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Düsenjets Ja! Motorsport Nein!

Mit einer Rettungsaktion möchte man das Sterben des Spielberg-Projekts verhindern. Die Bundesregierung kündigte eine „Task Force“ an...

Politische Entscheidungen in der Alpenrepublik – nicht selten lösen sie Kopfschütteln aus, in Österreich und auch im Ausland. Ein Paradebeispiel ist der Fall Spielberg. Die steirische Landesregierung hat, nachdem Bernie Ecclestone im Jahr 2002 den Vertrag mit dem A1-Ring kurzerhand kündigte, Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz ersucht, auf dem Ring „etwas zu machen“...

Und Mateschitz ließ sich nicht lumpen, stellte ein atemberaubendes Projekt auf die Beine, eine Motorsport-Akademie, eine Flugschule, sechs verschiedene Rennstrecken, dazu Hotels und eine beeindruckende Infrastruktur. Die Landesregierung hat das Projekt genehmigt, der Bau hat bereits begonnen. Und wer weiß – vielleicht hätte Mateschitz auch die Formel 1 wieder in die grüne Steiermark geholt. Doch dann gab es den negativen Bescheid des Umweltsenats, zwei Bürger-Initiativen haben Beschwerde eingelegt...

Der Lärm der Düsenjets ist Alltag in Spielberg...

Der Umweltsenat begründete die Ablehnung damit, dass Schadstoffe die Luft belasten würden und die Rennmotoren zu laut für die Anrainer seien. An sich eine nicht unlogische Begründung. Doch ein paar Kilometer von Spielberg entfernt befindet sich der Fliegerhorst Zeltweg - dort starten die Jets des Bundesheeres, der kränkelnde Draken und der teure Euro-Fighter, beide höchst umstritten, regelmäßig ihre Kontroll- und Übungsflüge. Die Anrainer rund um Zeltweg und Spielberg sind es längst schon gewohnt, dass ihre Kaffeetassen zu wackeln beginnen, wenn das Bundesheer wieder einmal für den sogenannten Ernstfall übt...

Diese Ironie treibt auch dem Spielberger Bürgermeister Kurt Kinderbauer die Zornesröte ins Gesicht – gegenüber dem Kurier erklärte er: „Wir haben seit 1984 die Draken. Und jetzt kommen die Euro-Fighter, die auch nicht gerade leise sein werden. Das verstehen die Leute dann nicht mehr: Bei den Draken hat sich niemand um den Lärm gekümmert, da war kein Umweltsenat da. Aber der Motorsport ist zu laut.“

Das sieht auch der steirische Tourismuslandesrat Hermann Schützenhofer nicht anders, der im ORF erklärte: „Ich möchte schon dem Herrn Bundeskanzler und der Bundesregierung sagen: Die Eurofighter und die Draken sollen wir schlucken, das ist nicht umweltgefährdend - aber ein ganzjähriges Veranstaltungszentrum, in dem man auch ein paar Rennen macht, soll es nicht geben. Das ist ein Widerspruch in sich, die Geduld der Steiermark ist langsam zu Ende.“

Demonstration gegen das Sterben des Red Bull-Projekts

Mit seiner Geduld am Ende war aber auch Red Bull-Boss Dietrich Mateschitz, der das Projekt bekanntlich kurzerhand für beendet erklärt hat. Er sei nicht bereit, das Projekt neu durchzuplanen und einen neuerlichen Antrag zu stellen, sagte er in einer ersten Reaktion. Danach jedoch haben zahlreiche Politiker ihre Vermittlung angeboten und das Ende des ehrgeizigen Projekts bedauert. Jetzt wird fieberhaft an einer Art Rettungsaktion für das Großprojekt gearbeitet.

Der Hintergrund: Die Region Spielberg hätte damit eine außerordentliche Wirtschaftsbelebung erfahren, 700 Millionen Euro hätte Red Bull investiert, 300 Arbeitsplätze allein in der Startphase und 10.000 weitere für den Aufbau wären entstanden. In Zeiten der Wirtschaftskrise wäre das mehr als nur willkommen gewesen - und so haben am Dienstag an die 1000 Menschen gegen das Sterben des Großprojekts demonstriert...

Red Bull-Dose als Trophäe

Kann man also in Österreich mit ein paar Bürgerinitiativen und Lärmbeschwerden ein solches Großprojekt abdrehen? Der ORF besuchte im Rahmen seiner Nachrichtensendung „Zeit im Bild“ den Leiter einer der beiden Bürgerinitiativen, Karl Arbesser. Auf dessen Schreibtisch steht, wie eine Trophäe, eine Red Bull-Dose - wie es sich für einen umweltbewussten Menschen gehört, selbstverständlich in der Light-Version...

Er hoffe nicht, dass der Entscheid nun das endgültige Aus für das Projekt bedeutet, sagte Arbesser. Und: „Wir haben nie gesagt: Es darf nicht entstehen. Uns war nur die Summe der beantragten Möglichkeiten des Projekts suspekt. Ich hoffe, dass es jetzt möglich ist, ein Projekt zu verwirklichen, das man umweltfreundlich betreiben kann.“ Arbesser ist auch Schlossbesitzer – dass er dieses an Red Bull verkaufen wollte, der Deal jedoch nicht zustande kam, habe selbstverständlich nichts damit zu tun, versicherte er. Ein anderer Beschwerdesteller erklärte in der Sendung, er habe lediglich die Crossover-Strecke bemängelt. Auch er hätte niemals das Ende des gesamten Projekts erwirken wollen. Der Spielberger Bürgermeister bezeichnete die Statements der Bürgerinitiativen als „Krokodilstränen“...

Dass diese Entscheidung ermöglicht wurde, liegt wohl auch daran, dass die Umweltgesetze in Österreich zum Teil zwanzig Jahre alt sind und daher nur noch wenig zeitgemäß sind. Die Abgeordnete der Grünen, Eva Glawischnigg, verwies jedoch auch darauf, dass „in Österreich jeder Häuselbauer sich an die Umweltgesetze zu halten hat“.

Hat die Landesregierung Gutachten ignoriert?

Zudem warfen die steirischen Grünen der Landesregierung vor, Gutachten ignoriert und somit falsche Hoffnungen erweckt zu haben. Glawischnigg sprach von einer „beispiellosen Schlamperei“, der Umweltsenat habe „gar nicht anders können, als den Bescheid aufzuheben“. Laut ORF haben zwei Bürgerinitiativen schon des längeren wiederholt auf die Lärm- und Luftbelastung hingewiesen. Die steirische Landesregierung wiederum spricht von einer „verantwortungslosen Entscheidung des Umweltsenats“. Wie so oft will also niemand schuld sein an der Misere...

Rettungsaktion: Bundesregierung kündigt „Task Force“ an

Da sich nun aber zahlreiche Politiker verschiedener Parteien, in einer fast schon befremdlich wirkenden Einigkeit, für das Weiterleben des Projekts einsetzen, darf nun wieder gehofft werden, dass man noch eine für Mateschitz und die Beschwerdeführer tragbare Lösung findet. Mittlerweile hat sich auch die Bundesregierung eingeschaltet – Bundeskanzler Wolfgang Schüssel kündigte eine „Task Force“ an, ein Gremium aus verschiedenen Politikern, mit dem Ziel, das Motorsport-Zentrum doch noch Realität werden zu lassen...

Dietrich Mateschitz wollte am Abend keine Stellungnahme abgeben - ob er sich, falls eine Einigkeit möglich wäre, umstimmen lässt, ist fraglich, aber nicht unmöglich, es wird darauf ankommen, welche Lösungen die Spitzenpolitiker im Rahmen des geltenden Rechts anbieten können.

Niki Lauda, mit seiner Fluglinie auch ein gebranntes Kind in Sachen Ösi-Politik, brachte es in der ZIB auf den Punkt: „Er war bereit, sehr viel Geld zu investieren, wollte ein Hotel bauen, eine Akademie einrichten und in weiterer Folge auch den Österreich-Grand-Prix wieder aufleben lassen. Das wäre für die Gegend und für den Motorsport gut gewesen. Wenn ich der Didi bin, würde ich sagen: 'Dann pfeif ich drauf'!’“ Jetzt hofft beinahe das ganze Land, dass er es nicht tun wird...

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