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Eine Ikone feiert Geburtstag

Von 1963 bis 1971 gebaut, gilt der 230 SL (W 113), oder einfach "Pagode" für Kenner, als einer der ironischsten Roadster der Automobilgeschichte. Nun feiert er Geburtstag. Zeit für einen Rückblick auf sein bewegtes Leben.

Sportlich, komfortabel und ein Meilenstein in Sachen Sicherheit gleichermaßen. Als Mercedes-Benz vor ziemlich genau 60 Jahren auf dem Genfer Automobilsalon (14. bis 24. März 1963) das Tuch vom neuen Mercedes-Benz 230 SL (W 113) zog, waren die Erwartungen extrem hoch. Unter anderem auch, weil er gleich zwei Fahrzeuge ablöste: den 300 SL Roadster (W 198) und den 190 SL (W 121). Dass er damals, aber auch auf Dauer überzeugen konnte, zeigt die Wertentwicklung. Die Typen 230 SL, 250 SL sowie 280 SL sind allesamt begehrte Klassiker. Gut erhaltene Exemplare der Baureihe W 113 rangieren im Marktspiegel von Classic Data für 2022/2023, etwa für einen 230 SL im Bestzustand (Note 1) in Preisregionen um 128.000 Euro, während für einen 280 SL 156.000 Euro angegeben werden.

Die Gründe dafür sind zahlreich. Die Pagode konnte sowohl auf der Straße, der Leinwand und der Rennstrecke überzeugen. Herausragend ist etwa der Sieg von Eugen Böhringer und Klaus Kaiser bei der mehr als 5.000 Kilometer langen Marathon-Rallye Spa–Sofia–Lüttich vom 27. bis 31. August 1963. Im Folgejahr erreicht das Duo ebenfalls mit dem 230 SL Platz 3 bei dieser Langstreckenrallye.

Wegweisend für Sportwagen der Zeit war aber nicht unbedingt nur seine Performance, sondern vor allem das Sicherheitsniveau des W 113. Die Rahmenbodenanlage des 230 SL stammt von den Mercedes-Benz Limousinen der Baureihe W 111. Sie ist gegenüber den Viertürern verkürzt und verstärkt. Die „Heckflosse“ ist 1959 der weltweit erste Personenwagen mit Sicherheitskarosserie, entwickelt vom Mercedes-Benz Sicherheitspionier Béla Barényi. Die „Pagode“ profitiert als erster Sportwagen vom Prinzip der stabilen Fahrgastzelle mit Knautschzonen vorn und hinten. Hinzu kommt die hohe Fahrsicherheit des aus der Limousine übernommenen Fahrwerks. Es ist auf die Ansprüche des Roadsters abgestimmt. Die Federung ist straff und zugleich für einen Sportwagen der 1960er-Jahre fast untypisch komfortabel. Erstmals bei einem SL-Sportwagen ist auf Wunsch ein Viergang-Automatikgetriebe erhältlich. Bereits der 230 SL hat Scheibenbremsen an den Vorderrädern. Ab dem 1967 präsentierten 250 SL ist auch die Hinterachse mit Scheibenbremsen ausgestattet.

Apropos Motoren: Mercedes-Benz bot diesen SL in seiner achtjährigen Bauzeit sukzessive mit drei verschiedenen Motoren an. Das unterscheidet ihn von den Typen 300 SL und 190 SL. Die Motoren dieser beiden ersten, 1954 vorgestellten Seriensportwagen der SL-Tradition sind bis 1963 jeweils nahezu unverändert. Der sportlich ausgelegte Sechszylindermotor M 127 des 230 SL basiert auf dem M 180 des 220 SE. Der Hubraum ist für den Einsatz im SL auf 2.306 Kubikzentimeter vergrößert. Das Aggregat leistet 110 kW (150 PS), die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 200 km/h, und der Sportwagen beschleunigt aus dem Stand in 11,1 Sekunden auf 100 km/h. Ende 1966 löst der 250 SL den 230 SL ab. Sein Reihensechszylindermotor M 129 verfügt über 2.496 Kubikzentimeter Hubraum. Leistung (110 kW/150 PS) und Höchstgeschwindigkeit (200 km/h) entsprechen dem 230 SL. Allerdings verkürzt das höhere Drehmoment die Beschleunigung von null auf 100 km/h um 1,1 Sekunden. Zudem erhält der 250 SL einen Bremskraftregler, vorn größere Bremsscheiben und zusätzlich an den Hinterrädern ebenfalls Scheibenbremsen.

Ein weiterer Unterschied: Der 250 SL ist auf Wunsch mit Coupédach und Fondsitzbank lieferbar. Diese „California“-Ausführung ergänzt die vom 230 SL bekannte Karosserievariante als Roadster mit Stoffverdeck und abnehmbarem Coupédach. Mercedes-Benz zeigt die Version mit Fondsitzbank erstmals im März 1967 auf dem Genfer Auto-Salon. Der „California“ besitzt weder Roadsterverdeck noch Verdeckkasten, um Raum für die hintere Sitzbank zu schaffen.

Der 280 SL mit dem 2.778 Kubikzentimeter großen Reihensechszylindermotor M 130 erscheint 1968. Es ist die dritte und erfolgreichste Version der Baureihe W 113. Die Leistung steigt auf 125 kW (170 PS). Die Beschleunigung von null auf 100 km/h gelingt dem 280 SL in neun Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt nach wie vor bei 200 km/h. Im März 1971 endet die Produktion des W 113 nach insgesamt 48.912 gebauten Fahrzeugen. Hierbei entfallen 19.831 Exemplare auf den 230 SL, 5.196 auf den 250 SL und 23.885 auf den 280 SL.

Doch woher kommt eigentlich der Name "Pagode"? Das ist seinem Designer zu verdanken: Friedrich Geiger. Er verpasst dem klassisch-elegant gezeichneten Roadster ein optionales Hardtop, dessen nach innen gewölbte Dachfläche an asiatische Tempelbauten erinnert. Also an "Pagoden“.

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