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Bonjour Tristesse

Still und leise hat Citroen kürzlich die Produktion des C6 eingestellt. Damit haben sich die französischen Autohersteller komplett aus dem automobilen Oberhaus verabschiedet .

mid/tl

Dass die Luft für viele Autohersteller ab der oberen Mittelklasse dünn wird, ist eine Binsenweisheit. Der Weltmarkt ist dank BMW, Mercedes und Audi ziemlich fest in deutscher Hand. Daneben haben sich asiatische Hersteller etabliert. Lexus aus dem Hause Toyota oder Infiniti als Nissan-Tochter folgen dem deutschen Dreigestirn auf dem Fuß, wenn es darum geht, die besseren Kreise der Welt mit angemessenen fahrbaren Untersätzen zu versehen. Und inzwischen tummeln sich auch koreanische Anbieter wie Hyundai oder Kia erfolgreich im prestige- und vor allem gewinnträchtigen Markt der Oberklasse.

Die großen Drei aus Frankreich, Citroen, Peugeot und Renault haben dagegen den Anschluss komplett verloren. Mit dem Citroen C6 verabschiedete sich die letzte Limousine für die Oberklasse Made by "Grand Nation" aus der Autogeschichte. Dabei war die 4,90 Meter lange Limousine 2005 mit großen Vorschusslorbeeren an den Start gegangen.

Mit breiter Brust kündigten die Verantwortlichen an, alleine beim Nachbarn Deutschland mindestens 6.000 Exemplare pro Jahr vermarkten zu wollen. Schließlich konnte die Fließheck-Limousine auf eine große Tradion verweisen, die erfolgreiche Modelle wie DS, CX und XM geprägt hatten. Im Euro NCAP-Test erzielte der große Franzose Bestwerte, nicht zuletzt dank einer Innovation zum Fußgängerschutz. Als erstes Auto verfügte der C6 über eine Motorhaube, die bei einem Aufprall pyrotechnisch gezündet dem verunfallten Körper 6,5 Zentimeter entgegen kam, um ihn förmlich aufzufangen.

In sieben Jahren Produktionszeit entstanden lediglich 23 500 C6. Davon fanden gerade 3.531 Wagen einen deutschen Abnehmer. In den letzten Jahren dümpelte der feine Citroen mit überschaubaren zweistelligen Zulassungen pro Jahr im Niemandsland der Auto-Exoten.

Bei der Entwicklung hatten sich die Verantwortlichen durchaus der innovativen Geschichte der Marke besonnen. Der C6 verfügte über das sogenannte "Hydractive-Fahrwerk", dem das englische BBC-Automagazin "Top Gear" seinerzeit den besten Federungskomfort auf dem Markt attestiert hatte. Der C6 profilierte sich als Pionier des Head-up-Displays, das wichtige Informationen in das Blickfeld des Fahrers an die Windschutzscheibe spiegelt. Zur Ausstattung gehörte bereits ein Spurhalteassistent und ein Heckspoiler, der in zwei Stufen bei 65 km/h, beziehungsweise 125 km/h ausfuhr, um den Abtrieb an der Hinterachse bei höheren Geschwindigkeit zu verbessern. Die unverwechselbare Seitenlinie und die auffällig konkav geformte Heckscheibe trug der avantgardistischen Tradition bei der Formgebung großer Citroens Rechnung.

Schon der Traction Avant von 1934 galt als technischer Meilenstein in der Autogeschichte. Als erstes Auto mit selbsttragender Karosserie, Einzelradaufhängung und Frontantrieb setzte der "Gangster-Citroen" Maßstäbe beim Fahrverhalten und Platzangebot. Der Nachfolger DS von 1955 verdiente sich wegen seiner futuristischen Formgebung und dem überragenden Fahrkomfort der Luftfederung den Beinamen "die Göttliche". Teilweise gravierende Qualitätsprobleme schlichen sich ab den Siebzigern bei den großen Citroen ein.

Der Versuch, mit dem SM auch in der Oberklasse Fuß zu fassen, scheiterte nicht zuletzt an den vollkommen unausgewogenen Sechszylindern von Maserati. Qualitativ besonders lausig fielen Konstruktion und Fertigung des CX aus, der zwischen 1974 bis 1991 den Hersteller in der oberen Mittelklasse vertrat. Trotzdem fanden rund 1,2 Millionen Exemplare einen Kunden. Der eher kantige XM, der 1989 erschien, fiel in der Publikumsgunst schon spürbar zurück. Bis 2000 baute Citroen davon rund 300.000 Limousinen und Kombis.

Peugeot als ältester französischer Autohersteller war über Jahrzehnte eine feste Größe im automobilen Oberhaus. So der Peugeot 601, der zwischen 1934 und 1935 in rund 4 000 Exemplaren entstand. Das Cabriolet "Eclipse" mit seinem festen, elektrisch betätigten Dach schrieb Auto-Geschichte. Ab 1975 engagierte sich Peugeot mit dem 604 in der oberen Mittelklasse. Der klar gezeichnete 4,72 Meter lange Viertürer war mit Benzinmotoren ab 136 PS und auch mit Diesel-Motoren motorisiert.

Als Staatslimousine diente der 604 gleichzeitig Frankreichs Staatspräsident Valery Giscard d´Estaing und dem DDR-Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker. Nach mehr als 150.000 Einheiten folgte 1989 der Nachfolger 605. Obwohl qualitativ deutlich besser beleumundet als der Citroen XM, blieb auch dem 605 der Erfolg versagt. Der zwischen 2000 und 2010 gebaute 4,90 Meter lange 607 hatte technisch den Anschluss an die deutschen Premiummarken schon deutlich verloren. Gegen Mercedes E-Klasse oder Audi A6 ließ der letzte große Peugeot Vielfalt bei Antrieben und Kraftübertragungen ebenso vermissen, wie zeitgemäße Assistenz-Systeme. Nach 168.000 Exemplaren des 607 verabschiedete sich im Mai 2010 auch Peugeot aus dem automobilen Oberhaus.

Renault musste ebenfalls den totalen Niedergang in der Oberklasse verkraften. Vom zwischen 1984 und 1992 gebauten R 25 gingen noch mehr als 40.000 Exemplare nach Deutschland. Der bis 2000 gebaute Nachfolger Safrane verlor sich in formaler Belanglosigkeit, was der 4,86 Meter lange Vel Satis ab 2002 mit einem extrem polarisierenden Design richten sollte. Doch das Publikum konnte mit dem exzentrischen 1,7-Tonner nichts anfangen, sodass Renault die Produktion 2009 stoppte.

Den Niedergang der Marke in der oberen Mittelklasse symbolisiert seit 2010 der Latitude. Die gesichtslose 4,90 Meter lange Limousine basiert auf einer Plattform des koreanischen Herstellers Samsung. Mangels Nachfrage strich Renault den Latitude 2012 aus dem Verkaufsprogramm. Damit ist die französische Autogeschichte für die gehobenen Stände endgültig geschlossen.

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