Formel 1: Analyse | 14.01.2011
Verstellbarer Heckflügel: Feintuning gefragt
Aus Sicht von McLaren-Chefingenieur Paddy Lowe verdient der verstellbare Heckflügel, der ab der Saison 2011 erlaubt sein wird, eine Chance.
Nach dem justierbaren Frontflügel, der sich 2010 eher als Flop erwiesen hat, kommt nun der verstellbare Heckflügel. Mit diesem neuen Element will man in der Formel 1 das Überholen vereinfachen, für die Fans mehr Spektakel bieten. Doch es gibt viele Skeptiker. Einige Fachleute haben Sicherheitsbedenken, einige Fahrer fürchten, die Positionswechsel könnten zu einfach und häufig werden, Motorsport-Puristen haben generell aus etwas gegen künstliche Eingriffe.
McLaren-Chefingenieur Paddy Lowe hat das Konzept als Mitglied der "Arbeitgruppe Überholen" mitgestaltet. Der Brite ist davon überzeugt, dass der neue Heckflügel mehr Wirkung zeigen wird als der justierbare Frontflügel 2010. "Das hat viel größeren Einfluss", sagt Lowe. "Den Frontflügel haben wir als kleines Mittel für Feintuning bei einem bevorstehenden Überholversuch gesehen. Wie sich aber gezeigt hat, verwendete niemand den Flügel für diesen Zweck."
"Wir haben uns also entschieden, diese Komponente zwecks Vereinfachung und Kosteneinsparung wieder abzuschaffen. Bezüglich der Balance wird es nun etwas kniffliger, weil wir Anpassungen am Frontflügel nun nur noch beim Boxenstopp durchführen können", berichtet der Mclaren-Techniker. Lowe geht fest davon aus, dass der neue Heckflügel seinen Zweck erfüllen wird, ohne dabei für inflationäre Überholmanöver zu sorgen.
"Es liegt an der FIA, den jeweiligen Punkt auf der Geraden festzulegen, ab dem man das System benutzen darf. Es könnte beispielsweise nur auf den letzten 300 Metern vor dem Bremspunkt gestattet werden", erläuert Lowe die Feinheiten, die in Zukunft von Strecke zu Strecke variieren können. "Die FIA hat alle Möglichkeiten, um das System so zu trimmen, dass es sinnvoll ist. Das mag ein oder zwei Rennen lang dauern."
"Sie könnten die Nutzungsphase von Rennen zu Rennen anpassen. Das sollte dazu führen, dass wir bald ein funktionierendes System haben", sagt der Technikfachmann. Bislang hat die FIA im Regelbuch den Einsatz des Systems nur recht grob beschrieben. Fest steht, dass der Heckflügel in allen Trainings frei verwendbar sein wird, im Rennen jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen.
In den Grands Prix darf das System frühestens ab der dritten Runde verwendet werden, ebenso sind die beiden ersten Runden nach einer Safety-Car-Phase tabu. Sollte ein Fahrer an bestimmten Messpunkten weniger als eine Sekunde hinter dem Vordermann zurückliegen, kann er das System aktivieren – also mit weniger Anpressdruck und höherem Topspeed einen Überholversuch starten.
"Eigentlich gibt es keine Grauzonen, alles ist klar und deutlich formuliert", meint Lowe und wischt damit die Kritik vom Tisch. "Es muss sich nur noch zeigen, wie genau das System sich auswirkt. Das müssen wir abwarten und während der Saison beobachten. Das kann doch aufregend werden."