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Se bastasse una cannone

Noch schärfer unterwegs mit dem neuen Huracán Tecnica auf Sardinien. Und als ob das nicht schon genügend Action bieten würde, gibt's obendrauf noch den radikalsten Ableger. Eine Ode an die automobile Freude, den Super Trofeo Omologata oder kurz STO.

Bernd Hammer

Ja natürlich, ich nehme Ihre berechtigte Frage, was Autos wie diese in einem Magazin für "normale Menschen" zu suchen haben, durchaus ernst. Ein Lamborghini ist nun mal kein klassisches Alltagsauto, über dessen Anschaffung man nachdenkt, nur weil der Staat gerade 500,- Euro Klimabonus überwiesen hat. Eventuell kommt auch eine Neiddebatte dazu und dennoch gibt es auch triftige Gründe FÜR solch ein Auto. Zum Beispiel: eine Silhouette wie aus einem Guß, gemacht für die Ewigkeit. Ein reiner V10 mit 5,2 Liter Hubraum. 640 PS nur über die Hinterräder auf die Straße gebracht, um einige zunennen. Mit dem Argument des soliden Werterhalts des vermutlich letzten reinen Verbrenners, wird auch der Finanzverantwortliche zufrieden sein. Somit bitte: Aussteigen. Umsteigen. Aufsteigen. Und einsteigen.

Volare, oh, oh! Cantare, oh, oh, oh, oh!
Wir starten den in elegantem Dunkelblau gehaltenen Tecnica. Sein dumpfes Grollen ist markant, aber auch nicht so, dass man sich die Nachbarn frühmorgens zum Feind macht. Der Huracán Tecnica hat 30 PS mehr als der EVO, ist sechs Zentimeter länger. Die Karosserie wirkt insgesamt athletischer, das markante Y der Lichter nimmt perfekt Anleihe an den Hexagons, welche den Wagen durchziehen und ihren Abschluss auf den beiden Auspuffrohren finden. Über dem Herzstück am Heck liegt die Carbon-Heckabdeckung, oberhalb ein kleines Fenster, das -na ja, sagen wir mal - gut gemeint ist, aber eher weniger zur Rückansicht taugt. Die mäßige Sicht nach hinten kompensiert da eh die Rückfahrkamera. Aber, das ist ein Lamborghini, also Blick nach vorn. Volare, oh, oh, wir wollen über die Straßen fliegen. Die Sicherheitsklappe über dem Startknopf verleiht Souveränität. Erster Gang eingekuppelt und los.

The Sound of Music
Zuerst aber ein wenig kennenlernen. Die heruntergelassenen Seitenscheiben sind unser Philharmoniker-Orchester, unaufgeregt gleiten wir im Strada-Modus dahin.

Die Sitze bieten guten Halt, ohne auf Komfort verzichten zu müssen. Wären nicht die etwas gewöhnungsbedürftigen Blinker, könnte man auch problemlos Oma zum Bäcker schicken. Die 7-Gang-Automatik sortiert die Gänge schnell nach oben, Überholen geht sich aber immer aus. Anders das Ansprechverhalten im Sport-Modus: Gleich ist alles schärfer. Und man merkt, hier findet das wahre Wesen dieses Supersportwagens statt. Sind die Gänge manuell via den (feststehenden) Paddels gewählt, bleiben sie dort für einige Sekunden. Mitarbeit ist gefragt. Die Trompeten röhren Halleluja. Räudig geht es bis 6.000, 7.000, 8.000 Touren. Schnell den nächsten Gang hinein und alles von vorn. Wieder in die Bremsen, bevor die nächste Kurve kommt, es blubbert und rotzt, aber nie derb – immer mit einem Höchstmaß an Würde (die elektronischen Helferlein blieben sicherheitshalber aktiviert auf den sardischen Landesstraßen). Man wird unbescheiden, wünscht sich leere Straßen. Oder noch besser: eine Rennstrecke.

Corsa-Mode. Launchcontrol. 0-100 in 3,2, bis 200 km/h vergehen 9,1 Sekunden. 565 Newtonmeter Schub enden (theoretisch) bei 325 km/h, gefühlt bei der nächsten Kurve. Hier hätte Elwood Blues niemals gerufen: "Oh, Heilige Mutter der gesegneten Beschleunigung, verlass mich jetzt nicht." Ja, liebe Tesla-Fanboys, ihr mögt dabei vielleicht mal irgendwo ein Zehntel schneller auf 100 sein, aber spätestens bei der ersten Kurve überholeich euch außen. Von 100 auf null braucht er übrigens nur 31,5 Meter. Ein weiterer Genuss ist die Außenwirkung, vor allem in Italien. Unzählige Menschen, die freundlich hupen, Fotos machen. Belissima, molto bene und Ähnliches rufen. Hier ist Neid ein Fremdwort.

A Little Less Conversation, a Little More Action Please
Noch eines drauf setzt dem Ganzen der STO. Abgespeckt (etwa mit Schlaufen als Türgriffe), dass man sich fast für das Essen vom Vorabend geniert. Allerdings gäbe es auch hier noch locker Einsparungspotenzial. Den Rückspiegel als solchen braucht niemand, denn Rücksicht gibt es keine. Alles hier ist nochmal würziger und schärfer, gleichzeitig leichtgängig und dank der Allradlenkung formidabel zu fahren. Genau, zu fahren. 75 Prozent der Karosserie wurde aus Kohlefaser gefertigt. Die Lufthutze am Dach, die stabilisierende Finne. Und dann das Riesentrumm von Heckspoiler. Dieses Auto springt dich förmlich an, fordert dich heraus und will einfach nur Spaß haben. Man spürt, wie viel Liebe und Ingenieurskunst hier wohl verarbeitet wurde. Die Maximaldrehzahl liegt bei 8.750. Vergiss Selbstbeherrschung. Fahr los und genieße es. Lamborghini sagt von sich selbst, dass sie nicht (mehr) die schnellsten am Track sind, und wenn man die Geschichte rund um Firmengründer Ferruccio Lamborghini kennt, dann weiß man auch, dass er kein Interesse am Rennsport hatte. Sehr wohl aber um das Erlebnis maximalen Fahrspaßes. Ist euch gelungen. Beim Aussteigen ist man versucht, seriös zu bleiben. Allein – es gelingt nicht.

Happy Birthday to You
Nächstes Jahr feiert die Marke ihren 60. Geburtstag. Persönlich werden sie sich wohl mit dem Countach LPI 800-4 beschenken, einer Jubiläumsversion mit nur 112 Fahrzeugen. Vermutlich ausverkauft, bevor sie auf den Markt kommt. Aktuell nehmen sie noch Bestellungen für den Huracán an, aber es werden mehr bestellt, als sie produzieren können. Aber für welchen jetzt entscheiden? Hier eine Kaufempfehlung: Künstler, Kreative und etwas Extrovertiertere greifen zum STO, diejenigen, die gerne etwas dezenter unterwegs sind, nehmen den Tecnica. Sammler gönnen sich beide. Die Ära der reinen Verbrenner endet, also noch schnell bestellen, auch wenn es vielleicht schon zu spät ist. Und am Ende noch ein "grazie mille" Signore Ferrucci. Fatto molto bene.

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