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Weißer Hai

Das BMW Gran Coupé ergänzt seit 2012 die 6er-Baureihe. Wir testen die zweite Generation des Viertür-Coupés mit Allrad und 313 Diesel-PS.

Text und Fotos: Johannes Toth

Der Begriff Coupé kommt noch aus dem Zeitalter der Kutschen und stand für ein vierrädriges Modell, bei dem der Kutscher vorne im Freien saß und zwei Fahrgäste bequem Platz in der geschlossenen Kabine fanden.

Einige Jahrzehnte später war der Kutscher obsolet, die Pferde waren unter der Motorhaube und die so genannten Herrenfahrer lenkten ihre zumeist luxuriösen und sportlichen Coupés mit vollem Stolz lieber selbst.

Genau in der Fortsetzung dieses Gedankens kann man die 6er Serie von BMW verstehen. Zuerst als klassisches Coupé, dann als Cabrio und seit 2012 in dritter Variation als 4-türiges großes, also Gran Coupé, angeboten. Die BMW-Designabteilung spricht frontseitig von Anleihen an die ersten 6er aus den 70er und 80ern und nennt das Sharknose.

Und so sieht er auch aus. Ein bisschen aggressiv, ein bisschen lauernd wartet er in mattem Weiß vor unserer Redaktion. Das Frozen Brilliant White Metallic liegt übrigens ganz vorn im aktuellen Trend zu matten Lacken, muss einem aber rund dreinhalb Tausender wert sein.

Die gesamte 6er Baureihe wurde einem Facelift unterzogen, aber das wird vermutlich nur Enthusiasten auffallen. Die Front- und Heckschürzen sowie die BMW-Niere wurden dezent neu gestaltet und betonen die Fahrzeugbreite. Die Blinker sind anders angeordnet und die Scheinwerfer machen nun serienmäßig mit LED-Technik die Nacht zum Tag.

Optional und empfehlenswert ist ein Fernlichtassistent mit "Selective Beam" erhältlich. Der erkennt, wen er gerade blenden könnte und leuchtet nur den Rest der Fahrbahn bzw. der Umgebung aus. Beim Überholvorgang wird punktgenau neben dem überholten Fahrzeug wieder aufgeblendet. Das Teil ist im Österreichpaket (5.187 Euro) enthalten und kommt mit anderen nützlichen Details wie Komfortzugang und Rückfahrkamera.

Den Komfortzugang möchten wir bei keinem Fahrzeug mehr missen, weil das lästige Herumschisteln mit dem Schlüssel komplett wegfällt. Mit dem elektronischen Schlüssel in der Tasche zum Auto, Tür öffnen, Einsteigen, Start Knopf drücken und ab die Post.

Nur das mit dem Kofferraumdeckel ist so eine Sache. Madame erwartet inzwischen einen Schalter zum elektrischen Schließen. Sie ist ratlos: „Wie mach' ich den zu?“ „Ganz normal: mit der Hand fest zuwerfen.“

Ein Coupé zeigt der Umwelt immer auch, daß wir es geschafft haben und zu zweit gerade mal mit demselben Platz auskommen, wie andere eventuell zu fünft oder gar zu neunt. Hier macht das BMW Gran Coupé keine Ausnahme. Es ist sogar um einen Millimeter länger als der aktuelle VW Bus T6.

Da gibt es zwar zwei Türen mehr als im normalen Coupé und hinten laut Zulassungsschein drei Sitzplätze, aber eine Chauffeurlimousine ist der 640d GC deshalb noch lange nicht – und will es auch nicht sein.

Aufgrund der schönen, nach hinten abfallenden Dachlinie kann niemand über 1,80 m Größe am Rücksitz ohne seitlichen Kopfknicks Platz nehmen. Der mittlere Sitzplatz hat zwar einen Gurt, aber durch die fette Mittelkonsole keinen mittigen Fußraum. Macht nix. Gute Ausrede, um die Schwiegermutter beim Sonntagsausflug zu Hause zu lassen.

Die optionalen Komfort-Vordersitze lassen sich in jede erdenkliche Richtung verstellen. Seitenwangen enger machen, Oberschenkelauflage verlängern, Rückenlehne mittig zusätzlich neigen – alles elektrisch und dreifach memorabel.

Die Ablagesituation ist eher eng gehalten und der Kofferraum fasst gerade 460 Liter. Zum Vergleich: ein 5er BMW ist zehn Zentimeter kürzer und packt 520 Liter. Die Sicht nach hinten ist mäßig, aber dafür hat der liebe Gott ja die Rückfahrkamera erfunden.

„Und wenn die im Winter schmutzig wird?“ schaltet sich wieder die beste Ehefrau von allen ein. Nix da, wir leben in der Welt der Supercoupés. Die BMW-Techniker haben die Kamera so hinter dem BMW-Logo platziert, daß dieses mitsamt der Cam nur im Retourgang elektrisch ausschwenkt.

Apropos Kamera: in unserem Testwagen waren optionale seitliche Kameras in der vorderen Stoßstange verbaut. Das ist an unübersichtlichen Stellen mit Querverkehr – wie zum Beispiel Ausfahrten – extrem hilfreich, weil wir querende Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Fahrzeuge am Bildschirm sehen, bevor sie für uns mit dem eigenen Auge sichtbar sind.

Auch sonst natürlich an jeder Ecke zumeist optionale Dinge, von denen wir erst dann wissen, dass wir sie brauchen, wenn sie einfach da sind.

Als da wären: Wettervorhersage per BMW-App am klassengrößten Mittelscreen, neben banaler Sitzheizung auch verstellbare Sitzlüftung, rückwärtige Klimaautomatik auch am Rücksitz bedienbar, elektrische Sonnenblenden hinten, superfeines B&O Sound System mit Equalizer und einem mittigen Lautsprecher im Armaturenbrett, der bei jedem Startvorgang elektrisch hochfährt...

Technisch gesehen finden wir vorne im 640d einen 3,0 Liter Sechszylinder mit 313 PS und 630 Nm Drehmoment. Der xDrive bringt die zwei Tonnen des schwächsten Dieselmodells mit Hilfe einer 8-Gang-Automatik in 5,3 Sekunden auf 100 und bei 250 ist BMW-typisch Schluss mit Lustig.

Das Fahrzeug lässt sich am Getriebetunnel unter anderem auf Sport bzw Sport+ trimmen, wird dann allerdings auch für die Autobahn etwas zu hart. Dafür ist das Ansprechverhalten schön direkt und die Power immer ausreichend vorhanden. Die, die´s wissen wollen, können auch bei 200 mit den Lenkrad-Wippen runterschalten und die Kiste raucht noch einmal ordentlich an.

Wegen der Zahlen noch: In ein eigenes 6er Gran Coupé einsteigen geht ab rund 95.900 Euro (gleicher Preis für 640i und 640d). Will man das Drehmoment jederzeit auf den Boden bringen, wie bei unserem Testwagen, dann stehen für die Allrad-Version 640d xDrive genau 101.600 Euro am Preiszettel.

Wer trotzdem nicht genug hat, gönnt sich einen ordentlichen Achtzylinder. Etwa das M6 Gran Coupé mit 560 PS aus 4,4 Liter Hubraum um 164.950 Euro.

Der Verbrauch wird werksseitig mit 5,8 Liter bei einem Ausstoß von 152 g CO2/km angegeben. Im echten Leben und mit etwas Freude am Fahren können das auch schon mal drei Liter mehr werden.

Plus
+ sehr elegantes Design
+ kraftvoll-sparsamer "Einstiegs"-Diesel
+ Luxusgimmicks bis zum Abwinken
+ optionales Headup-Display zeigt viele Infos wie Navi-Hinweise oder sogar Radiosenderliste
+ optionale Lichtautomatik funktioniert perfekt
+ derzeit klassengrößter Mittelscreen lässt sich als Splitscreen individuell konfigurieren
+ intuitive Menüführung und logische Steuerung aller Fahrzeugfunktionen

Minus
- in der zweiten Sitzreihe sollte niemand über 1,80 groß sein
- der Sicherheitsgurt ist am Sitz befestigt und etwas mühsam zu erreichen
- Geschwindigkeitsregler mit Abstandhalter erst ab Tempo 30 aktivierbar

Resümee
Wer ein sportliches Coupé sucht, manchmal aber leider mehr als eine zweite Person mitnehmen muss, hat mit dem 6er Grand Coupé - wenn entsprechend vermögend - sicher seine Freude. Designmäßig am Puls der Zeit und Luxusgimmicks bis zum Abwinken. Motorisch ist bereits der Einstiegsdiesel im 640d eine wirklich ordentliche Option. Und alle, die noch mehr Schmalz benötigen, werden am BMW-Regal zuverlässig bedient.

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