Formel 1: News | 26.01.2005
Warum so eilig, Herr Mosley?
Die Wogen um die FIA-Pläne zu den einschneidenden Regeländerungen der kommenden Jahre schlagen immer höher, nun drohen die Teams mit Boykott.
Max Mosley ist ein fleißiger Briefeschreiber. Am Dienstag wurden die Vorzeichen allerdings umgedreht: Mosley selbst erhielt einen von den Teamchefs und Bernie Ecclestone bei einem Meeting in London verfassten Brief.
In diesem Schriftstück stellen die neun Teambosse - Ferrari war nicht beteiligt - klar, dass sie ein für Freitag angesetztes Treffen mit Mosley nicht wahrnehmen möchten, um erst die Auswirkungen der 2005er Regeländerungen bei den ersten Saisonrennen zu studieren, bevor man weitere Änderungen für die Zukunft vornimmt.
Die FIA-Pläne
Und genau solche waren und sind für das Meeting am Freitag geplant: Die Einführung einer Standard-Kontrolleinheit für Auto und Motor, Restriktionen bei der Telemetrie und den Sensoren, Standard-Bremsen, neue Schwerpunkt- und Mindestgewichtsregeln, eine weitere Reduzierung des Abtriebs, langlebige Komponenten, eine Ausdehnung der Motorenlebensdauer, ein Drehzahllimit, eine Eingrenzung der zu verwendenden Materialien, ein Einheitsreifen, das Verbot von Reifenwärmern, die Abschaffung des T-Cars, das zweitägige Grand-Prix-Wochenende, eine Kürzung der Teammitglieder vor Ort sowie Ideen zu Maximalgehältern für Fahrer und ein Höchstalter für den zweiten Piloten.
Der große Oberbegriff für diese radikalen und teilweise mehr als streitbaren Regeländerungsgedanken lautet dabei wieder einmal: Kosteneinsparung. Warum Max Mosley in diesem Zusammenhang den anerkannt größten Kostenverursacher, die ausufernden Testfahrten, immer noch nicht berücksichtigt, weiß wohl noch nicht einmal seine überstrapazierte Schreibmaschine.
Wir haben keine Zeit
Ebenso unklar ist, warum der FIA-Präsident das anberaumte Meeting am Freitag mit aller Macht durchziehen möchte, obwohl in dessen Rahmen überhaupt keine gültigen Entscheidungen getroffen werden dürfen. Dies obliegt allein der Formula One Commission, die zuletzt im Juni des vergangenen Jahres tagte und deren letztes Meeting im Dezember kurzerhand, unbegründet und zum Ärger der Teams von Mosley abgesagt wurde.
Nun stehen die Zeichen umgekehrt: Die Teams möchten Mosleys Versammlung absagen. Und obwohl es weder Grund zur Eile noch eine Verpflichtung für die Teamchefs dort aufzukreuzen gibt, besteht Mosley darauf, dass das Meeting wie geplant über die Bühne gehen soll.
"Wir glauben, dass die Pläne für 2008 in nur wenigen Wochen finalisiert werden können", schreibt Mosley in einem Antwortbrief an die Teams. "Wir glauben zudem daran, dass eine frühere Einführung von Kostensenkungsmaßnahmen von allen Teams als höchst erstrebenswert angesehen wird, um die finanzielle Stabilität aller Teilnehmer, aber insbesondere der unabhängigen Teams, zu sichern."
Als Grund für die "sofortigen Maßnahmen" nennt Mosley seine Angst vor einer Finanzkrise in der Formel 1. Deshalb sollten die Kostensenkungspläne nicht lange diskutiert, sondern so schnell wie möglich durchgesetzt werden.
Let me entertain you
"Zuerst sollten wir Ausgaben für Dinge die das Publikum weder interessieren noch unterhalten streichen", versucht Mosley die Richtung vorzugeben. Warum in seinen Vorschlägen dann noch immer keine Rede von einer Testbeschränkung ist, hat die Schreibmaschine bislang immer noch nicht verraten. "Zum Beispiel bringen die immer teureren Getriebe der Formel 1 nichts – höchstens einer klitzekleinen Gruppe von Ingenieuren." Und natürlich der klitzekleinen Gruppe von Automobilherstellern, die das Schaufenster Formel 1 nutzen möchten, um ihr Können zu demonstrieren.
"Zudem müssen wir die Wichtigkeit teurer Technologien verringern, so dass der Verbesserungsspielraum beim Ausgeben immenser Summen nur noch minimal ist." Mit anderen Worten gesagt, sollen die Leistungs- und Ausgabenkurve so "flach wie möglich" verlaufen.
"Beispielsweise können wir ein Team nicht davon abhalten, 24 Stunden am Tag im Windkanal zu arbeiten, aber mit einer cleveren Aerodynamikregel können wir sicherstellen, dass die Vorteile, die dadurch gewonnen werden, im Vergleich zu den weniger gut ausgestatteten Teams gering sind."
Wie "clever" die Regeln und Verbote der FIA dabei sein werden, bleibt allerdings noch abzuwarten. Denn im Bezug auf das Qualifying ist man schon seit Jahren damit beschäftigt, eine "clevere Lösung" zu finden. Nur scheint auch diese noch in Mosleys Schreibmaschine festzustecken...