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Wer wird Formel1-Weltmeister 2002?

Die große Saisonvorschau 2002: wir bewerten die Stärken und Schwächen der F1-Teams, von Ferrari bis zum Neueinsteiger Toyota.

Bernhard Eder

Schafft es Michael Schumacher, seinen insgesamt fünften WM-Titel zu holen und sich damit auf eine Stufe mit dem legendären Juan Manuel Fangio zu stellen? Findet McLaren-Mercedes zur alten Stärke der späten 90er-Jahre zurück?

Kann BMW-Williams den Aufwärtstrend der vergangenen Saison fortsetzen und erstmals ernsthaft um den WM-Titel mitkämpfen?

Oder aber schafft es ein aussichtsreicher Außenseiter wie Sauber oder Renault, die großen Drei zu ärgern? Fragen über Fragen, die wenigen Tage vor dem Saisonauftakt 2002 in Melbourne für heiße Diskussionen sorgen.

Ferrari: der Favorit

Ferrari war in den letzten drei Jahren mit zwei Fahrer- und drei Konstrukteurstiteln (2000 und 2001 jeweils das Double!) das Maß der Dinge. Kein Wunder, dass die Scuderia in Expertenkreisen auch heuer wieder als Top-Favorit für den Titel gehandelt wird. Die Erfolgsmannschaft mit Michael Schumacher, Jean Todt, Ross Brawn und Rory Byrne konnte gehalten werden, Rubens Barrichello wird weiterhin wertvolle Schrittmacherdienste für "Chef Schumi" leisten – ein nicht unerheblicher Vorteil gegenüber der Konkurrenz von McLaren und Williams, die ihre Fahrer traditionellerweise relativ frei agieren lässt.

Kleines Fragezeichen: wann kann die Scuderia erstmals den neuen F2002 einsetzen? Den Saisonstart bestreiten die Roten bekanntlich mit dem alten F2001, und in den letzten beiden Jahren hat Schumi den Grundstein für seine WM-Titel bereits in den ersten Rennen gelegt...

McLaren: der Herausforderer

Nach zwei Saisonen ohne WM-Titel wollen die Silbernen mit runderneuertem Paket zu neuen Höhenflügen aufbrechen. Jungstar Kimi Raikkonen ersetzt den karenzierten Doppelweltmeister Mika Hakkinen, auch auf dem Reifensektor hat man sich verändert: McLaren-Mercedes setzt heuer auf Michelin-Pneus. Die Ergebnisse des Testwinters geben Hoffnung: Der neue MP4-17 hat sich auf Anhieb als schnell und zuverlässig erwiesen.

Während von Raikkonen im ersten Jahr bei den Silbernen wohl niemand den WM-Titel erwartet, wird für David Coulthard 2002 eine ganz entscheidende Saison: der Schotte, in der Vergangenheit meist im Schatten von Mika Hakkinen, muss endlich beweisen, dass er ein Nummer-1-Pilot ist, der ernsthaft um die WM mitkämpfen kann – in den letzten beiden Jahren war Coulthard nach gutem Saisonstart in Saisonhälfte zwei jeweils stark zurückgefallen...

Williams: mit BMW-Power zum Erfolg?

Im dritten Jahr der britisch-bayrischen Zusammenarbeit sollte das Team von Sir Frank erstmals ernsthaft um den WM-Titel mitmischen können. Der BMW-Motor war schon im Vorjahr der wohl stärkste des gesamten Feldes, das neue Aggregat dürfte nach den Eindrücken des Testwinters noch einmal eine Steigerung darstellen. Dafür hat´s in den letzten Wochen das eine oder andere kritische Wort über das neue Chassis gegeben – aerodynamisch noch nicht ausgereift, so der Grundtenor.

Gespannt darf man auf das Stallduell Ralf Schumacher – Juan Pablo Montoya sein. Beide Fahrer haben im Vorjahr deutlich gezeigt, wozu sie im Stande sind. Und der Umstand, dass Ralf und Juan – vorsichtig ausgedrückt – nicht die besten Freunde sind, verleiht dem Duell zusätzliche Brisanz. Früher oder später wird wohl das Thema “Stallregie“ zur Sprache kommen müssen, will man im Kampf gegen Ferrari und McLaren-Mercedes bestehen.

Sauber: Jahr der Bestätigung

2001 war Sauber mit Rang vier in der Konstrukteurs-WM das Aufsteiger-Team des Jahres – 2002 gilt es für die Schweizer, diese Leistung zu bestätigen. Die starken Performances des Testwinters lassen vermuten, dass die Saubermänner ihre Vorhaben, weiterhin "Best of the rest" zu sein, umsetzen werden können - vor allem das Chassis des C21 scheint sehr gelungen.

Mit Nick Heidfeld (24) und Felipe Massa (20), der Kimi Raikkonen ersetzt, hat Peter Sauber nach wie vor das jüngste Fahrerduo im Circuit. Heidfeld ist eine bekannte Größe – dem Deutschen ist es zuzutrauen, den einen oder anderen Podiumsplatz herauszufahren. Bei Massa ist erst abzuwarten, ob er in die Schuhstapfen seines Vorgängers Kimi Raikkonen treten kann...

Jordan: zurück zu alter Stärke?

Nach zwei mehr oder weniger durchwachsenen Saisonen will Eddie Jordan mit seiner Truppe wieder auf die Siegerstraße zurückkehren, wie der Ire bei der Präsentation des neuen EJ12 vollmundig angekündigt hat. Ob´s gelingt, darf zumindest bezweifelt werden – der EJ12 hat im Laufe des Testwinters nicht wirklich überzeugen können.

Die Jordan-Asse im WM-Poker sind Heimkehrer Giancarlo Fisichella und Takuma Sato – ein Tribut an Motorenpartner Honda. Während an den Qualitäten Fisichella´s kein Zweifel besteht, ist Sato eine Unbekannte: der junge Japaner hat zwar im Vorjahr eine tolle F3-Saison abgeliefert, die Formel 1 ist allerdings bekanntlich ein etwas härteres Pflaster...

BAR: Honda fordert Erfolge

British-American-Racing versucht mit einem neuen Teamchef endlich den Sprung vom braven Mittelfeld-Rennstall zum Siegerteam zu schaffen – einen Tag vor der Präsentation des neuen BAR004 wurde Craig Pollock entlassen, sein Nachfolger ist Ex-Benetton-Boss und Rallye-WM-Zampano Dave Richards. Geht man nach den gezeigten Leistungen des Testwinters, wartet auf Richards und seine Truppe noch jede Menge Arbeit – dem BAR004 fehlten auf die Top-Zeiten der Konkurrenz zwei Sekunden und mehr.

Abzuwarten bleibt auch, wie sich die Entlassung Pollock´s auf die Leistungen von Jacques Villeneuve auswirkt – der Ex-Weltmeister hatte nicht zuletzt aus Freundschaft zu Pollock dem Team auch in schwierigen Tagen die Treue gehalten. Sollte man 2002 nicht den Sprung ganz nach vorne schaffen, wird sich Villeneuve wohl Ende der Saison verabschieden. Druck gibt´s auch von Motorenpartner Honda: im dritten Jahr der Zusammenarbeit werden endlich volle Erfolge erwartet.

Renault: sticht das Trumpf-Ass Motor?

Im Vorjahr fuhren die Franzosen noch unter Benetton-Flagge, heuer ist man erstmals seit Mitte der 80er-Jahre wieder als reinrassiges Renault-Werksteam mit dabei. Nachdem die Kinderkrankheiten des revolutionären V10-Motors (110 Grad Zylinderwinkel!) auskuriert scheinen und auch das neue Chassis einen guten Eindruck macht, darf der Truppe von Teamchef Flavio Briatore heuer eine deutliche Leistungssteigerung (2001 gab´s WM-Rang sieben) zugetraut werden.

Auf dem Fahrersektor verfügt Renault über ein Duo, das seine Qualitäten in der Vergangenheit schon eingehend demonstriert hat, wenn auch das Jahr 2001 für beide Fahrer wenig zufrieden stellend verlief. Sowohl Jarno Trulli als auch Jenson Button werden 2002 Teamchef Flavio Briatore beweisen wollen, was in ihnen steckt, auf der Ersatzbank lauert zudem mit Fernando Alonso eines der größten Talente der F1.

Jaguar: Lauda macht den Katzen Beine

Im ersten vollen Jahr mit Niki Lauda an der Spitze des Teams sollte den Grünen endlich ein entscheidender Schritt nach vor gelingen, wenn die Top Drei wohl auch weiterhin außer Reichweite bleiben. Dass Lauda gewillt ist, seine Truppe mit allen Mitteln an die Spitze zu führen, hat er im Testwinter bereits angedeutet: Technikchef Steve Nichols musste noch vor dem ersten Saisonrennen den Hut nehmen – eine Konstruktionspanne beim Frontflügel des neuen R3 wurde dem Engländer zum Verhängnis.

An der Fahrerfront setzt man bei Jaguar auf Kontinuität: Eddie Irvine und Pedro de Rosa gehen in ihre zweite gemeinsame Saison bei den Raubkatzen. Falls das Team die notorische Qualifyingschwäche des Vorjahrs ablegen kann, sollten die beiden Routiniers wesentlich mehr Punkte sammeln als im Vorjahr.

Arrows: sind die neuen Pfeile scharf?

Den runderneuerten Pfeilen ist heuer eine deutliche Steigerung gegenüber 2001 zuzutrauen: mit dem Wechsel des Motorpartners (Ford-Cosworth statt Asiatech) verfügt man über die gleichen Aggregate wie Jaguar, die paar PS mehr unter der Motorhaube kann das Team von Tom Walkinshaw gut gebrauchen. Als Chefdesigner konnte Sergio Rinland gewonnen werden, der Argentinier hat bereits mit dem Bau des letztjährigen Sensationsautos Sauber C20 bewiesen, was er kann.

Last but not least hat Walkinshaw mit Heinz-Harald Frentzen einen Fahrer engagiert, der sich schon in die F1-Siegerlisten eingetragen hat und es nach seiner verpatzten Saison 2001 heuer sicher noch einmal wissen will. Als Nummer zwei im Team entschied sich Walkinshaw für den jungen Brasilianer Enrique Bernoldi und gegen Jos Verstappen. Für den “Boss“ nach `96 bereits der zweite - unfreiwillige - Abschied von Arrows.

Minardi: auch 2002 die rote Laterne?

Die Italiener werden es auch heuer schwer haben, ihre Rolle als Schlusslicht der Formel 1 abzugeben. Finanziell steht man seit der Teamübernahme durch Paul Stoddart Anfang 2001 auf gesunden Beinen, auch aufgrund der Malaysien-Connections des Rennstalls.

Wie sich die personellen Änderungen auf die Performance Minardi´s auswirken werden, bleibt abzuwarten: zum einen müssen die Italiener der Abgang von Design-Genie Gustav Brunner verkraften, zum anderen hat sich Ausnahmetalent Fernando Alonso Richtung Renault verabschiedet – das Minardi-Duo für 2002 heißt Mark Webber – Alex Yoong. Pluspunkt: anstatt der leistungsschwachen Ford-European Motoren geht man heuer mit dem doch wesentlich stärker einzuschätzenden Asiatech-Motor an den Start.

Toyota: was schaffen die Debütanten?

F1-Neuling Toyota ist die große Unbekannte: in ihrer Debütsaison werden die Japaner wohl noch Lehrgeld zahlen müssen - es gilt, nach einem Jahr auf den Testpisten endlich Grand-Prix-Erfahrung zu sammeln. Chef-Designer Gustav Brunner hat das Auto eher konservativ angelegt, die Ergebnisse des Testwinters haben bereits angedeutet, dass man anfangs wohl in den hinteren Regionen des Feldes zu finden sein wird.

Das Fahrerduo heißt Mika Salo – Allan McNish, vor allem das Potential von F1-Rookie McNish ist schwer abzuschätzen. Größtes Toyota-Plus: die unglaublichen Ressourcen des Rennstalls – im Laufe der Saison wird man in der Kölner F1-Fabrik der Japaner nichts unversucht lassen, um den TF102 auf Vordermann zu bringen.

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