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Rückblick: 50 Jahre Renault 4

Ein echter Kumpel

Der Renault 4 ist ein echtes Kultauto, das rund acht Millionen Mal von den Bändern lief. Jetzt feiert der kleine Franzose seinen 50. Geburtstag.

mid/wa

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Vor 50 Jahren schmähten ihn noch manche als biedere Kiste, den Renault R4. Doch die Konstrukteure des französischen Autobauers hatten auf das richtige Pferd gesetzt: Schon bald trat der kleine Wagen mit dem großen Nutzwert zum Siegeszug an.

Bis in die 90er Jahre sollte das Fahrzeug vom Band laufen - am Ende waren es rund acht Millionen Einheiten.

Sein offizielles Debüt gab der Renault R4, der erst 1965 in Renault 4 umgetauft wurde, auf der Frankfurter IAA im September 1961.

Das Interesse der Messebesucher war erheblich, der schlichte Neuling stahl manchem Boliden die Schau, war der R4 mit seiner Technik der Konkurrenz doch um Jahre voraus.

Das Wägelchen war nicht nur die weltweit erste Kombi-Limousine mit vier Türen, großer Heckklappe, geräumigem Gepäckabteil, Frontantrieb und variablem Innenraum, sondern kreierte auch einen Industriestandard, der in den Grundzügen bis heute Bestand hat.

Der R4 war darüber hinaus das erste Volumenmodell, das auf einem Baukastensystem mit Plattformstrategie basierte. Die Karosserie wurde mit dem Rahmen verschraubt - so ließen sich schnell und kostengünstig verschiedene Versionen realisieren.

Neben der fünftürigen Limousine gab es den nicht minder erfolgreichen Kastenwagen "Fourgonnette", der nur einen Monat später vorgestellt und ab 1962 produziert wurde.

1964 tauchte dann erstmals der Sinpar 4x4 mit Allradantrieb auf, parallel zum praktischen Pick-up. Den R4 gab es ab 1969 auch als Fun-Cabrio ohne Türen mit dem Namen "Plein Air", ein Jahr darauf folgte das Freizeitmobil Rodeo mit bis zu 48 PS.

Die technische Basis des revolutionären Konzepts erwies sich dabei als so tragfähig, dass über die Produktionszeit kaum Modifikationen erforderlich waren. Beinahe unverändert liefen die Bänder - genau 31 Jahre lang -, bis die Blechformen für die Karosserien in der Produktionsstätte im damaligen Jugoslawien während des Balkankriegs zerstört wurden.

Das war das endgültige Aus des Renault 4, der 1992 auch in Kolumbien eingestellt wurde. In Deutschland wurde er wegen der stetig verschärften Abgasbestimmungen bereits 1988 nicht mehr angeboten.

Zu diesem Zeitpunkt - ja eigentlich schon in den 60er Jahren - hatte sich der R4 zum Kultobjekt quer durch alle Schichten gemausert. Er war günstig, solide und praktisch.

Er eignete sich als Umzugshelfer ebenso wie als Liebesnest. Und er war wunderbar bescheiden. Jenseits des Konsumwahns bot sich der kleine Renault als idealer Begleiter an.

Die Idee für den R4 wurde bereits 1956 geboren, als Pierre Dreyfus, damals Vorstandsvorsitzender der Renault S.A., in der Zeitung einen Bericht über die demografische Entwicklung in Frankreich las.

Ihm war umgehend klar, dass ein Auto wie der R4 viele Menschen ansprechen würde und die Bedürfnisse unterschiedlicher Personen erfüllen könnte: von der jungen Familie bis hin zum Rentner-Ehepaar.

Dreyfus Auftrag an seine Entwicklungsingenieure war entsprechend radikal. Er stellte grundsätzlich alle bislang üblichen Konstruktionsprinzipien in Frage - das Vorgängermodell 4CV hatte noch einen Heckmotor und Hinterradantrieb wie der VW Käfer - und löste damit intern heftigsten Widerstand aus.

Doch die Vorgabe, mit völlig freiem Kopf und einem leeren Blatt Papier das Auto quasi neu zu erfinden, erwies sich als einzig richtiger Weg zu einem echten Dauerbrenner.

In den ersten Baujahren arbeitete die Elektrik noch mit sechs Volt und der Anlasser wurde über einen Starterknopf in der Armaturentafel betätigt. Ein Charakteristikum war die so genannte "Revolverschaltung".

Die Gangwechsel wurden dabei mittels einer Stange in den Motorraum übertragen. Die wassergekühlten Reihen-Vierzylinder-Motoren warteten mit Hubräumen zwischen 750 und 1.100 ccm und einer Leistung zwischen 26 PS und 34 PS auf, einzig der "Rodeo" war stärker motorisiert. Die Antriebe waren recht robust und verrichteten zuverlässig ihren Dienst.

Einzig die Rostvorsorge konnte nie wirklich überzeugen - und so sind von den vielen Modellen schon unzählige in die Schrottpresse gewandert. Doch auch die Schneisen, die die Abwrackprämie schlug, ließen den Markt nicht anziehen: angesichts der acht Millionen Stück ist die Situation recht entspannt.

Wer keine Extravaganzen wie den Rodeo sucht oder ein besonders frühes Exemplar, der wird für rund 3.000 Euro schon durchaus ein nettes Auto finden, das sich zudem auch von Laien in Eigenregie warten lässt.

Der Renault 4 ist eben ein echter Kumpel - ein Klassiker für Individualisten.

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