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„Wie ein Tier im Zoo...“

Teil 3 des Gesprächs mit Tele5-Kommentator Andi Gröbl: Über Fahrer-Interviews im Blindflug, die strengen Regeln des Michael Schumacher und das gebügelte Corporate Behaviour der modernen Formel 1-Piloten.

Michael Noir Trawniczek (MNT)
& Stefan Schmudermaier (STS)
Fotos: Jacqueline Zibarth & motorline.cc

MNT: Du kannst bei deinen TV-Interviews, beispielsweise während dem Rennen, nicht sehr lange überlegen, welche Fragen du stellst. Und vom Rennen wirst du im Fahrerlager ja auch nicht gerade viel mitbekommen?

Du siehst einen Fahrer auf dich zukommen und denkst: Aha, im Auto ist er nicht mehr, also ist er wohl ausgefallen. Du hast ja im Fahrerlager keinen Monitor, das heißt du weißt ja dann oft gar nicht, was passiert ist. Sagt dir das dann jemand über die Kopfhörer?


Andi Gröbl: Ich hoffe, ich sage da jetzt nicht zu viel, was die Professionalität in der Formel 1 angeht. Die Leute, die in den Boxen die Interviews machen, sind die, und zwar wahrscheinlich die einzigen in dem ganzen Getriebe, die nie ein Rennen sehen, die schon gar nie eine Qualifyingrunde sehen und trotzdem aber diejenigen sein sollen, die am besten informiert sind. Aber das geht einfach nicht.

Du stehst hinter irgendeiner Mauer und wartest dort. Und wenn du Glück hast, hast du einen guten Regisseur am Ohr. Das scheitert aber meist an der Funkverbindung, weil da sind halt zig Fernsehanstalten, die alle funken, die Frequenzen hauen sich pausenlos gegenseitig nieder.

Speziell wenn du im Qualifying hinter dem Parc Fermé stehst, das ist immer ein Reisen-Beton-Glas-Gebilde, da geht nichts durch. Da bist du tot am Ohr. Du hörst nur wenn einer rausfährt, du siehst nichts und du hörst, wenn einer bei Start und Ziel vorbei fährt. Und wenn es in Italien ist und es handelt sich um einen Ferrari, dann hörst du die Leute jubeln. Das ist das Einzige, was du mitbekommst.

Und dann kommt halt ein mehr oder weniger verschwitzter Fahrer und du sollst dem jetzt eine sinnvolle Frage stellen. Du weißt aber nicht einmal: War der jetzt Erster, Zehnter oder Achter?

Wenn du nicht zufällig im Augenwinkel eine Videowall hast oder irgendein Reporter hat gerade eine gute Funkverbindung und hört von seinem Kommentator, was passiert ist, ist es ganz, ganz schwierig.

MNT: Das ist auch beim Rennen so? Das heißt: Wenn du einen Piloten fragst, warum er die Kollision mit Pilot X hatte, weiß man also: Der Andi hatte Glück und es hat ihm jemand in den Kopfhörer geflüstert, was passiert ist?

Andi Gröbl: Beim Rennen ist es um eine Spur leichter. Weil da kannst du manchmal bei den Teams in die Zelte hinein, auf einem Fernseher mitschauen. In dem Moment natürlich, wo der erste Unfall passiert, bist du weg. Beispiel Start: Den sehen alle irgendwo – jetzt krachen zwei zusammen, Startkollision, und du musst dich entscheiden: Zu welchem von den beiden Piloten gehst du jetzt?

Es ist ja auch nicht so organisiert, dass du weißt, dass die an dem Unfall beteiligten Piloten in zehn Minuten „geschneuzt und gekammpelt“ vor ihren Motorhomes stehen werden. Es basiert alles auf Zufall. Wenn der Fahrer jetzt mörderheiß ist, dann sagt er gar nichts und dann sitzt er 50 Minuten in seinem Motorhome und lässt sich massieren oder sonst irgendwas. Oder er verschwindet durch die Hintertüre, wie es der Montoya oft gemacht hat, und kommt gar nicht mehr.

In dem Moment, wo also so ein Crash passiert, bist du weg vom Rennen, denn da musst du ja entscheiden: Wo gehe ich hin?

MNT: Und dann siehst du einmal beispielsweise einen verschwitzten Heinz Harald Frentzen auf dich zukommen und weißt daher, dass er wohl ausgefallen ist. Und dann kannst du ihn also zumindest auf den Ausfall hin ansprechen. Aber man könnte dich mit einem Frentzen-Doppelgänger aufs Glatteis legen.

Andi Gröbl: Absolut. Sagen wir so: Wenn der Michael Schumacher in einem Rennen ausfällt, spricht sich das rasch herum. Dann hat es irgendjemand gesehen, sei es ein Physiotherapeut, der Österreicher ist und bei Sauber arbeitet und der, wenn du vorbeigehst dich anspricht: „Du, hast du den Ausfall von Michael gesehen?“ Der erzählt dir das dann und so holst du dir halt deine Informationen.

MNT: Bist du mit dem Heinz Prüller akustisch verbunden während dem Rennen?

Andi Gröbl: Wir haben zwei Technikkonfigurationen – die eine ist Europa, die andere ist Übersee. In Europa ja, da habe ich so einen Funk-Rucksack mit, aber da gibt es wie gesagt das Problem mit den Frequenzen. Da kann es dir passieren, dass du ein halbes Rennen über nichts hörst.

MNT: In Europa, und wenn du Glück hast, hörst du seinen Kommentar?

Andi Gröbl: Ja, im Prinzip. Ich höre auch Signale vom Regisseur aus dem Übertragungswagen, die mir dann so Sachen sagen können wie: „Du pass auf, Raikkonen sitzt jetzt gerade auf einem Mofa und fährt hinten bei der Osteinfahrt rein.“

MNT: Würdest du sagen, dass dir der Rock’n Roll in deinem Blut bei diesem Job hilft, weil du ja doch sehr spontan Entscheidungen treffen musst?

Andi Gröbl: Absolut. Du hast ja, was die Reporter betrifft, die lustigsten Charaktere in den Boxen. Du hast, böse ausgedrückt, die Tussis, die Mäuschen halt, die versuchen, mit ihrem Charme den Rennfahrern etwas zu entlocken. Dann hast du die Beamtenreporter, die man halt ausgeschickt hat, um 2:30 Minuten nach Hause zu bringen. (lacht)

Dann hast du die wildesten Typen dort und dann hast du eben auch die Leute dort, die es schaffen, in diesem ganzen Trubel, in diesem Wahnsinn immer noch erdig und erdverbunden zu bleiben. Und das ist wahrscheinlich genau so etwas, wie in einem ausverkauften Stadion vor 150.000 Leuten zu spielen und zu wissen, wenn ich jetzt daneben greife, hören das 150.000.

Wenn du live auf Sendung bist und da wird gerangelt und du kriegst die Ellbogen in die Rippen, dann hilft es dir schon, wenn du ein bissl cool bist und vielleicht auch manchmal drüberstehst. Da hilft dir sicher auch die Bühnenerfahrung.

STS: Ist es im Vergleich zu den deutschen Kollegen nicht manchmal schwierig? Dass man sagt: Was will der Österreicher da? Die Deutschen sind doch sehr verbunden, ich denke jetzt an den Kai Ebel und Konsorten – die sind den Fahrern doch wesentlich näher, aus den Gründen der Nationalität?

Andi Gröbl: Ich würde nicht sagen, dass das aus den Gründen der Nationalität so ist, sondern da gibt es durchaus auch geschäftliche Interessen. Das ist ganz klar: RTL ist der Schumisender. Und Schumi kommt immer, egal was ist, immer zuerst zu Kai Ebel von RTL. Und es gibt eine ganz klare Hackordnung. Er geht zuerst zu Kai Ebel, der stellt ihm drei Fragen und dann kommt der Rest dran.

STS: Und dann geht der Kai Ebel weg und die Meute stürzt sich auf ihn.

Andi Gröbl: Ja, genau.

STS: Wer kommt dann danach? Gibt es da auch eine Ordnung?

Andi Gröbl: Bei Schumi ist es so: 1. RTL, 2. Premiere, und dann geht’s um die Wurst, und da waren meistens wir, der ORF, dran.

MNT: Denken die auch an die Zuschauerzahlen? Dass man sagt: Aha, der hat so und so viele Zuschauer und deshalb kriegt er eher ein Interview als einer der weniger Zuschauer hat?

Andi Gröbl: Nein. Da passiert dann irrsinnig viel auf nonverbaler Ebene. Da ist der erste Eindruck irrsinnig wichtig. Deshalb ist es für jede Station gefährlich, Leute in die Formel 1 zu schicken, ohne sie darauf vorzubereiten. So wie das halt leider der ORF gemacht hat, aber das ist jetzt kein Vorwurf. Machst du dir mit den ersten fünf Interviews alles kaputt, brauchst du 5000 Interviews, um das alles wieder auszubügeln.

Ich hatte mit dem Michael Schumacher eine Zeit lang ein Problem - oder eigentlich er mit mir. Weil ich einfach gewisse Regeln, die er ausgegeben hat, nicht beachtet habe.

MNT: Regeln, die Michael Schumacher ausgegeben hat. Welche Regeln gibt er denn aus?

Andi Gröbl: Eine seiner Regeln ist: Ich sage nichts zweimal. Jetzt kann man sagen, das ist unprofessionell...

MNT: Na, das find ich irgendwie auch cool, eigentlich...

Andi Gröbl: Es ist insofern cool, wenn alle seine Aussage bekommen. Jetzt muss man sich aber vorstellen, dort sind jetzt 17 Kamerateams. Da hast du hier den Kai Ebel stehen, dann geht sich noch der Andi Gröbl aus und links daneben die Tanja Bauer. Da wird es vom Winkel her, vom Fernsehbild her schon sehr kompliziert. Da hast du vielleicht noch zwei, die oben mit Mühe und Not die Kamera drüberhalten – und dann ist es aus. Und der, der ganz außen steht, der hat nur noch das Ohrlapperl vom Schumi.

Da muss ich sagen: Für Radio – kein Problem. Nur Fernsehen hat halt eigene Regeln. Im TV muss ich halt leider auch immer auf das Bild achten. Ich finde es nicht richtig von Schumi, das habe ich ihm auch gesagt. Er ist halt der Ansicht, er ist der Weltmeister und daher stellt er auch die Regeln auf. Das muss man auch akzeptieren.

MNT: Nur: Woher weißt du, wenn du ihm eine Frage stellst, ob die nicht bereits gestellt wurde?

Andi Gröbl: Das ist ja das Problem. Du hörst die vorherigen Fragen ja oft auch nicht. Weil ein Kamerateam ist immer ein Kameramann und ein Reporter – jetzt machen wir es oft so, dass wir die Kameraleute in die erste Reihe lassen und Kai und Tanja und wer halt immer grad vorne ist, die haben halt jeder ein Mikro in der Hand. Und jetzt stehe ich halt zwei Meter dahinter und alles was ich sehe ist mein Kameramann. Es ist laut, da sind 50.000 Leute, die alle reden. Du kriegst nichts mit. Es ist eigentlich eine tägliche Gratwanderung.

MNT: Du musst ja für jeden auch die richtige Frage finden. Wie geht es dir dabei?

Andi Gröbl: Teilweise gibt es Abkommen. Es gibt natürlich Fragen, die jeder stellen will oder die jeder stellen muss. Ein Beispiel: Umbau Nürburgring, neue Kurve. Das hat man dann am Donnerstag, als die Fahrer einen Rundgang gemacht haben, und man ohnehin händeringend nach einem Thema sucht, natürlich jeden Fahrer gefragt: „Was sagst du zu den Umbauten?“ Jetzt ist klar, dass beim Schumi schon jemand diese Frage gestellt hat, also brauche ich an diese Frage schon gar nicht mehr denken.

MNT: Aber da gibt es ja sicher auch alternative Wege, wo man die Frage halt andersrum formuliert und man auf diesem Wege halt doch noch etwas zu dem Thema quasi aus ihm hervorlocken kann?

Andi Gröbl: Natürlich. Auf Deutsch geht das ja noch, und ich tue mir im Englischen auch relativ leicht. Nur bei vielen Kollegen ist es dann halt aus.

MNT: Ich kann mich an ein Interview von dir mit dem Heinz Harald Frentzen erinnern. Da ging es darum, dass er wahrscheinlich aufhören wird mit der Formel 1. Und da sagte er süffisant zu dir: „Geh Andi, jetzt sei nicht so traurig...“ Das war aber nicht zynisch, sondern man spürte, oder besser gesagt ich glaubte zu spüren, dass es da eine freundschaftliche Verbindung zwischen dir und ihm gibt. Ist das so?

Andi Gröbl: Ja, Frentzen ist auch so ein Typ, wo ich sage: Da ist einfach Sympathie vorhanden.

STS: Der ist auch ein netter Kerl. Der hat Charme. Der hat einen Schmäh.

Andi Gröbl: Ja. Der sieht auch, dass du ihn respektierst, das ist das Wichtigste. Die wollen halt einfach Respekt. Denn sie kriegen manchmal auch einfach keinen Respekt. Das muss man auch mal sagen.

Ein Fahrer, der gut oder schlecht gefahren ist, was auch immer, den ziehen sie dort hin zu einer Interviewwand, dann sieht der plötzlich eine Menschenmenge - ich stelle mir das jetzt so bildlich vor - auf sich zukommen. Eine Menge von 30 oder 40 Leuten, wo dann plötzlich zehn Mikrofone unter seiner Nase sind und alle plärren ihn an. Weil jeder will der erste sein, der die Frage stellen darf. Da bist du wie ein Tier im Zoo.

MNT: Ich kann mir vorstellen, dass man als Fahrer auch spürt, ob das Gegenüber jetzt wirkliches Interesse an dir hat oder ob der Reporter halt nur seinen Job erledigt.

Andi Gröbl: Na logisch.

MNT: Und dass ein Fahrer vielleicht auch bei dir spürt, dass da einer ist, der mit zehn Jahren seine Formel 1-Zeitungsausschnitte in dicke Hefte geklebt hat...

Andi Gröbl: Na klar.

MNT: Es geht wohl auch darum, dass halt auch Reporter mit dem Herzen dabei sein sollten. Und das ist für dich sicher auch von Vorteil.

Andi Gröbl: Sicher. Genau das ist der Punkt. Aber wenn du da die Leidenschaft nicht hast in diesem Job, dann machst du ihn auch nicht lange. Ein interessantes Phänomen ist, dass es viele Leute gibt, die sich in ihrem Leben in den Kopf gesetzt haben: Ich möchte einmal in der Formel 1 arbeiten.

Und ich sage jetzt mal: Ungefähr 60 bis 70 Prozent von denen machen das genau so lange, bis sie dort sind und dann noch ein Jahr, die Saison machen sie noch fertig und dann siehst du sie nie wieder. Sie sind ehrgeizig, aber dann sehen sie, wie das wirklich läuft, sind desillusioniert oder sagen sich: Ich halte das nicht aus, das viele Reisen, der viele Stress und so weiter. Und dann sind sie halt froh, wenn sie sagen können: Ich war mal in der Formel 1. Es gibt ganz wenige Journalisten, und ich bin ja noch nicht so lange dabei, seit 1998, die zu meinen Anfangstagen schon dabei waren.

MNT: Dagegen ist ja der Helmut Zwickl mit seinen vier Jahrzehnten Formel 1-Berichterstattung ein wahrer Renn-Dinosaurier.

Andi Gröbl: Solche Leute wie der Helmut Zwickl – da gibt es auf der ganzen Welt vielleicht 20 Leute.

MNT: Im Gegensatz zum Kollegen Zwickl hast du keinen Vergleich, du kannst nicht sagen wie die Situation im Vergleich zu den Sechzigerjahren ist. Du hast dich von Beginn an mit der gegenwärtigen Lage anfreunden müssen. Mit diesem fast schon militärischen Drill im Fahrerlager.

Die Kollegen wie Zwickl, Prüller oder Kuntschik klagen über leere Piloten-Worthülsen, weil sie Vergleiche ziehen können mit den alten Zeiten. Kann man sagen, dass du irgendwie auch ohne diese Vorbehalte an die Sache rangehen kannst? Dass du deshalb auch weniger enttäuscht bist über die gegenwärtige Situation, weil sie für dich einfach von Beginn an so gegeben war?


Andi Gröbl: Ich habe diese Vorbehalte, die der Helmut hat, nicht - das ist mir schon klar, der sieht das natürlich mit ganz anderen Augen. Ich habe ja in der Formel 1 der großen Automobilkonzerne begonnen. Ich habe eigentlich nie etwas anderes kennen gelernt. Ich glaube, man kann den Fahrern nur bedingt einen Vorwurf machen.

Das sind halt heute einfach die Gokartkids, die sie auch von Beginn an darauf hin trimmen. Du musst ein gewisser Typus Mensch sein, um heute in der Formel 1 Erfolg zu haben. Kimi Raikkonen zum Beispiel.

Also einer wie der Berger, der aus dem Alfasud-Cup gekommen ist, der, so glaube ich, eine Saison Formel 3 hinter sich hatte und dann in die Formel 1 gekommen ist und mit seinem Schmäh und seiner Schlitzohrigkeit alle „auf leiwand“ gehabt hat, wie man sagt, der würde heute nicht einmal in die Formel 3 kommen.

Das Anforderungsprofil ist ein anderes geworden. Heute bin ich als Pilot der oberste Repräsentant eines Automobilkonzerns, im Normalfall. Die sind schon so corporate, wie die Amis sagen, und zwar schon in der Formel Ford, dass es eigentlich fast zum Weinen ist. Und es ist auch nicht wirklich erwünscht, ein Typ zu sein. Man hat das beim Villeneuve gesehen...

STS: Charisma ist nicht gefragt...

Andi Gröbl: Charisma? Das wollen wir nicht…

MNT: ...sagen die Hersteller. Beim Publikum ist Charisma sehr wohl erwünscht, denke ich. Das lechzt ja schon auch nach Persönlichkeiten.

Andi Gröbl: Dazu muss ich sagen: Der Juan Pablo Montoya wäre in den Siebzigerjahren nicht einmal aufgefallen. Vor vier Jahren hat die Nina Rindt eine sehr interessante Aussage gemacht. Sie war bei einem Grand Prix dabei und sie ist dann die Startaufstellung abgegangen und danach hat sie gemeint: „Ich bin entsetzt. Weil das sind ja lauter Kinder heutzutage.“

Und sie hat Recht. Wenn ich mir anschaue ein x-beliebiges Starterfeld von früher, mit einem Jochen Rindt, einem Emerson Fittipaldi, einem Clay Regazzoni, einem Francoise Cevert, einem Mario Andretti oder einem James Hunt. Diese Typen, die du damals hattest. Und heute schau ich mir an einen Herrn Massa, einen Heidfeld und Konsorten...

MNT: Was würdest du sagen: Sind das keine Typen mehr oder haben sie heute einfach keine Chance, sich als Typen zu präsentieren. Vielleicht sind sie ja doch auch Charakterköpfe?

Andi Gröbl: Nein, ich glaube nicht, dass sie das sind. Weil das heute so professionell geworden ist, dass alles, was dich ablenkt vom eigentlichen Job, vom Rennfahren und vielleicht noch vom Präsentieren eines Sponsors, schlecht für dich ist.

Es gibt oder es gab ganz wenige Ausnahmen wie den Jacques Villeneuve, der meines Erachtens ein unglaublicher Typ ist. Und der mit einer unglaublichen Härte auch gegen sich selbst sagt, was er denkt. Man sieht aber auch, wie das honoriert wird - nämlich gar nicht.

Wenn ich heute ein Sponsor bin und ich möchte große Medienaufmerksamkeit haben, müsste ich den Villeneuve doch auf Händen tragen. Früher war Rennfahren gefährlich. Ein 18järhiger, der sich in einen Formel Ford gesetzt hat, hat gewusst: Ich kann meinen 19. Geburtstag vielleicht nicht mehr erleben. Und einer, der in die Formel 1 gekommen ist, noch in den Achtzigerjahren, hatte eine relativ große Chance, dass er da nicht mehr lebend rauskommen wird.

MNT: Da geht man dann vielleicht auch mehr aus sich heraus, wenn man so nahe am Abgrund steht.

STS: Da lebt man jeden Tag als wäre es der letzte...

Andi Gröbl: Es ist ja in der Persönlichkeitsentwicklung etwas ganz anderes, wenn ich mit dem Tod konfrontiert werde, als wenn ich mit einem Videospiel konfrontiert werde. Keiner von denen muss heute noch Angst haben, dass ihm was passiert.

Dem kann es bei 300 km/h die Aufhängung wegfetzen, wie dem Rubens Barrichello letztes Jahr, und nichts passiert. Der rodelt halt ewig durch das Kiesbett, steigt aus, putzt sich ab und der ist dann nicht einmal blass im Gesicht.

Morgen Donnerstag finden Sie auf motorline.cc den vierten und letzten Teil des Gesprächs mit Ex-ORF-Interviewjäger und Neo-Tele5-Kommentator Andi Gröbl: Warum im sterilen Fahrerlager nach Saisonschluss dann plötzlich die Fetzen fliegen. Warum 2003 das spannendste Jahr seit langem war. Welchen Vorteil profillose Slicks haben und warum ein sensibler Hintern in der modernen Formel 1 nicht mehr ganz so wichtig ist.

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