
NLS9: Analyse | 28.09.2025
Max Verstappens Dominanz in Zahlen
Max Verstappen sorgt mit irren Rundenzeiten für Staunen - Die Nordschleife erlebt eine Machtdemonstration - Doch ein Rekord bleibt unerreicht
Ein wenig geschockt war die Motorsportwelt dann doch: Dass Max Verstappen auf der Nürburgring-Nordschleife schnell sein würde, war keine Überraschung - dass er aber sämtliche Rekorde pulverisierte, schon.
Die Konkurrenz beim neunten Lauf der Nürburgirng-Langstrecken-Serie (NLS) war überschaubar - und sie hatte es zusätzlich schwer. Es gab mit Frank Stippler im HRT-Ford #6 (Stippler/Kolb) und Christian Krognes im Walkenhorst-Aston-Martin #34 (Krognes/Villagomez/Buchardt) nur zwei wirkliche Gegner.
Erschwerend kam im Falle Krognes hinzu, dass der Nordschleifen-Rekordhalter gleich in der ersten Kurve des Rennens torpediert wurde und einen Teil seines Heckdiffusors einbüßte. Dadurch änderte sich das Fahrverhalten des Aston Martin Vantage AMR GT3 Evo und Krognes hatte seinen ganzen Doppelstint über mit Untersteuern zu kämpfen.
Frank Stippler wiederum ist Hauptentwicklungsfahrer für den Ford Mustang GT3 auf der Nürburgring-Nordschleife. Das Projekt befindet sich im ersten Jahr. Vor allem fehlt dem Mustang aktuell noch die 'Spritzigkeit' beim Umlegen - sprich, die schnelle Richtungsänderung in engen Kurven.
Hinzu kommt Entwicklungsarbeit bei Ford mit Reifenpartner Yokohama. Der Ferrari 296 GT3 mit Michelin-Reifen ist hingegen eine bekannte Größe auf der Nordschleife, denn er wurde seit 2023 von verschiedenen Teams in dieser Konfiguration eingesetzt und gewann unter anderem das 24-Stunden-Rennen 2023 durch Frikadelli Racing.
Sieben Runden unter acht Minuten!
Es war ein sehr diszipliniertes Rennen, sodass nur die zweite Runde und später noch einmal die Runden elf und zwölf von lokalen Neutralisationen (Code 120 oder Code 60, also maximal 120 beziehungsweise 60 km/h) beeinträchtigt waren.
Trotz allem: Der Doppelstint, den Max Verstappen hinlegte, war geradezu furchteinflößend. In seinen 15 Runden blieb er gleich siebenmal unter der magischen Marke von acht Minuten, die als Grenze zu "richtig schnell" fungiert.
Hier einmal die Rundenzeiten aus den ersten sieben Runden von Verstappen, Stippler und Krognes im Vergleich, also alle Runden bis zum ersten Boxenstopp:
Max Verstappen: R1 8:02.195 - R2 8:10.182 - R3 7:57.152 - R4 7:56.030 - R5 7:51.514 - R6 7:55.234 - R7 8:03.904 (Inlap)
Frank Stippler: R1 8:03.648 - R2 8:13.651 - R3 7:59.191 - R4 7:59.829 - R5 7:57.523 - R6 7:58.826 - R7 8:06.588 (Inlap)
Christian Krognes: R1 8:04.226 - R2 8:14.212 - R3 8:02.492 - R4 8:03.443 - R5 8:02.219 - R6 8:04.120 - R7 8:11.582 (Inlap)
Im zweiten Stint, der mangels Einführungsrunde über eine Runde mehr ging, sah die Welt ähnlich aus:
Max Verstappen:
R8 10:53.663 (Outlap) - R9 7:56.672 - R10 8:02.474 - R11 8:10.737 - R12 8:13.010 - R13 7:59.198 - R14 7:52.223 - R15 8:07.241 (Inlap)
Frank Stippler:
R8 10:55.455 (Outlap) - R9 8:00.130 - R10 8:17.340 - R11 8:18.274 - R12 8:17.922 - R13 7:56.025 - R14 8:02.600 - R15 8:10.117 (Inlap)
Christian Krognes:
R8 11:03.366 (Outlap) - R9 8:08.326 - R10 8:35.527 - R11 8:27.608 - R12 8:24.701 - R13 8:03.717 - R14 8:08.254 - R15 8:14.164 (Inlap)
Insgesamt war Verstappen auf dem Weg, das schnellste NLS-Rennen der Geschichte zu fahren, doch in der zweiten Rennhälfte wurde sein Teamkollege Chris Lulham von zu vielen Code-60-Zonen eingebremst, die letztlich so viele waren, dass nicht einmal eine 29. Runde zustande kam.
Insgesamt fuhr Verstappen in den 15 Runden einen Vorsprung von 1:05.690 Minuten auf Stippler und 2:36.528 Minuten auf den waidwunden Krognes heraus. Noch beeindruckender war die Tatsache, dass er wie ein alter Hase durch den Verkehr kurvte. Es war sein erstes Multiclass-Rennen in der Realität. Doch dank seiner Sim-Racing-Erfahrung fuhr er im Verkehr, als hätte er nie etwas anderes gemacht.
Vergleich mit anderen Rennen schwer
Wir haben außerdem versucht, Verstappens Stint mit größerer Konkurrenz aus früheren Rennen in diesem Jahr abzugleichen. Leider ließ nur der siebte NLS-Lauf einen Vergleich zu - jenes Rennen, in dem Verstappen sein DMSB-Permit-Nordschleife (DPN) A erwarb, weil er nicht von Code 60 und Wetterkapriolen durchzogen war.
Hier haben wir die beiden Falken-Porsche als Referenz herangezogen, die das Rennen bestimmten. Wir haben bei allen Fahrern nur Rundenzeiten von unter 8:10 Minuten herangezogen. Das ergibt folgende Durchschnittswerte:
1. Max Verstappen (NLS9) - 7:56.966 Minuten
2. Julien Andlauer (NLS7) - 8:00.775
3. Frank Stippler (NLS9) - 8:01.679
4. Tim Heinemann (NLS7) - 8:03.650
5. Christian Krognes (NLS9) - 8:08.036
Doch wie sieht es mit der ganz großen Werks-Konkurrenz aus, die in der Regel vor dem 24-Stunden-Rennen fährt? Dann trainieren die werksunterstützten Teams von Mercedes-AMG, Porsche, Lamborghini und BMW sowie einige andere GT3-Teams, die das 24-Stunden-Rennen bestreiten, für das große Rennen.
Hier können wir nur die schnellste Runde aller Rennen vergleichen, denn die drei Rennen, die auf der NLS-Streckenvariante gefahren wurden, waren zu stark von Code 60 oder Wetterkapriolen gekennzeichnet, um einen fairen Vergleich zu ermöglichen.
Doch auch bei der schnellsten Runde hat der viermalige Formel-1-Weltmeister die Nase vorn:
1. Max Verstappen - Ferrari (NLS9) - 7:51.514 Minuten
2. Luca Stolz - Mercedes-AMG (NLS3) - 7:52.588
3. Nico Menzel - Porsche (NLS6) - 7:55.118
4. Tobias Müller - Porsche (NLS7) - 7:56.040
5. Julien Andlauer - Porsche (NLS8) - 7:57.117
6. Kelvin van der Linde - BMW (NLS1) - 7:58.177
7. Frank Stippler - Audi (NLS2) - 8:01.500
Frank Stippler fuhr bei NLS2 die schnellste Runde tatsächlich auf einem Audi R8 LMS GT3 Evo II, da er in der Regel Doppelstarter beim Haupt Racing Team (Ford) und bei Juta Racing (Audi) ist.
Ein Vergleich mit dem 24-Stunden-Rennen selbst und den 24h-Qualifiers (die gleichzeitig NLS4 und NLS5 waren) ist nicht möglich, weil dort eine andere Streckenführung gefahren wird, die rund einen Kilometer länger ist.
Fazit
Vielleicht rettet die Analyse der schnellsten Rennrunden noch ein wenig die Ehre der "Nordschleifen-Fahrer", denn es zeigt, dass bei den richtigen Bedingungen auch andere Fahrer in der Lage waren, in Verstappens Zeitenbereich vorzudringen.
Trotzdem bleibt eine wirklich überragende Leistung. Verstappen bestätigt damit, was im Sim-Racing schon lange bekannt ist: Er ist in allen Fahrzeugklassen einfach herausragend stark und schafft es häufig, selbst gegen die Besten der Besten noch ein wenig Extra zu finden, von dem keiner so richtig weiß, wie er das eigentlich macht. Ein Lied, das seine Formel-1-Teamkollegen laut singen können.
Nur eines blieb Verstappen verwehrt, und das wird ihn sicherlich schon ein wenig gefuchst haben: Der Rundenrekord bleibt weiterhin bei den 7:49.578 Minuten, aufgestellt von Christian Krognes damals auf einem BMW M4 GT3 im November 2022.
Krognes sagte während des Rennens, dass Verstappens Zeit von 7:51.514 Minuten "unter diesen Bedingungen extrem schnell" sei. "Aber ich bin happy, dass mein Rekord noch steht." Ein wenig "unfinished Business" hat Verstappen also auf der Nordschleife noch, was aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass sein Auftritt fahrerisch absolut gigantisch war.