liter Super Plus auf 100 Kilometern betragen.
Große Chancen rechnet sich auch der neue Mazda3 aus, der in den USA erstmals in den beiden Karosserievarianten Steil- und Stufenheck zu sehen ist. Große Design-Experimente gegenüber den aktuellen Versionen zeigt der Kompakte aus Rücksicht auf einen möglichst große Käuferkreis nicht.
Verbessert worden sein soll aber unter anderem das Gewicht sowie die Aerodynamik und somit auch der Kraftstoffverbrauch. Auch einen neu entwickelten Dieselmotor gibt es, wenn der Mazda3 im April nach Österreich kommt.
Seinen Weg in die Zukunft stellt auch Subaru mit der Studie seines für 2010 geplanten Mittelklassemodells vor. Die Stufenhecklimousine Legacy Concept will mit breiten Kotflügeln, tief gezogener Frontschürze und senkrecht angeordneten Scheinwerfern einen Blick auf das künftige Design der Marke geben.
Gleichzeitig feiert die Studie den 20. Geburtstag des Legacy, dessen erste Generation 1989 auf den Markt gekommen ist. Für den Antrieb sorgt heute ein 3,6-Liter-Boxer-Benzinmotor, der seine Kraft markentypisch an alle vier Räder leitet.
Geschrumpft präsentiert sich der neue Cadillac SRX. Die zweite Generation des SUV wird - wie berichtet - mit den um rund zehn Zentimeter kürzeren und damit kleinsten Motoren angeboten, die Cadillac jemals auf den US-Markt gebracht hat.
Trotzdem misst das Luxusmobil immer noch 4,83 Meter und verfügt über Sechszylinder-Benziner mit mindestens 2,8 Liter Hubraum. Optisch orientiert sich der SRX mehr am klassischen SUV-Design als an den eher Kombi-artige Vorgänger.
Auffälligste Merkmale sind der bullige, nach vorne pfeilförmig zulaufende Kühlergrill, das zum Heck hin abfallende Dach sowie die leicht ansteigende Schulterlinie.
Luxus und Leistung
Trotz Absatzkrise kommt auch der Auto-Spaß in Detroit nicht zu kurz. Maserati zum Beispiel zeigt die neue Topversion seiner Oberklasse-Baureihe, den Quattroporte Sport GTS.Die Limousine wird von einem 324 kW/440 PS starken V8-Benzinmotor angetrieben und soll Tempo 100 nach rund fünf Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 280 km/h erreichen.
Noch schneller ist das Cabrio Bentley Continental GTC in der neuen Spitzenausführung "Speed"; für den Antrieb sorgt hier ein 449 kW/610 PS starker V12-Benziner, der den 100-km/h-Spurt in knapp über vier Sekunden ermöglichen und für ein Spitzentempo jenseits der 320 km/h sorgen dürfte.
BMW bringt den Z4 Roadster in seiner Neuauflage; erstmals erhält der Zweisitzer ein klappbares Stahldach, mit dem er sich gegen seinen bislang weit erfolgreicheren Hauptwettbewerber Mercedes SLK durchsetzen soll.
Für den Antrieb des lang gestreckten Sportwagens stehen vorerst nur kräftige Sechszylinder-Benziner zur Wahl. Noch mehr Power bringt der 478 kW/650 PS starke Mercedes-Benz SLR Stirling Moss auf die Straße, eine zum Speedster entkernte Version des Supersportlers SLR McLaren.
Ohne Dach und Windschutzscheibe ist er für ein Spitzentempo von 350 km/h gut. Das ideale Fluchtauto vor den amerikanischen Behörden, die Daimler jetzt wegen des zu großen Flottenverbrauches der in den USA angebotenen Mercedes-Fahrzeuge zu einer Geldstrafe verdonnert haben.
Ebenfalls das flotte offene Fahren propagiert VW mit seinem Roadstermodell. Der mit einem Mittelmotor ausgerüstete kleine Zweisitzer basiert auf der 2003 vorgestellten Studie Concept-R und soll der Marke einen frischen Schuss Emotionalität verleihen, so wie es Audi mit seinem etwas größeren Mittelmotorsportler R8 (trotz silbergrau) gelungen ist.
Das auffällige Achtzylinder-Coupé erhält nun einen stärkeren Bruder: den Audi R8 V10. Die neue Version erhält zwei zusätzliche Zylinder und fährt mit dann 386 kW/525 PS in der gleichen Leistungsliga wie der Lamborghini Gallardo.
Außerdem zeigen die Deutschen den neuen Audi A7; das luxuriöse viertürige Coupé der oberen Mittelklasse soll im Revier des Mercedes-Benz CLS wildern. Als Basis dient die kommende Generation der Limousine A6.
Eine umfassende Lösung aller aktuellen Branchenprobleme ist von der Detroit Motor Show nicht zu erwarten. Beispielsweise bleibt Nissan heuer der Show komplett fern.
Dazu kommen weiterhin Hiobsbotschaften: so legt Suzuki das Mittelklassemodell Kizashi auf Eis, Honda streicht den für 2010 geplanten Nachfolger des Roadsters S2000.
Trotzdem sind die Hersteller mit ihren Elektro- und Hybridautos auf einem guten Weg. Ob auch die teuren Sport- und Businessautos momentan auf großen Käuferzuspruch hoffen können, bleibt abzuwarten. Für eine Neuheitenmesse sind sie aber eine unverzichtbare Würze.