
TÜV enttarnt gefälschte Oldtimer | 21.03.2018
Kriminologie
Mit einer Metallplatte und einer Magnetwalze (Magneto-Resonanz-Verfahren) entdecken TÜV-Experten Manipulationen an der Fahrgestellnummer.
mid/wal
Oldtimer sind manchmal Millionen wert. Doch gibt es feine, aber geldwerte Unterschiede: Eine rare Sonderedition oder eine bestimmte Motorvariante kann den vielfachen Preis des Normal-Modells erreichen.
Auf der Techno Classica in Essen demonstriert der TÜV Rheinland, wie er Fälschern auf die Schliche kommt. "Magneto-Resonanz-Verfahren" heißt die Methode. Sie stammt aus der Kriminalistik und hilft bei der exakten Überprüfung von Seriennummern bei Waffen.
Ganz so martialisch geht es in der Oldtimer-Szene freilich nicht zu. Doch auch sie ist etwas in Verruf geraten. Immer wieder tauchen gefälschte "Raritäten" auf, hinter denen sich Fahrzeuge verbergen, die in großer Stückzahl hergestellt wurden, von kriminellen Kennern aber nachträglich das Aussehen der Autos mit Seltenheitswert verpasst bekamen.
"Dort, wo Oldtimer hohe Preise erzielen, ist die kriminelle Energie nicht weit", sagt Norbert Schroeder, Experte für historische Fahrzeuge beim TÜV Rheinland auf der Techno Classica in Essen. Doch die Szene sei besser als ihr Ruf. "95 Prozent ist von Ehrlichkeit geprägt." Doch gebe es manchmal auch Unwissenheit. Und es komme vor, dass der Verkäufer einer Fälschung zuvor selbst Opfer des Betruges wurde.
Das von der Polizei schon seit längerem angewandte Magneto-Resonanz-Verfahren nutzen TÜV Rheinland und Classic Remise in Düsseldorf und Berlin nun seit rund einem Jahr. "Wir haben gute Erfahrungen gesammelt", sagt Schroeder. Acht vermeintliche Hochkaräter seien in den vergangenen zwölf Monaten aufgeflogen. Es komme auch vor, dass sich manche Verkäufer nicht wieder melden, wenn man ihnen gesagt hat, mit welchen Methoden das angebotene Auto geprüft werden soll.
Bei dem Verfahren wird eine dünne Metallplatte über die Fahrgestellnummer gelegt. Mit einer Magnetwalze fahren die Prüfer dann fest über diese Platte. Dabei gelangen feinste Informationen auf das Metall. Unter Verwendung einer speziellen Software können diese sichtbar gemacht werden. Und siehe da: Die Ziffer 5 war mal eine 4, die 0 eine 6, und eine sichtbare 6 befindet sich in einem Kreis. Die dünne Umrandung besagt, dass die ursprüngliche Ziffer 9 mit einem Laserschneider ganz fein ausgeschnitten und anschließend umgedreht wurde. "Es gibt nicht den Ansatz einer Chance, solche Manipulationen mit dem bloßen Auge zu erkennen", betont Schroeder. Mit dem neuen Verfahren komme man jetzt deutlich weiter.
Gefälscht werden nicht nur Autos, die Millionen kosten. Lukrativ ist die Verwandlung auch schon bei Modellen wie dem BMW 2002, der als "tii" (mit mechanischer Benzin-Einspritzung) 50.000 Euro kostet, ohne "tii" aber nur 15.000 Euro. Ein originaler BMW 2002 tii (Bild unten) ist auf dem Messestand von TÜV Rheinland und Classic Remise zu bewundern. An dem Fahrzeug demonstrieren Schroeder und sein Kollege Sebastian Hoffmann, Oldtimer-Experte der FSP, wie das Magneto-Resonanz-Verfahren funktioniert.
Zu den gerne gefälschten Sondermodellen gehören der Opel Kadett C Coupé in der Version GT/E oder diverse Ford-Modelle als "RS". Die könnten zigtausend Euro mehr wert sein als die einfachen Serien-Brüder. Besonders hoch sei die Fälschungs-Quote bei Porsche, betont der Branchenkenner. "Bei der Porsche-Szene bekomme ich immer einen dicken Hals", gibt Schroeder zu. Vom Porsche 2,7 RS, der damals höchsten Evolutionsstufe des 911er aus den 1970er Jahren, kursierten gefühlt doppelt so viele Exemplare als überhaupt gebaut worden seien. Kein Wunder: Mit einem gut erhaltenen Original werden Preise um die 700.000 Euro erzielt.