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Motorsport: Interview

„Wir verlieren zu schnell Grip an der Hinterachse“

Richard Lietz spricht über den neuen Porsche 911 RSR und verrät, warum die Ergebnisse in der WEC derzeit noch nicht den Wünschen entsprechen.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: richard-lietz.com, Photo4

Porsche fährt heuer erstmals seit langer Zeit wieder als Werksteam in der Langstrecken-Weltmeisterschaft, eingesetzt wird der brandneue Porsche 911 RSR. Im Rahmen seines Gastauftritts beim Stockcar Racing Cup Austria, bei dem neben Richard Lietz auch dessen Vater Friedrich und sein Bruder, Rallye-Ass „PhilFun“ Philipp siegreich waren, sprach Richard Lietz mit motorline.cc über die aktuelle Lage in der WEC…

Wie geht es euch bei der Entwicklung des neuen Porsche 911 RSR? Da scheint es ja noch ein paar Probleme zu geben?

Das Auto ist eine Neuentwicklung. Wir haben im letzten Jahr mit den Tests begonnen und sind sehr weit gekommen, wir sind erst das zweite Rennen damit gefahren.

In Silverstone haben wir viel Zeit in den Boxen verloren. Wir haben ein Übersteuern im Auto, mit dem wir Fahrer nicht ganz glücklich sind – da haben wir zufälligerweise alle sechs Piloten das gleiche Problem damit.

Wir haben uns dann sehr stark verbessert für Spa – wir hatten gleich starke Boxenstopps wie unsere Mitbewerber. Was auch unser Anspruch ist, denn wir wollen ja gewinnen. Das Auto hat jedoch nach wie vor ein Übersteuern.

Wie kriegt man das weg?

Wir müssen die Hinterachse besser zum Arbeiten bekommen. Wir haben momentan, da wir einen neuen Reifen haben, einen sehr starken Peak – das heißt: Auf einer schnellen Runde sind wir auf einem ähnlichen Speed wie unsere Konkurrenz, wir verlieren aber nach Runde acht oder neun sehr stark an der Hinterachse den Grip und können somit nicht mehr so konstante Rundenzeiten fahren.

Da ist uns der Mitbewerber, das italienische Fremdprodukt, noch voraus. Die können einfach länger mit den Reifen fahren, auch Doppelstints, auch in Spa, wo es sehr stressig ist für die Reifen Und dort müssen wir hin!

Daran arbeiten wir, das ist ein Entwicklungsprozess. Es ist seit 1998 zum ersten Mal so, dass das Werk wieder ein eigenes Auto einsetzt. Jetzt sind wir nach dem zweiten Rennen schon auf dem Niveau der anderen, das ist alles positiv. Jetzt müssen wir nur noch die Hinterachse hinkriegen, dann können wir wieder vorne mitspielen.

Jetzt hat Porsche ja ein eigenes Testgelände, auch Größen wie ein Walter Röhrl sind involviert…

Walter Röhrl ist mehr bei den Serienfahrzeugen involviert, er hat mit dem RSR weniger zu tun. Wir haben ein Testgelände, genau wie alle anderen. Das wird aber auch von der Serie genützt, es ist daher gar nicht so leicht, einen Termin zu bekommen.

Und dann stellt sich auch die Frage: Wie sinnvoll ist es, auf einer Strecke zu testen, die absolut keine Le Mans-Charakteristik hat? Wir wollen ja keinen reinen Funktionstest oder Dauerlauf fahren, sondern wir müssen eine spezifische Charaktereigenschaft des Autos ändern. Und das ist nur auf einer Rennstrecke sinnvoll.

Man muss es also im freien Training in den Griff bekommen?

Ja, nur in Silverstone waren die Mischverhältnisse nicht gerade hilfreich. Wir sind dann erst im Rennen auf dieses Verhalten draufgekommen, was uns dann Zeit gekostet hat. Spa war vom Wetter her besser, wir haben auch mehr probieren können – aber wir sind noch nicht ganz glücklich. Daher ist die einzige Möglichkeit, die wir jetzt haben, testen zu gehen.

Auf einer Rennstrecke?

Ja, auf einer Rennstrecke.

Testlimit gibt es bei euch ja keines, oder?

Nein, gar nicht. Die WEC ist eine der schönen Rennserien, wo du dir Reifenhersteller aussuchen und auch noch Entwicklung betreiben kannst. Das sieht man auch in der LMP1: Viele Werke wollen eben mit Hybrid, mit Benzin, mit Diesel alles Mögliche versuchen und ausprobieren. Sie wollen die Entwicklung vorantreiben, und das ist für ein Werk auch die einzig sinnvolle Lösung.

Porsche bringt nächstes Jahr einen eigenen LMP1 an den Start – wird da schon mit einem Testträger gefahren?

Sie testen selbstverständlich einzelne Teile - es gibt aber, so glaube ich, noch kein fertiges Auto.

Weiß man schon, wie es aussehen wird? Siehst du Zeichnungen im Werk?

Nein. Da bin ich momentan überhaupt nicht involviert. Das ist eine ganz andere Abteilung – und wir vom Werks-GT-Sport bekommen vom LMP1-Werkseinsatz eigentlich gar nichts oder nur wenig mit.

Wer wird da als Fahrer eingesetzt?

Timo Bernhard und Romain Dumas sind bestätigt worden vom Werk, viele andere Namen geistern herum.

Deiner auch?

Naja. Vielleicht. Wenn sie sich die Werksfahrer anschauen, wird auch mein Name fallen – aber in punkto LMP1 bin ich davon überzeugt, dass sie da sicher erfahrene Prototypenfahrer auf ihrer Liste haben. Da wird man eher einen solchen nehmen als einem im LMP1 neuen Piloten eine Chance zu geben. Aber es ist auch absolut kein Thema, wir haben unsere eigenen Baustellen. Und das sind viele. Und die wollen wir jetzt auch in den Griff bekommen.

Bleibt Porsche 2014 trotz LMP1-Werkseinsatz auch im GT-Sport als Werksteam erhalten?

Für diese Frage bin ich die falsche Ansprechperson. Aber Porsche hat die letzten Jahre sehr erfolgreich Kundensport betrieben, wir machen jetzt wieder Werkssport, das ist eine Veränderung von der Philosophie her.

Aber in wie weit das GT-Werksprojekt im nächsten Jahr fortgesetzt wird, kann ich keine Auskunft geben. Ich hoffe es, weil speziell in Spa, wo es so schön zu fahren ist oder in Silverstone möchte ich schon noch einmal erfolgreich sein. In diesem Jahr haben wir dort sicherlich nicht das gezeigt, was wir uns vorgenommen haben.

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