
Jochen Rindt - der erste Popstar der Formel 1 | 03.09.2010
Er lebt noch immer – in den Herzen seiner vielen Fans…
motorline.cc bei der Eröffnung der Ausstellung „Jochen Rindt - der erste Popstar der Formel 1“. Es kamen viele – und er bewegt immer noch…
Michael Noir Trawniczek
Fotos: Galerie WestLicht (Milan Schijatschky, Max Scheler, Ferdi Kräling, Rainer Schlegelmilch/Gerhard Krejci)
Wer da vorne spricht – man hört es nur, man sieht ihn nicht. Auf der Bühne Niki Lauda, Helmut Marko, Gerhard Berger, Jacky Ickx und Kurator Hans Geist. Die Leute stehen dicht nebeneinander wie bei einem Popkonzert. „Der erste Popstar der Formel 1“, lautet der Titel eines Buches von Fotograf Ferdi Kräling und einer Fotoausstellung in der Wiener Galerie „WestLicht“, anlässlich der 40. Jährung des Todestages von Jochen Rindt. Der Titel ist ein Volltreffer – bei der Ausstellungseröffnung strömen hunderte Menschen in die Westbahnstraße, sie müssen draußen warten, weil der Andrang die Kapazitäten der Galerie völlig überfordert.
Schon um 17 Uhr gab es einen Pressetermin mit jenen Fotografen, deren Bilder zu bewundern sind: Ferdi Kräling, Alois Rottensteiner, Milan Schijatschky und Rainer Schlegelmilch. Sie beantworten Fragen, erinnern sich an die Zeit mit Jochen Rindt. Rührend, als es Schijatschky die Stimme verschlägt, als er erzählt, dass man vor dem Start noch gemeinsam einen Kaffee getrunken habe - „und eine Stunde später war er tot“. Das Unfassbare an diesem Tod - es ist an diesem Abend in dieser Galerie zu spüren, als sei es erst gestern passiert.
Gänsehaut vermittelt die Fotostrecke seiner letzten Lebensmomente. Die Bilder mit Nina Rindt, seiner bildhübschen Gattin, kurz vor dem Rennstart. Als man ihr wenig später mitteilt, es sei „etwas passiert“, aber man ihr noch nicht das wahre Ausmaß der Katastrophe mitteilt/mitteilen kann. Nina Rindt ist auch nach Wien gekommen. Allerdings hielt sie sich im Hintergrund auf, sie wollte offenbar keinen großen Auftritt.
Wegbereiter
Für Niki Lauda ist es wieder einmal „relativ einfach“, weil: „Er lebt, weil er eine so starke, ausdrucksvolle Persönlichkeit war“. Rindt sei sein Idol gewesen, sagt Lauda. „Ein Draufgänger, der uns alle begeistert hat.“
Lauda ist bewusst: „Rindt hat für uns alle erst die Möglichkeit erschaffen, dass wir in der Formel 1 Fuß fassen konnten.“ Der dreifache Formel 1-Weltmeister erzählt, wie Rindt in einem langen Waschbärfellmantel den Turbinen-Lotus erklärt hat. „Ich stand hinten – er hat mich gesehen und gesagt: ‚Komm vor, ich erklär dir jetzt persönlich den Turbinen-Lotus.’“
Großvater
Auf den Fotos sieht man Jochen Rindt mit einer Zigarette, auf einem anderen sieht man ihn Karten spielen – Gerhard Berger erzählt, was ihn, der Rindt natürlich nicht begegnet ist, an dieser Ikone fasziniert hat: „Diese Geschichten, die man heute noch im Fahrerlager erzählt. Dass er im Qualifying für den Grand Prix von Soundso Poker spielt, dann steigt er ins Auto, fährt schnell mal seine Runde und stellt das Auto auf Poleposition.“ Diese Lässigkeit - die hat man zum Teil auch Berger gerne zugeschrieben, man hat sie oft auch dafür verantwortlich gemacht, warum Berger „nur“ zehn Grand Prix-Siege und keinen WM-Titel errungen hat (heute wäre man froh, man hätte einen mit Erfolgen wie Berger sie hatte). Einen Vergleich mit Rindt will Berger aber nicht zulassen. Stattdessen sagt er: „Rindt ist der Großvater des österreichischen Motorsports. Also ist er auch mein Großvater.“
Helmut Marko erzählt, wie er und Jochen Rindt gemeinsam in Graz aufwuchsen: „Auf öffentlichen Straßen haben wir unsere Rennen durchgeführt. Im nächtlichen Graz haben wir unseren eigenen Rundkurs gehabt - auch die Schulstrecke von Bad Aussee nach Graz wurde jeweils als Rennen gefahren." Was Marko noch aufgefallen ist: „Am Grazer Freidhof, egal zu welcher Jahreszeit, wann immer man dort ist, findet man frische Blumen auf seinem Grab.“
Gegenwart
Nicht nur die erfolgreichen Nachfolger von Rindt, als Piloten allesamt bereits im „Ruhestand“, hat es ins WestLicht gezogen. Auch Christian Klien wollte dem ersten österreichischen Formel 1-Fahrer Respekt erweisen. Als „einfacher“ Besucher betritt er die Ausstellung. Was er dabei denkt, wenn er den lässig Zigaretten rauchenden und Mädchen verschlingenden „Lebemann“ auf diesen Fotos sieht, der als erster und einziger posthum Weltmeister wurde? Wird man da neidisch? Weil er nicht jeden Tag seinen Körper quälen musste? Weil er sich nicht kasteien musste und wollte? Klien sagt: „Man kann das nicht vergleichen – die Formel 1 hat sich seither komplett verändert.“
Heute hätte man keine Chance, würde man einen Lebensstil eines Jochen Rindt frönen, sagt Klien sinngemäß. Fotografen-Urgestein Rainer Schlegelmilch begrüßt Klien und findet es schön, dass nun „nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart hier vertreten ist“.
Überlebt
Jacky Ickx war im Jahr 1970 der schärfste Rivale von Jochen Rindt – in den drei noch ausstehenden Rennen konnte er den Österreicher nicht mehr abfangen. Ickx sagt dazu: „Ich bin froh, dass ich es damals nicht konnte. Denn ich werde lieber hinter einem solchen Piloten Zweiter, als Weltmeister zu werden gegen einen, der sich nicht mehr verteidigen kann. Es war ein wunderschöner Moment, als Jochen zum Weltmeister erklärt wurde - er hat es verdient, es gab keinen wie ihn. Und er hat vielen weiteren österreichischen Piloten die Tür in die Formel 1 geöffnet.“
Ickx wurde in seiner Karriere nicht Weltmeister – aber er hat die damalige Formel 1, die Zeit der rasenden Brandbomben überlebt. Ickx bezeichnet sein Überleben als „pures Glück“. Denn: „Die Formel 1 war damals unglaublich gefährlich. Es liegen Welten zwischen der damaligen und der heutigen Formel 1.“
Die damalige Formel 1 kann man bei dieser Ausstellung sehr gut inhalieren, sie nachspüren, ihr auf den Spuren sein. Der Mensch Jochen Rindt wird so auch für jene als solcher wahrnehmbar, die sein Wirken damals nicht mitverfolgt haben.
Als Vorgeschmack einige Bilder der Ausstellung als Galerie, zu finden über die Navigation oben rechts.
Jochen Rindt- der erste Popstar der Formel 1
Ausstellung Galerie WestLicht 3. bis 26. September
Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag von 14.00 bis 19.00, Donnerstag von 14.00 bis 21.00, Samstag und Sonntag von 11.00 bis 19.00 Uhr.
Zur Galerie-Website
Im Kino:
Jochen Rindt lebt
Von Christian Giesser
mit Unterstützung von Rindt-Experte Erich Walitsch
Von 9. bis 12. September 19.30 Uhr
Premiere 4. September, 19.00 Uhr
Metro-Kino, Wien
Im TV:
Jochen Rindts letzter Sommer – Ein Toter wird Weltmeister
Dokumentarfilm zum 40. Todestag
5. September, 16.25 Uhr ORF1
Im Internet
Alle Infos zu Jochen Rindt auf
www.jochen-rindt.at