Opel Speedster - im Test | 17.12.2002
Fahren & Tanken
Eigentlich hätten die ersten beiden Kapitel entfallen können, denn Fahren ist das Einzige, um das es beim Speedster wirklich geht.
Im Grunde genommen sitzt du in einem Formel-Auto. Mittelmotor, Heckantrieb, extrem niedriger Schwerpunkt, rundum doppelte Dreieckslenker sowie ein Stabi vorne und zusätzliche Spurstangen hinten, beinharte Federung, vorne speziell entwickelte 175/55er, hinten ebenso exklusive 225/45er auf wunderschönen 17 Zoll Alufelgen.
In Kombination mit dem durchzugsstarken, leichten Triebwerk und dem sensationell guten Fünfgang-Sportgetriebe fliegst du durch Stadt und Land. Die Kurvengeschwindigkeiten, die diese Konstellation möglich macht, sind atemberaubend.
Doch Vorsicht. Eigentlich ist der Speedster an Gutmütigkeit kaum zu übertreffen. Selbst bei kalten und nassen Witterungsbedingungen und einem herzhaften Gasfuß ist das Heck des Sportlers kaum zum Ausbrechen zu bewegen.
Setzt das Heck aber einmal zum Überholen an, hilft nur mehr Glück oder ein wirklich gutes Händchen. Leistet sich ein Durchschnitts-Pilot den Renner, sollte er einen Fahrtechnikkurs gleich mitbuchen, es kann ja nicht schaden zu wissen, wann Schluss sein sollte.
Beschleunigte Fortbewegung erfordert das ein oder andere Mal auch etwas schärfere Bremsereien, die ABS-abgesicherten Scheibenbremsen sind vorne und hinten groß dimensioniert (288 mm), innenbelüftet und packen gnadenlos zu. Gut so.
Weniger gut: Die (nicht-)vorhandene Federung. Aber das soll kein Vorwurf sein, eher eine Warnung an alle potentiellen Speedster-Käufer: Die kompromisslose Ausrichtung auf Straßenlage und Fahrbarkeit erfordert eben eine kompromisslose Federung, da führt kein Weg daran vorbei.
Spätestens nach einer Fahrt auf der Westautobahn, bei der du etlichen Schlaglöchern nicht nur in die Augen geschaut, sondern auch die Hand geschüttelt hast, weißt du, ob deine Bandscheiben in Ordnung sind, oder nicht.
Risikominimierend wirkt allerdings die Einstiegsbeschränkung auf körperlich halbwegs fitte Menschen, auf Fußreihenfolge und Buckelarten beim Einsteigen wird hier aber nicht näher eingegangen, selbst ist der Speedster-Besitzer.
Einen Tipp wollen wir gnädigerweise dann doch geben, er geht an unsere weiblichen Leserinnen: Sollten Sie vorhaben, in einem Speedster Platz zu nehmen – egal auf welcher Seite: Lassen Sie den Rock im Schrank, Sie ersparen sich eine ihrer peinlichsten Situationen.
Apropos peinlich: Achten Sie auf die Tankanzeige. Es sind wirklich nicht mehr als 36 Liter. Und damit kommt man nicht ganz so weit, wie mit einer dieselgetriebenen Mittelklasselimousine. Eher ein psychologisches Problem, wenn du nach 350 Kilometern trocken bist.
Denn vom Verbrauch waren wir positiv überrascht: Einmal 8,9, einmal knapp über 9 Liter im 100 Kilometer-Schnitt. Das ist zwar etwas über der Werksangabe, berücksichtigt man aber Fahrweise und Fahrleistungen, ist der Verbrauch wirklich moderat.
Moderates Fahren dagegen ist quasi unmöglich, der Speedster macht so viel Spaß, dass die Suchtgefahr groß ist, je mehr Kurven, desto mehr Freude...