
55 Jahre alt: VW Karmann Ghia | 08.11.2010
Wirtschaftswunderkind
Es war eine andere Autowelt: Ghia war noch nicht von Ford absorbiert, und der Karosseriebauer Karmann war noch voll im Geschäft.
mid/wa
Grade rechtzeitig zum Staatsvertrag: Der erste VW Karmann Ghia rollte im Jahr 1955 von den Bändern. Bereits 1951 gab es erste Gespräche zwischen dem damaligen VW-Chef Heinrich Nordhoff und Wilhelm Karmann über ein sportliches Coupé. Denn man war sicher, auf der robusten Basis des VW Käfer – genau am 5. August 1955 eine Million mal produziert - auch eine elegante Hülle platzieren zu können.
Das italienische Stylingstudio Ghia lieferte die äußere Form - damals gehörte die Firma noch nicht zum Ford-Konzern. Weil die schnittige Form des Karmann Ghia mehr versprach, als die luftgekühlten 22 kW/30 PS des Motors halten konnten, sprachen Spötter bald vom Hausfrauen- oder Sekretärinnen-Porsche. Das kantig gezeichnete Coupé mit dem zornigen Professorenblick lief schon 1969 nach nur 42.505 gebauten Stück, ein Cabrio gab es nur als Prototyp.
Am Erfolg des ebenso simplen wie stilvollen Coupés änderte das jedoch nichts. Letzten Endes wurden vom Typ 14 mehr als 443.000 Exemplare verkauft.
Wie vom Käfer gab es ab 1957 auch auch eine Cabrio-Variante des Karmann Ghia. Beide wurden bei Karmann gebaut, aber der offene Käfer überlebte den offenen Ghia; er wurde noch bis Anfang 1980 angeboten.
Für den 14 war sechs Jahre vorher Schluss, er musste dem Scirocco Platz machen, den es jedoch ebenso wenig als Serien-Cabrio gab wie den heute fast vergessenen "großen" Karmann Ghia 1500.
Ein interessanter Fehltritt. Zwar bot der Karmann Ghia 1500, der intern unter dem Typencode 34 lief, ab 1961 den Aufstieg in die Coupé-Mittelklasse, aber er konnte es nie mit dem Erfolg des damenhaft verspielten Typ 14 aufnehmen.
Die Technik aller Ghias war dank Käfer-Basis ebenso robust wie DIY-freundlich. Das gilt auch heute noch; Ersatzteilversorgung Motor, Getriebe, Lenkung oder Achsteile stellt keine Probleme dar, während fehlende Chromzier oder Innenausstattung durchaus Sorgen machen können. Deshalb sollte man heute beim Kauf unbedingt auf Vollständigkeit achten.
Anfangs werkte der luftgekühlte Boxermotor im Heck mit 30 PS, am Ende waren es derer 50, im Typ 34 gar 54 Pferdestärken. Als Goldene Mitte kann man jedoch den 34 PS starken 1200er Motor bezeichnen. Mit ihm ist man besonders stressfrei unterwegs und mit einem bei sanfter Fahrweise erzielbaren Verbrauch von rund acht Litern auch noch recht sparsam. Die größeren Vierzylinder mit bis zu 1.584 ccm sind zwar flotter, aber eben auch viel durstiger.