
Formel 1: Test | 20.02.2010
Jerez, Tag 4: Button weltmeisterlich
Viele Long Runs bei Schönwetter; Jenson Button markierte zum Abschluss der Jerez-Testwochen mit dem McLaren-Mercedes eine neue 2010er-Rekordrunde.
Andalusien hat sich nach vielen Tagen mit schlechtem Wetter zum Abschluss der zwei Testwochen doch noch von seiner guten Seite gezeigt. Wie schon am Vortag blieb es auch am Samstag tagsüber trocken, die Formel-1-Teams konnten also umfangreiche Testprogramme absolvieren. Auch die Stimmung an der Strecke war bestens, denn aufgrund von Sonne und Wochenende waren die Tribünen gut gefüllt. Die spanischen Fans jubelten ihrem Nationalhelden Fernando Alonso zu.
Doch nicht der Ferrari-Neuzugang bot die beste Show, sondern Weltmeister Jenson Button. Der Brite fuhr im McLaren-Mercedes bereits am Vormittag in 1:18,871 zur Tages-, Wochen- und Jahresbestzeit in Jerez. Der Champion unterbot die freitägliche Bestmarke von Mark Webber um fast eine halbe Sekunde. Allerdings erzielte Button die schnelle Rundenzeit im Rahmen eines sehr kurzen Runs, bei langen Stints sah die Pace des neuen MP4-25 nicht allzu beeindruckend aus.
Anders war beispielsweise Robert Kubica unterwegs: Zwar erzielte der Pole seine beste Rundenzeit (1:19,114) auch auf einem Short Run, der Renault lief jedoch auch über die Distanz recht flott. Besonders auffällig war, dass Kubica bei seinen Stint über je rund 15 Runden gegen Ende immer schneller wurde. Reifenverschleiß scheint beim R30 also kein großes Problem zu sein.
Schneller Dauerlauf von Sauber
Noch besser über die Distanz präsentierten sich andere Teams wie Ferrari, Williams, RB Racing und Sauber. Kamui Kobayashi verursachte zwar mit einem Dreher am frühen Vormittag eine kurze Rotphase, brannte anschließend aber grandiose Zeiten in den Asphalt. Seine beste Runde (1:19,188) war keinesfalls nur ein Strohfeuer, bei einem Run über 13 Runden konnte der Japaner dieses Niveau ebenfalls halten. Die letzte Runde des Stints lag sogar im Bereich von 1:19,5!
Ferrari spulte unterdessen zwar einige erneut sehr konstante und schnelle Long Runs ab, fiel dabei aber nicht besonders auf. Fernando Alonso schien mit der Balance des F10 nicht glücklich zu sein. Über Mittag legte man eine lange Pause ein, um am neuen Boliden umfangreiche Setup-Änderungen vorzunehmen. Doch dieser Versuch war offenbar nicht von Erfolg gekrönt. Die Zeiten wurden auf den mittellangen Stints sogar noch langsamer als am Vormittag. Allzu groß war der Jubel der spanischen Fans deshalb nicht.
Viel Freude gab es hingegen bei Force India. Vitantonio Liuzzi war meist mit "Dauerläufen" beschäftigt, konnte sich aber dennoch mit seiner besten Runde (1:19,650) weit vorne platzieren. Das indische Team nutzte den Testtag unter anderem auch für ein ausgiebiges Boxenstopptraining. Von Force India heißt es, dass die weiche Reifenmischung auf der Jerez-Strecke aufgrund von Graining kaum zu gebrauchen war. Der härtere Pneu hielt am VJM03 wenigstens zehn bis zwölf Runden.
Nico Rosberg im Mercedes hielt sich am Samstag ebenso zurück wie Michael Schumacher am Vortag. Die große Zeitenjagd stand jedenfalls nicht auf dem Arbeitsplan. Das britisch-deutsche Team fuhr viel – 126 Runden – und auch schnell. Bei seinen Stints über je elf Runden lagen die Zeiten von Rosberg stets im hohen 1:21er-Bereich. Damit bewegte man sich, gleiche Benzinmengen vorausgesetzt, in etwa auf dem Niveau der anderen Topteams.
Jaime Alguersuari hatte am Samstag nicht nur die Unterstützung der heimischen Fans, sondern auch die beeindruckende Zuverlässigkeit des Toro Rosso STR5 auf seiner Seite. Der junge Spanier absolvierte 134 Runden und reihte sich mit seinem besten Umlauf (1:21,053) im soliden Mittelfeld ein. Die Scuderia absolvierte unter anderem eine Rennsimulation mit enorm langen Stints.
Motorwechsel beim RB6
Mark Webber, der am Vortag die Testfahrten – zumindest was die Rundenzeiten betrifft – noch deutlich beherrscht hatte, konnte zum Jerez-Abschluss keine Bäume ausreißen. Zwar fuhr der Australier zwei gute Stints über je 20 Runden mit sehr konstanten Zeiten, eine Fabelrunde wie am Freitag war jedoch nicht dabei. Der RB6 rollte gegen Mittag mit einem technischen Defekt aus, vorsichtshalber wechselte man den Renault-Motor.
Auf ähnlichem Niveau wie Webber präsentierte sich Nico Hülkenberg. Der Rookie in Diensten von Williams spulte insgesamt 137 Runden ab, bevor sein Williams FW32 auf der Ziellinie ausrollte. Zwar rangierte Hülkenberg in der Zeitenliste nicht besonders weit vorn, seine insgesamt fünf Long Runs über je 17 bis 20 Runden waren aber im Bereich von 1:23.
Die beiden neuen Teams im Feld konnten kaum gegensätzlichere Erfahrungen machen. Während der Virgin-Cosworth von Timo Glock schon wieder – vermutlich aufgrund von Hydraulikproblemen – die meiste Zeit an der Box verbrachte, wurde Jarno Trulli bei seiner ersten Ausfahrt im Lotus zum Extrem-Dauerläufer. Der T127 hielt am Samstag gleich 141 Runden durch – 140 waren laut Mike Gascoyne der Plan. Zu Mittag veränderte Lotus ein wenig die Gewichtsverteilung und wechselte die Bremsen. Als Problem erkannte man, dass die Hinterreifen auf Long Runs teils dramatisch abbauen.
Bei Virgin wartet man auf eine Lösung der Hydraulikprobleme, die den VR-01 in den vergangenen Tagen schon oft lahmgelegt haben. Entsprechende Abhilfe soll bis zum Barcelona-Test in der kommenden Woche geschafft werden. Timo Glock konnte die Box nur für vier kurze Runs verlassen, lag allerdings mit seiner besten Runde (1:22,433) deutlich vor seinem Ex-Toyota-Teamkollegen Trulli (1:23,470) im Lotus. Der Virgin ist also recht schnell – wenn er denn läuft.
Rundenzeiten:
1. Jenson Button McLaren 1:18,871
2. Robert Kubica Renault 1:19,114
3. Kamui Kobayashi Sauber 1:19,188
4. Vitantonio Liuzzi Force India 1:19,650
5. Nico Rosberg Mercedes 1:20,061
6. Fernando Alonso Ferrari 1:20,436
7. Jaime Alguersuari Toro Rosso 1:21,053
8. Mark Webber RB Racing 1:21,194
9. Nico Hülkenberg Williams 1:21,919
10. Timo Glock Virgin 1:22,433
11. Jarno Trulli Lotus 1:23,470