Hypercar aus Molsheim mit Plug-in-Hybridtechnologie | 01.12.2024
Bugatti Tourbillon in Wien präsentiert
Das erste Modell unter Bugatti-Chef Mate Rimac wirft seine Schatten voraus: Erstmals konnten wir mit dem 1.800 PS starken Tourbillon im neuen Showroom in Wien auf Tuchfühlung gehen. Marktstart ist 2026.
Mag. Severin Karl
Alle ausverkauft. 250 Bugatti Tourbillon, bereits vergeben. Lange hat es nicht gebraucht: Laut Hendrik Malinowski, Managing Director Bugatti Automobiles S.A.S., hat die erste Vorstellung des Hypercars am Stammsitz in Molsheim im Juni 2024 so eingeschlagen, dass das Kontingent sofort futsch war. Beim Besuch des neuen Showrooms in der Ketzergasse 120 in Wien macht er aber Mut. Immerhin wurden vier Exemplare von Exclusive Cars Wien verkauft, man könnte also durchaus einen Blick darauf erhaschen, wenn man zu richtigen Zeit vor Ort ist. Wieviele in Österreich bleiben, konnte nicht verraten werden, Diskretion ist in dieser Liga alles und das Unternehmen betreut einige weitere Märkte.
Verneigung vor der Verbrenner-Historie
Dass so ein Showroom dennoch nötig ist, auch wenn sich die Autos trotz Summen von 3,8 Millionen Euro (ohne Steuern!) aufwärts wie von selbst verkaufen, bekräftigt Antonia Stubenberg, Direktorin Exclusive Cars Wien: „Die Konfigurationen beginnen erst jetzt.“ Ein entsprechendes Ambiente ist sichergestellt und mit 214 Quadratmetern handelt es sich zudem um einen der weitläufigsten Bugatti-Showrooms weltweit.
Doch nun zum Tourbillon, der das erste Modell unter dem neuen CEO Mate Rimac ist. Viele hätten einen Elektro-Bugatti erwartet, Rimac steht mit seinem nach ihm benannten Unternehmen schließlich für vollelektrische Hypercars. Doch der Kroate verneigt sich vor der Historie und hat sich für einen V16 mit Unterstützung dreier Elektromotoren entschieden. Mit 1.000 PS wirkt der Benziner im Vergleich zu den W16-Vorgängern nahezu schwach – doch die hatten keinen E-Antriebsstrang vorzuweisen. 800 PS dürfen somit noch in die Rechnung einfließen und mit 1.800 PS sieht wiederum selbst ein Chiron Super Sport (1.600 PS) alt aus. Das führt uns kurz zum Design: Hier ist natürlich alles darauf ausgelegt, auch in vielen Jahren noch aktuell auszusehen, die in Wien ebenso anwesenden Vorgänger Chiron und Veyron verdeutlichen das. Wer das Geld anlegen kann, für den dürfte ein Bugatti auf jeden Fall eine sichere Bank sein.
Batterie zum Aufladen – aber wie flott?
Erstmals wird bei einem Bugatti also eine Elektroreichweite angegeben: 60 Kilometer sind in Umweltzonen drin, wenn die 24,8 kWh große Batterie voll geladen ist. Was laut den meisten Bugatti-Heads wohl über den Motor geschicht, wenn in den Modus "Re-Gen" ("regenerieren") gewechselt wird. Unsere Frage nach der Ladeleistung – auf der Fahrerseite gibt es eine Tankklappe, auf der Beifahrerseite eine Ladeklappe – konnte vor Ort jedenfalls nicht beantwortet werden (!). Wichtig: Das ausgestellte (und auf unseren Bildern abgebildete) Modell ist ein Mock-up, wir durften somit nicht einfach die Ladeklappe öffnen und nachsehen, ob eventuell auch eine DC-Lademöglichkeit besteht (wie bei diversen modernen Plug-ins).
Was fällt sonst auf: Im Vergleich zum Chiron kauert der Tourbillon 33 Millimeter flacher über der Fahrbahn. Wie das? Die Sitzschienen wurden eingespart, man kann dafür die Pedalerie verstellen. Designer Frank Heyl betonte vor Ort, dass ein niedrigeres Auto ungleich mehr bringt, als der Luftwiderstandsbeiwert allein. In der Sportwagenwelt können sie riesige Unterschiede erzielt werden, die sich in den Leistungsdaten spiegeln: 445 km/h Spitze, glatte 2 Sekunden auf 100 km/h, unter 5 Sekunden auf 200 km/h und unter 25 Sekunden auf 400 km/h. Die Elektrounterstützung soll für eine lineare Kraftentfaltung sorgen. Und: Dank ausgeklügelter Aerodynamik – der ausfahrbare Heckspoiler wird für das Spitzentempo nicht benötigt – liegt das Fahrzeug bei 445 km/h absolut neutral. Es existieren "weder Lift noch Downforce", so Heyl.
8,3-Liter-Benziner ohne Turbos
Was es für die Reise jedoch gibt, ist ein Kofferraum im Vorderwagen. Auch diesen durften wir noch nicht öffnen, direkt unter der kleinen Klappe finden Besitzer in Zukunft jedenfalls eine Plakette mit ihrer Baunummer: x/250. Und ein maßgeschneiderter Koffer macht es einfacher, schließlich ist das Format des Abteils mehr hoch als breit. Jetzt aber in das Heiligtum, das Cockpit, wo der Instrumentencluster auf dem Lenkrad den Namen Tourbillon aus der Uhrenindustrie rechtfertigt. Zuerst muss man die Schmetterlingstüren elektrisch öffnen, es ist der erste Bugatti seit dem EB110 bei dem die Türen nach oben öffnen. 1991 waren es aber noch Scherentüren. Faszinierend: Während man das Lenkrad dreht, bleiben Instrumente und Lenkradnabe stehen. Die Nabe ist übrigens besonders klein, sieht fast nach Vor-Airbag-Ära aus – dennoch findet der Luftsack natürlich Platz.
Zuguterletzt ein Blick nach hinten, wo die LED-Rückleuchten und das irre lange dritte Bremslicht für eine ganz eigene Lichtsignatur sorgen. Der V16 ist angreifbar, im wahrsten Sinne, denn es gibt keine Abdeckung für den Motor, dessen Kurbelwelle vielleicht einen Rekord in dieser Liga aufstellt: Sie ist einen Meter lang! Bei den W16-Motoren war das kein Thema. Übrigens: Beim 8,3 Liter großen Beziner handelt es sich um einen Sauger, während früher noch zahlreiche Turbos für den steten Kick sorgten. Doch dafür hat der 4,67 Meter lange Tourbillon jetzt mächtige Elektrounterstützung an Bord.
Das erste Bild zeigt Redakteur Severin Karl neben dem 1189 Millimeter hohen Bugatti Tourbillon.