CLASSIC

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Zeitzeugen

Eine besondere Classic-Veranstaltung ist das Gaisberg-Rennen rund um Salzburg. Wir waren dabei - am heißen Sitz neben Eberhard Mahle.

mid/jub

Historische Fahrzeuge haben eine riesige Fangemeinde. Gerade in der heute digitalisierten Welt üben die Oldtimer eine große Faszination auf die Menschen aus. Eine ganz besondere Oldtimer-Veranstaltung ist das Gaisberg-Rennen rund um Salzburg.

1929 fing alles an. Einige wagemutige Herren nutzten die damals nagelneue Gaisbergstraße, um mit ihren Sportwagen auf den Gipfel zu rasen. Binnen kurzer Zeit war das Gaisberg-Rennen als Sportevent etabliert und wurde mit dem Nürburgring oder Monza verglichen. Die High Society hatte ihre Freude und der Adel präsentierte seine Raritäten gerne dem Publikum.

1969 ging das historische Rennen letztmals über die Bühne, damals im Rahmen der Berg-Europameisterschaft. Seit 2002 gibt es in Erinnerung daran jedes Jahr diese Veranstaltung für historische Automobile. Im Jahr 2019 wird das 90-Jahre-Jubiläum gefeiert. Nur Automobile bis zum Baujahr 1969 (ausgenommen historisch oder sportlich bedeutende Fahrzeuge bis Baujahr 1979) sind zur Teilnahme zugelassen.

175 Teams aus 13 Nationen und 46 verschiedene Automarken sind im Starterfeld vertreten. Alle Oldtimer am Start sind zusammen rund 10.800 Jahre alt.

Die größte Teilnehmerdichte hat die Marke Porsche. Das Porsche Museum aus Stuttgart unterstützt das Rennen mit seltenen Exponaten wie zum Beispiel dem 356 B 1600 GS Carrera GTL Abarth. Eingeteilt wird das Teilnehmerfeld in drei Klassen: Sport-, Touren- und Rennwagen, Vor- und Nachkrieg. Am Schloss Hellbrunn findet die technische Abnahme für alle Teilnehmer statt, die Kulisse passt.

Prominenz wie Leopold Prinz von Bayern und Porsche Rennfahrer-Legenden Eberhard Mahle und Rudi Lins sind vor Ort. Der Start findet auf dem Residenzplatz mitten in der Mozart-Stadt vor tausenden Fans und Schaulustigen statt. Wertungsläufe auf dem Gaisberg und eine Wertungsfahrt rund um das Salzkammergut stehen für die Piloten und ihre historischen Schätzchen auf dem Programm, bevor Läufe am Salzburgring starten und der letzte Wertungslauf am Gaisberg folgt. Sieger bei der Tour 2019 ist jeder, der dabei war.

Wir haben Rennfahrer-Legende Eberhard Mahle (Bild links) vor Ort begleitet. Er ist einer der erfolgreichsten deutschen Rennfahrer, zu seinen größten Erfolgen zählen Titel wie Deutscher GT-Meister 1957, Deutscher Bergmeister 1959 und Europa-Bergmeister 1966. Das silberne Lorbeerblatt für sportliche Erfolge erhielt Eberhard Mahle 1967 vom Deutschen Bundespräsidenten.

Der Vater gründete die Firma Mahle. Er lehnte die sportlichen Ambitionen seines Sohnes ab und unterstützte ihn mit keinem Pfennig. Eberhard kratzte alle Mittel zusammen, lieh sich Geld und kaufte für 2.500 DM einen DKW. Mit diesem Fahrzeug gewann er 1954 im April sofort die Solitude Rallye.

Im Alter von nun 21 Jahren konnte ihm der Vater nichts mehr verbieten. Also stieg er ein in das Rallye-Geschäft, verdiente zwei Jahre lang Geld und kaufte sich 1957 einen Alfa Romeo. Mit diesem Fahrzeug wurde er Deutscher GT Meister. Nun ging es bergauf.

Ab 1958 fuhr Mahle auf Werkswagen von VW. Aber auch mit einem 400 ccm Gogomobil. Ja, er gewann, aber das Fahrzeug war zu langsam für ihn, sagt er uns. Danach kam ein Borgward 1,5 Liter 1.500 RS im Rennsport. 1.000 Kilometer ging die Strecke nach Berlin. Da der Drehzahlmesser kaputt war, fuhr Mahle nur nach Gehör.

Weibliche Fans hießen damals "Boxenluder". Mahle erzählt, um den negativen Beigeschmack zu entschärfen, wurde der auch nicht sehr charmante Name "Rennpokal" für die Damen erfunden. Manch einer seiner Piloten-Kollegen kam direkt vom Schäferstündchen zum Rennen.

Wenn sich die Fahrer über Nacht mit Damen vergnügten, konnten sie laut Mahle besser und weicher fahren. Bis in die 1970er Jahre war es gang und gäbe, mit den schönen Frauen an der Rennstrecke zu turteln. In dieser Zeit sind allerdings jedes Jahr mehrere Piloten tödlich verunglückt.

Eberhard Mahle erzählt: "Das war eben noch die Zeit ohne Sicherheitsfeatures. Früher waren die Rennen gefährlich und es wurde wenig Geld verdient. Heute ist es genau umgekehrt. Es wird nicht mehr so rasant gefahren, aber die Gelder sprudeln. Motorsport war gefährlich und Sex war sicher." Nach seinem letzten Rennen hat er sich eine Fluglizenz als Berufspilot erworben und war dann noch rund 20 Jahre als Pilot mit eigener Firma tätig. Später wurde das Unternehmen an die Lufthansa verkauft. Er erzählt: "Ich habe bisher ein saumäßig interessantes Leben gehabt."

Beim historischen Gaisberg-Rennen bin ich als Co-Pilotin dabei. Eberhard Mahle pilotiert den 356 B 1600 GS Carrera GTL Abarth. Dieses Fahrzeug aus dem Jahr 1960 wurde nur 20 Mal gebaut. Sicherheitsgurt Fehlanzeige, die Motoren dröhnen, Herr Mahle streift sich seine alten Lederhandschuhe über und gibt Vollgas. Mit 86 Jahren ist er topfit. Ich halte mich am Lederriemen fest und vertraue auf ihn. Tausende Zaungäste winken uns zu, so fühlt sich wohl Star-Ruhm an. Dass er der Sohn des Firmengründers Mahle ist, ein Unternehmen mit weltweit 80.000 Menschen, und so ganz nebenbei noch fünf Sprachen spricht, ist bei unserer Rallye-Tour nie Thema. Schwäbische Bescheidenheit. Eine Tugend, welche die Rennfahrer-Legende Eberhard Mahle noch imponierender macht.

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