Aprilia Tuono Fighter – im Test | 24.03.2004
Verzögerung
Text: Prob, Fotos: Der Haliklik
Ja, ja, ich weiß, wer bremst verliert, aber probieren Sie einmal die SS 73 zwischen Monte San Savino und Collona di Grillo im Zwei-Mann/Frau-Betrieb ohne beherzten Einsatz von Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand zu fahren...ciao, ciao, amore! Deshalb gibt's den Teil 2 des Umbauplanes:
Verzögerungssicherung
Man nehme einen Oxford-Sports-Magnettankrucksack, trenne den Bauchgurt inkl. Männchen und Weibchen vom Schnallenverschluss ab, lasse beim nächsten Schlüssel/Schuhreparatur-Dienst das Weibchen unter der abzippbaren Bauchtasche wieder annähen und wickle das verbleibende Männchen um den Bügel, der dem Pilotensitz Halt verleiht. Jetzt benötigt man einen Gurtstraffer vom Schuster (für Taschen, zum Reduzieren der Länge): Gewünschte Spannung einstellen – fertig.
Nach dieser Lobpreisung meines Erfindergeistes wird mancher Leser vielleicht meinen: „Ja, spinnt der, das scheuert den Lack doch in Null Komma nix durch“? (siehe verflossene Beziehungen wie ZZR, VFR, XX...mit Gepäcknetzen etc.), aber: Dickes Lob nach Aprilialand, der Aprilialack ist vielen Japanerinnen mit einer sonst eigentlich sehr guten Endverarbeitung um Längen überlegen. Wenn Laetitia Casta über die Qualität des Klarlacks Bescheid wüsste, würde sie vermutlich mit fliegenden Fahnen von L'Oréal zu den Italienern überlaufen.
Bleiben wir gleich beim Lack der Tuono und den erhältlichen Farben. Über die Farbgestaltung der gemieteten Grazie möchte ich nur sagen, dass ich anfangs mit dem Militarylook in Grau und Goldbraun(?) nicht viel anfangen konnte. Aber da die Tuono in einem wunderschönen Ferrarirot zu haben ist, entspannte sich mein rotlastiges Auge sogleich wieder – die unverbesserlichen Individualisten greifen besser gleich zur Aluminiumiversion.
Je länger wir mit der Fighter unterwegs waren, umso besser gefiel uns die Farbe in dezentem Armanigrau (merken Sie den plötzlichen O-Ton?). Nicht nur uns, denn bei unserem Auftritt in der Toskana (700 km in zwei Tagen) bemerkten wir mit Erstaunen, welches Interesse an diesem Donnerbolzen im Tarngewand herrschte, egal, ob vom Restaurantbsitzer am Golf von Baracci (bei Piombino, übrigens sensationelle Benette al scampi i asparagi) oder vom Tankstellen-Pächter in Montepulciano (mit allen Ducatipostern der letzten 20 Jahre an der Wand).
Die neugierigen Blicke der geschlossenen 600er-Klasse der unter 25jährigen in Larderello (SS 439 Richtung Norden), detto auf der Sonnenterasse von Volterra, haben sogar mich überrascht. Während ich aus entsprechender Entfernung die nur durch die Körpersprache verständlichen Statements genoß, irritierte mich unterdessen meine Begleiterin mit Fragen wie „Warum hat unsere Aprilia nicht so praktische Haltegriffe wie diese VFR hier?“
Nach kurzem Schock über diesen Fehlgriff der Konversation führte die Antwort „Es ist eben verdammt hart, die Schönste zu sein!“ dazu, dass diese ketzerische Frage zurückgezogen wurde (was extrem selten vorkommt, Anm.). Ob die Aprilia Tuono Fighter nicht nur die schönste, sondern auch die beste nackte Kämpferin ihrer Klasse ist, weiß ich nicht, aber den Spaß, den diese Gerät einem ehemalig gebückten Reisenden gemacht hat, den kann ich nur ganz dick unterstreichen.