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Willkommen zurück, Michael Schumacher

Natürlich: Er ist besessen, vom Ehrgeiz zerfressen. Aber: Er will es unbedingt wieder wissen – und das verleiht der Formel 1 Spannung pur…

Michael Noir Trawniczek, noir@motorline.cc

Er habe diesem Ausnahmerennfahrer mehr als ein Jahrzehnt lang einen geruhsamen sonntäglichen Mittagsschlaf zu verdanken - jedes Mal sei er kurz nach dem Start, als ein rotes Auto einsam dem Rest des Feldes enteilte friedlich entschlummert und jedes Mal sei er von der lebhaften italienischen Bundeshymne wieder erweckt worden, erinnert sich ein Kollege, dessen Namen hier keinesfalls verraten wird.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Die letzten drei Jahre gab es keinen Mittagsschlaf für den Kollegen, denn in diesen drei Jahren wusste man – die meiste Zeit über zumindest - eines ganz sicher nicht: Wer am Sonntag gewinnen wird.

Besteht nun die Gefahr, dass unser Kollege womöglich erst am späten Abend erwacht –weil die deutsche Hymne ganz sicher keine Aufweckqualitäten vorweisen kann? Besteht nun also die Gefahr, dass Schumacher erneut eine beispiellose Siegesserie aufs Parkett legt? Dass der Zauber des „größten Comebacks der Sportgeschichte“ nach wenigen Rennen verpufft, weil der Siebenfache zur Saisonmitte bereits ein Achtfacher ist?

Dramatisches Starterfeld 2010

Man weiß es nicht. Allerdings: Zuzutrauen ist es ihm. Und: Höchst spannend ist es ebenfalls! Dieses Comeback belebt die Formel 1 ungemein – was für ein dramatisches Starterfeld 2010: Das deutsche Mercedes-Team mit Schumacher und Rosberg. Das britische McLaren-Team mit den britischen Champions Button und Hamilton. Das italienische Ferrari-Team mit dem zweifachen Weltmeister Fernando Alonso und dem Fast-Weltmeister 2008 Felipe Massa. Dazu das österreichische RBR-Team mit Vettel und Webber. Acht siegfähige Piloten, vier titelverdächtige Teams!

Die Zeiten haben sich geändert. Schumachers Husarenritte auf zwei Rädern haben der Welt gezeigt: Schumacher ist tatsächlich ein Racer! Freilich ein Besessener. Doch die Art und Weise, wie er im Sommer zunächst zurückkehren wollte, seine Enttäuschung, als er wegen seiner Nackenprobleme absagen musste – das war kein gefühlloser, auf Siege programmierter „Computer“, sondern ein am Boden zerstörter Mensch. Und jetzt sieht er sich als „zwölfjährigen Buben, der vor Freude auf und ab springt“…

Fragezeichen

Offen bleibt freilich: Wie wird es Schumacher im Auto ergehen? Noch im Sommer hieß es, dass die wahre Nacken-Belastung erst im Auto zum Tragen kam. Und im Auto saß Schumacher bislang nicht. Auch im Sommer hat Schumacher alle Belastungstests absolviert…

Manche sagen: Mit 41 sinkt die Reaktionszeit. Das stimmt auf den Durchschnittsmenschen bezogen, doch bei Schumacher wird es wahrscheinlich nicht zutreffen. Er hat niemals aufgehört zu trainieren, hat die letzten drei Jahre über stets Motorsport betrieben. Und angeblich ist man nur so alt, wie man sich fühlt. So gesehen ist vielmehr Vorsicht angesagt: Ein zwölfjähriger Siebenfachweltmeister am Grid!

In Italien wollen ihn manche jetzt als „Verräter“ sehen. Doch Ferrari hat Alonso verpflichtet – und während Luca di Montezemolo nur ein in den Raum gestelltes drittes Auto zu bieten hatte, fädelte Norbert Haug jenen Deal ein, mit dem er den ohnehin schon Comeback-freudigen Schumacher an Bord holen konnte. Man muss Schumacher verstehen: Drei Jahre im ersten echten Silberpfeil seit 1955 – das gab es jetzt, oder nie mehr.

Nur der Titel zählt

Neben dem Mythos Silberpfeil, der Rückkehr in die Arme von Mercedes konnte Haug noch viel mehr bieten: Das „Dreamteam“ mit Ross Brawn, das Brawn-Team, welches heuer als Phönix aus der Hondaasche entsteigen und gleich einmal Weltmeister werden konnte. Ein Schumacher kehrt nur in einem siegfähigen, titelfähigen Auto zurück, ein solches dürfte er aller Wahrscheinlichkeit nach erhalten.

Man kann Michael Schumacher mögen, man kann ihn aber auch sehr gut überhaupt nicht mögen – und daran wird sich wohl nichts ändern. Er sei vom Ehrgeiz zerfressen, sagen seine Kritiker. No na! Wie sonst könnte man derartige Erfolge erzielen? Im Haifischbecken Formel 1. Schumacher wird auch in seiner „dritten Karriere“ als Silberpfeilpilot vom Ehrgeiz getrieben sein – und sollte er in Monaco kurz vor Sessionende die Polepositionzeit innehaben, dann, ja dann…Sie wissen schon, was gemeint ist…vielleicht an dieser Stelle noch einen lieben Weihnachtsgruß an die liebe Rechtsanwaltskanzlei des Herrn Schumacher…

Sympathie hin, Sympathie her - sein Comeback ist ein Weihnachtsgeschenk für die leidgeprüfte Formel 1. Der bislang erfolgreichste Rennfahrer aller Zeiten will es noch einmal wissen, und er schert sich nicht um seinen Ruf, sein Image. Während sich andere darum sorgen, ob der unsterbliche Siebenfache einen unrühmlichen Abgang erleben könnte, will er nur eines: Wieder fahren.

Und: So lange jemand seines Kalibers eine derartige Freude an der Ausübung seines Sports empfinden kann, ist er herzlich willkommen in der Startaufstellung. Und dass er eine Mordsfreude hat, ist ihm einfach anzusehen. Willkommen zurück, Schumi!

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