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"Ein ganz besonderer Sieg"

Nach einer kurzen Phase der Freude kehrt für Ferrari-Rennleiter Jean Todt wieder der Alltag ein, betont er im Gespräch nach dem Ferrari-Doppelsieg von Monza.

Jean Todt beobachtete dieses Mal das Treiben auf dem Siegerpodest aus sicherer Entfernung, denn Chefdesigner Rory Byrne, der das Rennen mit Frau und Kind besuchte, durfte stellvertretend für das Team den Pokal entgegen nehmen. Dennoch konnte auch der Franzose die unglaubliche Atmosphäre genießen, die die Tifosi mit ihrem frenetischen Jubel aufbauten: "Wir wollen natürlich jedes Rennen gewinnen, zu dem wir gehen – wie jeder unserer Gegner auch", so der Ferrari-Rennleiter. "Aber der Sieg heute war ein besonderer, denn er gelang uns im Ferrari-Land, vor allen Angestellten des Unternehmens, die auf der Tribüne saßen und wir haben den Sieg ihnen gewidmet."

Zusammen mit den Mechanikern des Teams stand Jean Todt unten vor dem erhöhten Podium und blickte voll Stolz auf Sieger Rubens Barrichello und Weltmeister Michael Schumacher hinauf: "Wenn man diesen Enthusiasmus im Ziel sieht, so ist das einfach etwas Fantastisches. Ich denke, dass es ausgereicht hat, die total Begeisterung der Tifosi zu sehen, wie sie auf die Strecke gestürmt sind, um zu verstehen, was sie über Ferrari fühlen."

Dass Rubens Barrichello und nicht Michael Schumacher gewonnen hat, war Jean Todt nicht unrecht: "Sagen wir so, es war eine Situation, die uns gut gepasst hat, denn wir sind froh, dass Rubens immer noch Zweiter in der Fahrerwertung werden kann." Dass der Brasilianer den Rekord des schnellsten Rennens aller Zeiten nicht brach, weil man zum Schluss "spazieren fuhr", findet der Franzose nicht schlimm: "Uns stellt ein Sieg mehr zufrieden als alles andere. Wenn wir einen Doppelsieg holen – und das war der siebte in diesem Jahr – dann ist das gut genug."

Während Michael Schumacher auf einen Stopp setzte war Teamkollege Rubens Barrichello auf zwei Stopps unterwegs. Dass es zwischen den beiden Strategien kaum einen Unterschied gab, belegte die Tatsache, dass Barrichello nach seinem zweiten Halt praktisch auf gleicher Höhe wie Schumacher wieder auf die Strecke ging: "Es gab bei der Simulation nur einen sehr geringen Unterschied", bestätigt Todt. "Da wir ein Auto auf dem zweiten und eines auf dem vierten Platz in der Startaufstellung hatten, dachten wir, dass wir die Möglichkeiten aufteilen und mit zwei unterschiedlichen Strategien fahren sollten."

Und wieder einmal muss sich Jean Todt gegen die Kritik wehren, dass Ferraris Dominanz der Formel 1 schadet: "Es ist sehr gut, dass es in der WM die Ferrari-Dominanz gegeben hat. Es ist nicht das erste Mal, dass wir ein Team gesehen haben, das dominiert, das ist Teil der Motorsport-Geschichte. Dieses Jahr ist es Ferrari, das dominiert. Dennoch hatten wir Rennen, die häufig sehr interessant waren. Entweder ging es um den Kampf um die Top-Positionen oder um hintere Plätze, wie wir das die ganze Saison über gesehen haben. In Monza haben wir Kämpfe um die zweiten, dritten, vierten, fünften und sechsten Plätzen gesehen. Wir haben auch weiter hinten Kämpfe gesehen und es gab Autos, die dicht beieinander lagen, das war für die Zuschauer sehr interessant."

Und einen "Beweis" meint Jean Todt zu haben, um zu belegen, dass Ferrari nicht so dominant ist, wie man das immer behauptet: "Auf der einen Seite beschweren sich die Leute, dass Ferrari zu sehr in den Rennen dominiert, es ist also vielleicht gut, dass im Qualifying manchmal andere sehr starke Teams vorne liegen. Sogar wenn wir alles versuchen, um auf die Pole zu kommen, selbst dann schaffen wir es nicht, wie sich erst in Monza wieder gezeigt hat."

Und trotz aller Dominanz ist Jean Todt niemals überzeugt davon, ein Rennen sicher gewinnen zu können, weshalb man manchmal gar überrascht ist, gewinnen zu können: "Das ist schon vorgekommen. Wir versuchen, diese verrückten Momente zu genießen, aber wir sind in diesen Momenten auch bescheiden, was meiner Meinung nach es uns ermöglicht, sich auf die Arbeit zu konzentrieren und zu versuchen, sich auf allen Gebieten zu verbessern und für nächstes Jahr Gas zu geben. Das ist vielleicht manchmal schade, da es einen daran hindert, diesen Erfolg ausgiebig zu genießen, aber generell gibt es einem eine größere Motivation, weiterzumachen."

Einen besonderen Lob spricht der Ferrari-Rennleiter Jean Todt an Bridgestone aus, wo man innerhalb von einer Woche nach den Monza-Tests die Reifen fabrizierte und von Japan nach Italien geflogen: "So machen sie das schon die ganze WM lang, nicht nur jetzt. Ihr Beitrag ist großartig. Wir haben nie über unseren Erfolg gesprochen ohne Bridgestone in diesen Erfolg mit einzubinden. Was sie getan haben ist wahnsinnig, aber es bedeutet, dass wir gut mit ihnen gearbeitet haben. Wir haben viel mit ihnen getestet, es ist gute Teamarbeit."

Trotz aller Erfolge geht auch in dieser Woche bei den Italienern die Arbeit weiter. Von Dienstag bis Mittwoch drehen die beiden Testfahrer Luca Badoer und Luciano Burti in Mugello ihre Runde, am dritten Tag testen Michael Schumacher und Badoer, am vierten Tag der Weltmeister alleine.

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