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Formel 1: Hintergrund

Zuber & Soucek in der Motorline.cc-Analyse

Die beiden "GP2-Andis" Zuber und Soucek brillierten bei Tests. Zuber steht vor dem ersten Formel 1-Test. Sind die beiden "halben Österreicher" gut genug für die Formel 1?

Michael Noir Trawniczek
Fotos: GP2 Media Service

Nach dem Rücktritt von Alex Wurz droht erstmals wieder ein Jahr ohne einen Österreicher in der Formel 1. Lediglich Christian Klien soll sich noch im Rennen um ein Stammcockpit befinden, angeblich verhandelt er mit zwei Teams. Ein Grand Prix-Comeback wäre ihm und auch uns zu wünschen. Ein leichtes Unterfangen ist das jedoch nicht...

Und wie sieht es mit dem restlichen heimischen Nachwuchs aus? Jener Konzern, welcher eigentlich für diesen sorgen und ihn gar auf einer eigens installierten "Motorsportakademie" unterrichten wollte, hat keine heimischen Schäfchen mehr im Stall. Sie sind alle entweder zerbrochen, geflüchtet oder gekündigt worden.

Aber es gibt "unsere GP2-Andis" - Andreas Zuber und Andy Soucek. Die beiden haben einiges gemeinsam, unterscheiden sich aber auch. Beide haben ohne RB-Gelder etwas auf die Beine gestellt - beide sind "halbe Österreicher". Zuber fährt mit einer Lizenz aus Dubai, Soucek ist Österreicher, lebt jedoch in Spanien, ist dort auch aufgewachsen.

Bei den GP2-Testfahrten [siehe Bericht in unserem Motorsport-Channel, d. Red.], die am Dienstag und am Mittwoch in Le Castellet abgehalten wurden, legten sich die beiden mächtig ins Zeug. Zuber dominierte in dem für ihn neuen Minardi Piquet-Team (nur Platz 11 in der Teamwertung) den ersten Tag, stellte einen GP2-Rundenrekord auf, der auch am Mittwoch nicht pulverisiert werden konnte. Da saß Zuber schon wieder im Wagen von Campos - und belegte die Ränge zwei und drei. Soucek wiederum fuhr in jenem DPR-Team, mit dem er am Saisonbeginn noch hinterherfuhr, am Ende jedoch zweimal das Podest bestürmen konnte. Am zweiten Tag empfahl auch er sich für Höheres: zweimal Platz vier - in einem Feld von 26 jungen, hungrigen Piloten, zum Teil aber auch gestandene Größen wie Luca Filippi, der Vizemeister 2007.

Andi Zuber

Sind Zuber und Soucek unsere Hoffnung? Sodass es also bald wieder einen heimischen Formel 1-Piloten geben wird? motorline.cc hat beide Andis kennengelernt und in der letzten Saison immer wieder vor Ort beobachtet. Und die Antwort lautet definitiv: Ja, höchst wahrscheinlich. Allerdings ist ein Stammcockpit in der kommenden Saison unrealistisch, für beide Andis.

Wilder Hund

Zuber ist quasi um ein Jahr oder streng genommen zwei GP2-Jahre voraus, er wird am 13. November sein lang ersehntes Formel 1-Debüt geben - bei einer Fahrersichtung von Honda. Optimal wäre für Zuber eine kombinierte Saison als F1-Tester und GP2-Pilot. In der kommenden Saison muss er quasi um die GP2-Meisterschaft fighten, was den Druck gehörig erhöht.

Zuber ist schnell, jedoch manchmal ein bisschen ungestüm - doch besser ein "wilder Hund", der von Beginn an schnell ist und eben noch ein bisschen gezähmt werden muss, als einer, dem von Anfang an die entscheidenden paar Zehntel fehlen. Zuber fehlen sie nicht.

Philosoph

Soucek hat sein Lehrjahr in der GP2 absolviert. Es war hart. Es war sehr hart. In der World Series by Renault kämpfte er 2006 um den Titel - in der GP2 stand er zunächst hinten, musste sich umstellen, was nicht leicht war, er grübelte viel. Soucek hat wie Zuber den Speed, er ist aber eher nachdenklich, fast schon philosophisch. Eine Eigenschaft, die einem Erkenntnisse bringt, die einem auch im Umgang mit den Menschen ein wenig mehr in die Tiefe gehen lässt - sie kann aber auch zum Bumerang werden, wenn es einmal nicht klappt und man sich zu zerfleischen beginnt.

Andy Soucek

Doch das harte Lehrjahr hat Soucek am Ende bravourös gemeistert. Und scheinbar hat auch sein Team DPR einen Schub bekommen - ob dieser ausreicht, ob DPR das richtige Team für das zweite GP2-Jahr des Andy Soucek ist, kann nur er wissen.

Begleiter

Zuber besitzt mit Erwin Göllner einen optimalen Begleiter, der mit allen Rennwassern gewaschen ist. Soucek hat mit Vater Dieter einen sympathisch offenen Mann zur Seite, der sich ebenfalls sehr viele Gedanken macht, der seinen Sohn in keiner Weise drängt - bleibt nur zu hoffen, dass die sympathischen Souceks nicht zerfressen werden im Haifischbecken Formel 1. Doch das erste GP2-Jahr hat ihnen bereits gezeigt, was los ist und sie haben bereits einen Panzer entwickelt - ohne dem ist ein Überleben auch in der "kleinen Formel 1" unmöglich.

Was auch immer passiert - eines sollten die beiden tunlichst nicht mehr tun: Sich einander hart in die Kiste fahren, wie sie das in Monza, in der schnellen Parabolica getan haben - wer diesen Crash gesehen hat, weiß wovon die Rede ist.

Charakterkopf

Eines ist auch klar: Die beiden Andis würden sich wunderbar ergänzen. Das Wilde von Zuber gepaart mit der Nachdenklichkeit von Soucek würde quasi den "optimalen Piloten" ergeben. So aber wird jeder der beiden seinen eigenen Weg beschreiten. Ob tatsächlich auch beide in der Formel 1 landen werden, ist heute noch nicht abzusehen - doch das Zeug dazu haben beide.

Unabhängig von den Leistungen oder von der "Österreicherfrage" muss noch hinzugefügt werden: Sowohl Zuber als auch Soucek sind eigene Charaktere. Zuber manchmal richtig erfrischend ungehobelt ("Die wollen halt auch einen F1-Fahrer", GP2-Pilot Zuber über seine Sponsoren aus dem Nahen Osten), Soucek mit interessanten Aussagen, die zudem durch sein spanisches Deutsch erfrischt werden ("Entschuldige mein schlechtes Gesicht"). Beide wären auch in dieser Hinsicht eine echte Bereicherung für die Formel 1.

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