
Erdbeben bei Porsche | 10.09.2025
Erdbeben bei Porsche: Hersteller vor Prototypen-Ausstieg aus der WEC!
Wieso Porsches WEC-Werksprogramm nach drei Jahren vor dem Aus steht, warum die Kürzung unvermeidbar ist und was aus dem Einsatz in der IMSA-Serie wird
Bei Porsche kündigt sich ein Erdbeben an: Denn seit mehr als einem Monat bewirbt sich Personal des Porsche-Penske-Werksteams, das in Mannheim ansässig ist und den LMDh-Prototypen 963 in der Langstrecken-WM (WEC) einsetzt, bei anderen Rennställen. Und das ist kein Zufall: Denn das Werksprogramm in der Hypercar-Klasse steht nach drei Jahren vor dem Aus!
Das hat Motorsport-Total.com aus mehreren übereinstimmenden Quellen erfahren. Der Stopp betrifft offenbar das gesamte Werksprogramm in der WEC mit zwei Fahrzeugen, in der man im Vorjahr den Fahrertitel holte. Das Saison-Highlight - die 24 Stunden von Le Mans - konnte man hingegen 2025 auch beim dritten Versuch mit dem Boliden nicht für sich entscheiden.
Aber heißt das, dass alle Werkseinsätze mit dem Porsche 963 beendet werden? Nein, denn wie aus gut informierten Kreisen zu hören ist, bleibt das Engagement in der US-amerikanischen IMSA-Sportwagen-Serie 2026 bestehen. Dort setzt die Volkswagen-Tochter aktuell ebenfalls zwei Werksautos ein.
Drei Werksprogramme durch Porsche-Krise auf dem Prüfstand
Porsche bleibt ein klares Dementi unserer Recherche schuldig. "Vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir äußern uns grundsätzlich nicht zu Spekulationen", lautet der Kommentar eines Porsche-Sprechers auf Nachfrage von Motorsport-Total.com.
Aber was ist die Ursache für den harten Einschnitt in Porsches Motorsportbereich? Der Hauptgrund ist die aktuelle Krise des deutschen Traditionsherstellers, was die Verkaufszahlen im Serienbereich angeht. Sie zwingt Porsche-Boss Oliver Blume zu einem umfangreichen Sparprogramm und zu einem Stellenabbau.
Im zweiten Quartal 2025 verzeichnete Porsche einen massiven Gewinneinbruch von 91 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, der neben Problemen auf dem chinesischen Markt und den US-Zöllen auch auf die schwierige Elektro-Transformation zurückzuführen ist, unter der alle deutschen Hersteller leiden.
"Man merkt aber, dass bei Porsche die Akzeptanz noch geringer ist, ein Elektroauto zu fahren. Das hat man unterschätzt", sagt ein Volkswagen-Kenner. Ein Phänomen, das sich auch bei anderen Marken im Luxussegment zeigt.
Wieso der WEC-Einsatz geopfert wird
Diese Entwicklung sorgte dafür, dass auch die aktuellen Werksprogramme im von Thomas Laudenbach geführten Motorsport-Bereich auf den Prüfstand gestellt wurden. Ein Ende des Formel-E-Programms, in dem man in den vergangenen Jahren zahlreiche Titel eingefahren hatte und das durch die Budget-Obergrenze deutlich günstiger ist als die zwei Prototypen-Programme in WEC und IMSA, wurde rasch ausgeschlossen. Bei der WEC hört man von rund 50 Millionen Euro pro Jahr.
Abgesehen davon muss Porsche ohnehin als Marke im Elektrobereich zulegen - und mit der Elektrorennserie kann man auch einen Technologietransfer zu den Serienautos darstellen. Also blieben IMSA und das WEC-Programm übrig, das vom Standort Mannheim mit rund 40 Mitarbeitern geführt wird.
Gegen die Langstrecken-WM spricht, dass die Serie in Anbetracht der höheren Reisekosten abgesehen von Le Mans nach wie vor nur bedingt wahrgenommen wird. Und man gegen die Hersteller, deren Fahrzeuge auf LMH-Basis gebaut wurden, ungünstigere Voraussetzungen vorfindet.
Keine Chance gegen LMH-Boliden von Ferrari?
Das zeigte sich vor allem dieses Jahr beim 24-Stunden-Klassiker von Le Mans: Denn obwohl Porsche vor dem Rennen enorme Bemühungen für einen Sieg angestellt hatte und dann mit dem LMDh-Fahrzeug ein nahezu perfektes Rennen erlebte, setzte sich Ferrari mit dem LMH-Auto zum dritten Mal in Serie durch. Für Porsche blieb Platz zwei.
Bei diesem Nachteil handelt es sich nicht um ein Einstufungsthema durch die Balance of Performance, sondern um das Reglementkonzept, das LMH-Herstellern mehr Freiräume einräumt. Das schlägt sich zwar auf eine Runde kaum nieder, aber bietet auf die Distanz Vorteile, etwa beim Reifenabbau.
Bemühungen, für alle Hersteller gleiche Chancen zu bieten und all das in ein gemeinsames Reglement zu gießen, gibt es, doch Ford und McLaren entwickeln gerade LMDh-Fahrzeuge, um 2027 in die WEC einzusteigen. Das spricht gegen eine rasche Änderung des Reglements.
Fährt 2026 trotzdem ein Porsche 963 in Le Mans?
Dass das IMSA-Programm bestehen bleibt, hat auch mit der Verbindung mit Roger Penskes Team zu tun, mit dem es - wie man hört - vertragliche Verbindlichkeiten gibt. Die US-amerikanische Motorsportlegende soll sich nach der Le-Mans-Niederlage gegen Ferrari auf dem Markt schon nach einem neuen Partner umgeschaut haben. Das ist aber nun vom Tisch, da das Engagement in der IMSA-Serie fortgesetzt wird.
Der Porsche ist im Vergleich zu den anderen LMDh-Fahrzeugen absolut konkurrenzfähig, was auch damit zu tun hat, dass man mit Chassispartner Multimatic eine Art Exklusivstellung im Vergleich zu den anderen Herstellern hat. BMW und Cadillac müssen sich zum Beispiel Dallara als Chassispartner teilen, während Multimatic auf den einzigen Kunden Porsche besser eingehen kann.
Bedeutet die Entscheidung, das WEC-Programm zu streichen, dass Porsche 2026 nicht in Le Mans in der Prototypen-Topklasse am Start sein wird? Nicht zwangsläufig, denn der IMSA-Champion hat automatisch im darauffolgenden Jahr einen Startplatz an der Sarthe. Und aktuell führen die beiden Werks-Porsche die Meisterschaft an. Zudem ist auch der private Einsatz eines 963 nicht ausgeschlossen.