
motorline.cc - EXKLUSIV | 06.05.2011
„Ich will, dass er seinen Traum verwirklicht“
Walter Grubmüller senior spricht über die Chancen seines Sohnes, von der World Series in die Formel 1 aufzusteigen. Hat Österreich bald wieder einen F1-Piloten?
Michael Noir Trawniczek
Fotos: Paolo Pelegrini
„Wir wollen in die Formel 1“, hat Walter Grubmüller senior vor etwas mehr als einem Jahr in einem motorline.cc-Interview gesagt, damals bereitete sich sein Sohn Walter Grubmüller auf seine erste Saison in der World Series by Renault 3.5 vor.
Im Jahr zuvor, 2009, wurde Grubmüller Vizemeister in der hoch angesehenen Britischen Formel 3-Meisterschaft – hinter einem gewissen Daniel Ricciardo, der heute als die größte Formel 1-Nachwuchshoffnung von Red Bull Racing gilt, auch er tritt heuer in der World Series an.
„Es hat ja auch einen Grund, warum Red Bull die Fahrer in der World Series unterbringt“, sagt Grubmüller senior bei einem Gespräch auf der Natschbacher Speedwaybahn. Diese Rennserie sei „extrem“, jedes Team würde viel Geld in gute Ingenieure investieren. Obwohl oder gerade weil es ein Einheits-Chassis gibt, ist die Abstimmung das Um und Auf.
Die World Series-Boliden kommen einem Formel 1 sehr nahe – aus diesem Grund eben sitzen die Red Bull-Junioren Ricciardo und Vergne nicht in einem GP3 oder GP2, sondern eben in der World Series, auch bekannt als Formel Renault 3.5.
Schwieriges Debütjahr in der World Series
Nach der tollen Saison 2009 musste Walter Grubmüller ein schwieriges Debütjahr in der World Series überstehen. Grubmüller senior, der mit dem Verkauf von Admiral-Wetten Millionär wurde, hat wie schon zuvor in der Formel 3 für seinen Sohn ein ganzes Team aufgekauft. Gelaufen ist es dennoch nicht.
Grubmüller ächzt: „Es hat damit begonnen, dass uns im Winter die Fabrik abgebrannt ist. Wir haben alle Daten verloren.“ Zudem habe man Chassis hinzukaufen müssen, welche jedoch „nicht gepasst“ haben. „Die Monocoques haben nicht gepasst, es war Chaos total“, schüttelt Grubmüller den Kopf.
Außerdem kommt hinzu: „Walter hat die World Series vielleicht etwas unterschätzt. Letztendlich war weder das Auto so, wie es sein soll noch der Walter, mit seiner körperlichen Fitness.“ Die körperlichen Belastungen im FR 3.5 seien wesentlich höher als in der Formel 3.
Grubmüller sagt: „Ich habe Ende der Saison 2010 einen Schlussstrich gezogen und alles neu eingekauft. Auch neue Chassis wurden gekauft. Wir haben Tests abgehalten und wir haben einiges heraus gefunden, es hat viel besser ausgesehen.“
Platz sechs in Spa-Francorchamps
Am zweiten Rennwochenende der World Series, in Spa-Francoschamps, konnte Grubmüller immerhin einen sechsten Platz an Land ziehen – und er konnte Daniel Ricciardo überholen.
Allerdings habe es vor dem Saisonstart noch einen Rückschlag gegeben: „Walter hat über den Winter extrem an seiner körperlichen Fitness gearbeitet und hatte dann vor den ersten Tests eine schwere Grippe und lag zehn Tage im Bett mit 39 Grad Fieber.“
„Jetzt geht es ihm besser, aber er ist noch nicht dort, wo er sein soll – aber nach dem letzten Rennen sollte das Selbstvertrauen stimmen und ich hoffe, dass wir dann ein Podium einfahren, auch wenn das extrem schwer ist.“
Die Rennställe investieren viel Geld – am Ende entscheiden drei bis fünf Zehntel, ob man auf dem Podium steht oder außerhalb der Punkteränge landet.
Grubmüller sagt: „Walter ist ein Perfektionist. Er bricht ein bisschen zusammen, wenn es nicht perfekt läuft. Aber das wird jetzt auch besser. Er hat auch seine Selbstzweifel abgelegt. Er kommt jetzt an einen Punkt, sobald er den überwunden hat, wird er gewinnen.“
“Ein perfektes Auto hast du nur zweimal im Jahr“
Und: „Er soll sich selbst jetzt perfekt machen – denn ein perfektes Auto hat man ohnehin nur maximal zweimal im Jahr. Und die restlichen Rennen musst du eben mit einem nicht so guten Auto vorne mitfahren können.“
Grubmüller senior kann sich vorstellen, dass sein Sohn in den kommenden Rennen über sich hinaus wachsen könnte, und er später wie schon in der Britischen Formel 3 um den Titel kämpfen kann. Allerdings muss das nicht zwingend in der laufenden Saison stattfinden. „Es bringt nichts, sich diesen Stress aufzuhalsen“, sagt Grubmüller. Sein Sohn könne sicher auch im kommenden Jahr in der World Series antreten.
Die Formel 1 bleibt das Ziel
Natürlich bleibt das Ziel die Formel 1. Grubmüller senior nickt: „Das ist das Ziel von jedem jungen Formelrennfahrer. Wenn jetzt irgendwann die Leistungen passen, gibt es eine kleine Chance, dass wir vielleicht ein Formel 1-Team finden, welches das Vertrauen in den Walter hat.“
Gibt es Kontakte zur Formel 1? Grubmüller sagt: „Es gibt immer Kontakte zu Formel 1-Teams. Aber meistens sind es jene Teams, die Geld suchen - und das ist nicht unbedingt das, was wir wollen. Außerdem wissen wir selbst, dass wir noch nicht reif sind für die Formel 1 – darum brauchen wir die Kontakte jetzt nicht pflegen. Die Leistung muss passen.“
Grubmüller sagt mit überzeugtem Tonfall: „Wenn die Leistung passt, dann werde ich eine Möglichkeit finden, ihn dort hin zu bringen.“
Eigenes Formel 1-Team?
Würde er so weit gehen, seinem Sohn quasi ein eigenes Formel 1-Team zu finanzieren? Der Millionär lacht: „Nein, ich glaube, da reicht das Geld nicht. Die Formel 1 ist ein Fass ohne Boden.“
Und dann sagt Grubmüller: „Formel 1 fahren ist eine schlechte Sache – Formel 1 gewinnen ist die beste Sache der Welt. Nur in der Formel 1 zu fahren – das schafft er sicher, aber das bringt nichts.“ Soll heißen: Einem Hinterbänklerteam viel Geld in den Rachen zu schieben, nur um einmal eine Saison Formel 1 gefahren zu sein, wäre der falsche Weg.
Und ein Einstieg bei einem bestehenden, eventuell bereits etablierten Formel 1-Team? Grubmüller sagt kryptisch: „Möglicherweise, es wird angedacht, aber das ist alles sehr teuer. Ich habe jedoch noch aus der Vergangenheit potente Sponsoren an der Hand. Wie auch immer: Walter braucht Vertrauen – und er braucht den Erfolg. Der hat in der World Series bislang gefehlt.“
Sieht Walter Grubmüller senior seinen Sohn in der Formel 1? Der frühere Speedway-Crack nickt: „Ich hoffe es. Ich hoffe es sehr. Es liegt an ihm. Ich glaube, dass er den Speed hat wie jeder andere in seiner Klasse. Er will es unbedingt. Und ich will, dass er seinen Traum verwirklicht.“
World Series 3.5 nach 4 von 18 Rennen
1. Robert WICKENS (CAN) 71 Punkte 2. Jean Eric VERGNE (FRA) 57 Punkte 3. Alexander ROSSI (USA) 55 Punkte 4. Albert COSTA (ESP) 52 Punkte 5. Nelson PANCIATICI (FRA) 26 Punkte 6. Kevin KORJUS (EST) 25 Punkte 7. Chris VAN DER DRIFT (NZL) 19 Punkte 8. Daniil MOVE (RUS) 18 Punkte 9. Brendon HARTLEY (NZL) 16 Punkte 10. Daniel ZAMPIERI (ITA) 14 Punkte =. Walter GRUBMÜLLER (AUT) 14 Punkte 12. Cesar RAMOS (BRA) 12 Punkte 13. Anton NEBYLITSKIY (RUS) 8 Punkte 14. Nathanael BERTHON (FRA) 4 Punkte =. Jan CHAROUZ (CZE) 4 Punkte 16. Sergio CANAMASAS (ESP) 3 Punkte =. Daniel RICCIARDO (AUS) 3 Punkte 18. Andre NEGRAO (BRA) 2 Punkte 19. Sten PETRUS (EST) 1 Punkt
Die nächsten Rennen
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