Formel 1: News | 19.03.2011
„Wir Fahrer können mächtig sein!“
Sebastian Vettel und die GPDA schließen einen Streik nicht aus, sollten die neuen Systeme DRS und KERS vom Fahren allzu sehr ablenken…
2011 kommen die Knöpfe für die Aktivierung des Hybridsystems KERS, das für bis zu 6,6 Sekunden pro Runde eine zusätzliche Leistung von 82 PS freisetzen kann, und für das sogenannte "Drag-Reduction-System" (DRS), das durch eine temporäre Verstellung des Heckflügels Überholmanöver forcieren soll, neu dazu.
Vettel findet jedoch, dass Überholmanöver nicht künstlich herbeigeführt werden sollten. Insbesondere KERS ist dem amtierenden Weltmeister ein Dorn im Auge.
"Man drückt auf den Knopf und hat für 6,6 Sekunden diese Mehrleistung von 82 PS", erklärt er unlängst bei Servus TV und stellt die Wirkung in Frage: "Es gleicht sich in gewisser Weise aus. 2009 hatten Mercedes und Ferrari KERS, alle anderen nicht. Dadurch gab es den Unterschied. Jetzt hat es jeder - und dadurch drückt es vielleicht jeder, zum Überholen wie auch zum Verteidigen. Von daher hebt sich das Ganze wieder auf. Unterm Strich bin ich kein allzu großer Fan von KERS."
"Es ist einfach mehr Arbeit für uns. Wir müssen ständig auf den Knopf drücken und das ist nicht ganz einfach", sagt der RBR-Pilot. "Im Freien Training und im Qualifying kommt der verstellbare Heckflügel noch dazu - im Rennen fällt er weg, es sei denn, man ist in einer Position, um den Vordermann zu überholen. Aber was das KERS angeht, hat man jede Runde seine Stellen, wo man gleichzeitig auf den Knopf drücken und auf das Display schauen muss."
Das ist seiner Meinung nach - ähnlich wie die Bedienung des F-Schacht-Systems im Vorjahr - nicht nur eine Frage der persönlichen Vorlieben der Fahrer, sondern könnte auch zu einem Sicherheitsthema werden. Vettel erläutert: "Man muss sich das so vorstellen: Man hat 100 Prozent pro Runde zur Verfügung, eben diese 6,6 Sekunden. Sobald man den Knopf aktiviert, muss man wissen: Wo bin ich jetzt?"
"Die Simulation spuckt zum Beispiel aus: Nach Kurve eins braucht es 30 Prozent, nach Kurve zwei nochmal 40 Prozent und den Rest bei Start und Ziel. Man hält sich als Fahrer dran, hat das aber nicht genau im Gefühl. Also läuft das Display um diese 30, 40 und nochmal 30 Prozent hoch. Man hat jedes Mal die Augen auf dem Display und nicht mehr auf der Fahrbahn. Natürlich kriegt man in etwa mit, was passiert, aber es ist schon einiges zu tun", so der 23-Jährige.
"Dazu kommt noch der Heckflügel", ergänzt Vettel. "Im Rennen gibt es dann einen Punkt, der entscheidet, ob du dicht genug am Vordermann dran bist oder zu weit weg. Ab diesem Punkt hört man als Fahrer ein akustisches Signal, also zum Beispiel einen Piepton, der bedeutet: Feuer frei! Dann drückt man den Knopf oder zieht den Hebel, je nachdem, und der Flügel klappt nach oben. Dadurch wird das Überholen vielleicht möglich."
Doch sollten sich seine Befürchtungen bewahrheiten, dass also die beiden Systeme allzu sehr vom Fahren ablenken, wird Vettel wohl nicht tatenlos zusehen.
"Die meisten Fahrer sind sich einig, dass es unter gewissen Umständen ein Sicherheitsthema sein könnte. Ob das wirklich der Fall ist, müssen wir abwarten. Darüber diskutieren wir", wird er von Autosport zitiert.
"Wenn es ein wirklich großes Thema werden sollte, dann ist das Wichtigste, dass wir Fahrer zusammenhalten. Wenn wir alle übereinstimmen, können wir Fahrer sehr mächtig sein, denn unterm Strich können wir sagen: Okay, fahren wir halt nicht!"
Man darf dies wohl nicht als akute Androhung verstehen, doch sollte es hart auf hart kommen, dann haben die Fahrer ein Mittel, wie sie ihrer Meinung Ausdruck verleihen können.
Vettel betont: "Die Autos sind heute viel sicherer, aber wenn neue Dinge kommen, denen man kritisch gegenüberstehen muss, dann reden wir darüber. Das bedeutet nicht zwingend, dass wir gleich streiken müssen, aber wir werden mit der FIA eine Lösung finden."