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The King is back

Gipfeltreffen der Eiskönige – im wahrsten Sinne des Wortes. Große Namen kennzeichnen die 34. Saison der Trophée Andros: Yvan Muller, Sebastien Loeb, Yann Ehrlacher, Aurelian Panis und der Meister der letzten beiden Jahre – Jean-Baptiste Dubourg

Bernhard Schoke

Traditionell fand am vergangenen Wochenende der Saisonauftakt – es ist inzwischen die 34. Ausgabe – der Trophée Andros in Val Thorens, rund eine Auto-Stunde südöstlich von Albertville, statt. Dabei standen sich erstmals in der Historie der spektakulären Eisrenn-Serie etwas mehr als die Hälfte aller Gesamtsieger gemeinsam auf dem spiegelglatten Parkett. Denn allein Yvan, genannt der Schreckliche, Muller konnte in den Jahren vor und nach der Jahrtausendwende exakt 10-mal die Serie für sich entscheiden.

Und mit Aurelian Panis, der in der Saison 2019-2020 gewann, sowie Jean-Baptiste Dubourg, der – wie zuvor auch Jean-Philippe Dayraut – sechsmal einschließlich der letzten beiden Jahre die Eiskrone eroberte, waren exakt 17 Titelträger auf dem Eis. Einzig Sebastien Loeb ist noch nicht in dieser exklusiven Aufstellung (siehe folgender Kasten) zu finden. Ebenso hochkarätig ist die Liste der bekannten Motorsportler, die auf dem Eis bereits ihr „Popometer“, sprich ihr Fahrgefühl unter Beweis gestellt haben. Dazu gehören unter anderem Jean-Louis Schlesser oder Jutta Kleinschmidt ebenso wie Alain Prost, Stephane Peterhansel, Ari Vatanen, Jacques Villeneuve, Franck Lagorce, Olivier Panis oder Paul Belmondo – um nur einige zu nennen. Dennoch konnten und können sie sich alle bisher nicht mit einem messen: Yvan Muller.

Der Elsässer hat sein kaum zu beschreibendes Fahrgefühl viele Jahre so eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er Rekorde aufgestellt hat, die wohl kaum zu überbieten sind. Denn sein Beiname – der Schreckliche – kommt nicht von ungefähr. Von Mitte der 90er Jahre bis zur Mitte der 00er Ausgaben der Trophée Andros bissen sich alle Herausforderer an ihm quasi die Zähne aus. Auf nahezu alle Aktionen seiner Kontrahenten hatte er eine passende Antwort, sprich ein geniales Fahrmanöver in den Rennen parat. Und in den Vor- und Zwischenläufen zauberte er auf fast allen Kursen eine Bestzeit nach der anderen aufs Eis. Der Titel, „Yvan Le Terrible“, hat er sich selbst mit Können und noch mehr Fahrgefühl nicht erarbeitet, sondern besser erfahren.

Und alle Beobachter – einschließlich der Medienvertreter, von denen in Val Thorens mehr als zuvor vertreten waren – machten damit deutlich, dass der Name Yvan Muller noch immer außerordentliche Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Alle gemeinsam hatten dabei in den letzten Wochen nur ein Gesprächsthema:

Kommt „der Schreckliche“ – auf seinem Konto sind fast 50 Gesamtsiege verbucht – mit den neuen Herausforderungen der E-Renner klar. Denn seine bisherigen Titel hat er alle mit konventionellem Antrieb, sprich „Verbrennern“ herausgefahren. Und die stellten und stellen, im Gegensatz zu den E-Boliden, ihr maximales Drehmoment in einem – im Vergleich zu E-Rennern – überschaubaren Bereich zur Verfügung. Aus dem Stand direkt die gesamte Performance des Aggregats zur Verfügung zu haben, war und ist für ihn die besondere Herausforderung. Aber eben auch, wie gut sein „Popometer“ noch funktioniert. Dementsprechend aufmerksam wurden die ersten Runden von allen beobachtet – nach dem Motto: Wie kommt Muller nach all den Jahren der Abstinenz vom Eis mit dem spiegelglatten Parkett klar.

Und es kam wie erwartet. Am ersten Wertungstag kämpfte er mit der Einstellung seines Renners. Es fehlte an Traktion, wie er auf Nachfrage erklärte. Denn das Eis wies ruck-zuck tiefe Furchen und Rillen auf - dem Drehmoment der Renner hatte es wenig entgegenzusetzen. Apropos Drehmoment: Gefahren wird auf gemeinsamen Wunsch der Teamchefs „nur noch mit rund 400 Nm und ca. 270 PS“, wie Luc Marchetti; Chef von Exagon, der Entwicklungs-Firma der Renner auf Nachfrage berichtete. Technisch möglich sind in der aktuellen Version des Renners sowohl bei der Leistung wie auch dem Drehmoment weitaus mehr. 1260 Nm auf der einen Seite und ca. 700 PS auf der anderen.

Aber nicht nur Muller, sondern auch Sebastien Loeb kämpfte am ersten Wertungstag mit dem Eis. Insbesondere in den späten Nachmittags- und frühen Abendstunden – während der Finalläufe, wo eigentlich deutlich in die Minusgrade herrschte, machten die Streckenbedingungen den Piloten zu schaffen. Grundsätzlich gesehen beste Bedingungen, aber die Power der Aggregate setzten dem Eis massiv zu, sodass die Fahrwerke der Renner wie die Piloten selbst richtig herausgefordert waren. Oder wie es Muller und Loeb auf Nachfrage formulierten: Die Renner sprangen auf dem Eis und es war noch schwieriger, die notwendige Traktion zu finden.

Besser lief es für die Piloten, die mit den E-Rennern und den erforderlichen Einstellungen aus den Vorjahren vertraut sind. Allen voran Dorian Boccalacci, Nathanael Berthon sowie der amtierende Meister Jean-Baptiste Dubourg, die ihn dieser Reihenfolge am ersten Abend auf dem Podium standen, nachdem sie bereits die gewerteten Vor- und Zwischenläufe unter sich ausgemacht hatten. Aurelian Panis und Yvan Muller folgten auf den weiteren Plätzen, Yann Ehrlacher kam mit den Bedingungen ebenfalls nicht zurecht und wurde nur Achter. Loeb musste sich dann bereits am Samstagabend aus persönlichen Gründen ausklinken.

Der zweite Tag begann nach einer weiteren eiskalten hochalpinen Nacht, Val Thorens liegt auf 2300 Meter Höhe, bei besten äußeren Bedingungen: Winter-Wonderland und Kaiserwetter, mit Sonne, kaum Wind, mit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Demzufolge hatte dann im Verlauf des Tages die Pisten-Crew aus lokaler Feuerwehr und einer Vielzahl von weiteren freiwilligen Helfern kaum zusätzliche Arbeit hatte, die Strecke wieder zu präparieren. Somit konnten die Piloten wieder das tun, was sie am liebsten tun: Die aufgebaute Eisschichten wieder in hauchfeine Eiskristallen zu verwandeln, die für die bekannten spektakulären durch die Luft schwirrenden fotogenen Wolken sorgen. Optimal sind sie dann, wenn der sie auslösende „Kutscher“ dabei eine richtig schnelle Linie findet.

So wie Yvan Muller, der dann zeigte, dass er es noch immer kann. Mit den gemachten Erfahrungen des Vortages im Rücken und komplett neuen Fahrwerkseinstellungen war er durchgehend in der Spitzengruppe zu finden. Im großen Finale wurde er – aus der ersten Reihen startend, dann knapp hinter dem von der Pole Position startenden Aurelian Panis Zweiter vor Dubourg, der sich im Finale nach vorn kämpfte, um so direkt allen Beteiligten ganz klarzumachen, dass er auch in diesem Jahr beim Kampf um die Eiskrone ganz vorn mitmischen will. Muller war dabei an der Stoßstange von Panis, fand aber mit sportlichen Mitteln keinen Weg an ihm vorbei.

Dabei stand anfangs Muller selbst unter Druck. Denn der amtierende Titelträger Jean-Baptiste Dubourg machte deutlich, dass er zurecht auf den Spuren von Muller ist – als inzwischen sechsmaliger Gesamtsieger der Trophée. Mit seinem Renault Zoe war er Muller, der den markant-grünen designten Andros Renners pilotiert, sportlich nahezu gleichwertig. Beste sportliche Voraussetzungen also – quasi im Zusammenspiel mit Panis und Boccolacci – für eine spannende Saison.

Für Ehrlacher allerdings war dabei auch der zweite Tag wie bereits der vorausgegangene. Er kam nicht zurecht und fand sich als Siebter im kleinen Finale wieder, das er zwar gewann, aber nicht von familiärer Schützenhilfe von Muller profitieren konnte, die eigentlich der ausschlaggebende Faktor für „den Schrecklichen“ war, wie er auf die Frage, warum er aktiv aufs Eis zurück zukehrte „zu Protokoll gab. Nach den ersten beiden Läufen kommt Panis mit sechs Punkten Vorsprung in der Gesamtwertung als Führender zum zweiten Event in diesem Jahr nach Andorra. Yvan Muller ist Dritter, zwei Zähler hinter Nathanael Berthon, der am zweiten Tag in Val Thorens nur Fünfter wurde. Dubourg lauert quasi mit ebenfalls zwei weiteren Rückstand auf Platz vier der Meisterschaft. Beste Bedingungen also für ein weiteres sportliches Highlight am vierten Advents-Wochenende in dem in den Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien gelegenen Zwergstaat, bevor dann die Weihnachts- und Neujahrspause auch für die Eisrenner ansteht.

 

Val Thorens Ergebnisse – jeweils 6 Rd.

Samstag:

  1. Dorian Boccolacci AS01 4:59.304 Min
  2. Nathanael Berthon Peugeot e208 +4,296 Sek.
  3. Aurelian Panis Audi A1 Isere +9,845 Sek

 

Sonntag

  1. Aurelian Panis Audi A1 Isere 4:59.838 Min
  2. Yvan Muller Andros Sport +1,759 Sek
  3. Jean-Baptiste Dubourg Renault Zoe +9,472 Sek.

 

Gesamtwertung:

  1. Panis 122 Pkte
  2. Berthon 116
  3. Muller 114
  4. Dubourg 112

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