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Formel 1 trifft Silicon Valley Mercedes möchte in Brackley einen hochmodernen neuen Formel-1-Campus
Mercedes AMG

Mega-Investition bei Mercedes: Moderner Campus in Brackley geplant

Mercedes will einen neuen hochmodernen Formel-1-Campus in Brackley bauen, der mit Anlagen im Silicon Valley mithalten kann und zur Wohlfühloase werden soll

Mercedes hat eine umfangreiche Erneuerung seiner Formel-1-Fabrik in Brackley angekündigt, die dazu beitragen soll, das Werk in einen hochmodernen Parkcampus im Stil des Silicon Valley zu verwandeln.

Die Pläne, die Teil einer rund 80 Millionen Euro teuren Investition von Mercedes in seine Infrastruktur und seine Mitarbeiter sind, umfassen die Schaffung eines autofreien Settings sowie den Bau neuer Marketinggebäude, Freizeiteinrichtungen und Restaurants, um das Arbeitsumfeld des Teams zu verbessern.

Das Team ist überzeugt, dass der neue Campus, der bis Ende 2025 fertiggestellt sein soll, neben den Entwicklungsarbeiten, die im Hauptwerk in Brackley zur Verbesserung der operativen Fähigkeiten durchgeführt wurden, dazu beitragen wird, etwas zu schaffen, das in der Formel 1 seinesgleichen sucht.

"Der Campus in Brackley wurde für 350 Mitarbeiter gebaut, heute sind es 1.250", erklärt Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. "Die Entwicklung des Campus in den letzten fünf Jahren erfolgte in einem erstaunlichen Tempo, und heute sieht es aus wie bei einem Formel-1-Team mit hochmodernen Einrichtungen."

"Wir planen, den Campus mit mehreren neuen Gebäuden zu erweitern und einen modernen Campus zu schaffen, mit vielen Pausenbereichen, Restaurants, hochmodernen Sporthallen und neuen Marketinggebäuden", so der Österreicher weiter.

Und: Mercedes möchte alle Autos aus dem Gelände größtenteils verbannen: "Wir wollen, dass es ein eigenes kleines Dorf wird, mit allen Annehmlichkeiten und Vorteilen, die man von einer Umgebung im Stil des Silicon Valley erwarten würde."

Funktion vor Form

Mercedes glaubt, dass ein Investment in sein Personal und das Arbeitsumfeld ein Schlüssel ist, um in der Formel 1 langfristig Erfolg zu haben. Daher sieht man alles, was man in der Fabrik in Brackley anbieten kann, als wichtiges Element.

"All das wird natürlich für unsere Leute gemacht. Wir versuchen nicht, eine Art Architekturpreis zu gewinnen", betont Wolff. "Das ist nicht so wie bei einigen unserer Konkurrenten vor 20 Jahren, wo man sich verirrt hat und wahrscheinlich eher die Architektur betont hat. Hier folgt die Form der Funktion, nicht umgekehrt."

"Aber nichtsdestotrotz wird alles getan, um einen großartigen Ort zu schaffen, an dem man arbeiten und seine Zeit verbringen kann", sagt er.

Mercedes hat bislang an 30 verschiedenen Projekten gearbeitet, um die Anlagen zu verbessern, und dabei rund 45 Millionen Euro ausgegeben - weitere 35 Millionen Euro sollen folgen.

Die Verbesserungen in der Fabrik werden auch alle Aspekte der NetZero-Ziele des Teams berücksichtigen - sie werden mit 100 Prozent erneuerbarer Energie aus internen und externen Quellen betrieben. Ein neues Parkhaus wird auch eine Solaranlage vor Ort umfassen.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung der biologischen Vielfalt in dem Gebiet und die Verwendung von wiederverwendbaren und recycelbaren Materialien bei Neubauten, soweit dies möglich ist. Die neuen Gebäude werden auch so konzipiert, dass ein Recyclingziel von mehr als 60 Prozent für Büroabfälle erreicht wird.

Vergleichbar mit dem Silicon Valley

Wie Wolff betont, möchte er dabei nicht nur die beste Fabrik in der Formel 1 haben, sondern er möchte eine Fabrik haben, die es auch mit dem besten Standard in Silicon Valley aufnehmen kann.

"Wir orientieren uns nicht an unseren sportlichen Konkurrenten", sagt er im Interview mit der globalen Sprachausgabe von 'Motorsport.com'. "Wir orientieren uns an den besten Technologie-Campussen, die wir aus den Vereinigten Staaten kennen. Das ist der Ehrgeiz."

Dem Zyniker mögen solche Ausgaben als ziemlich leichtsinnig erscheinen - vor allem, weil die Teams in der Ära der Budgetgrenze in der Formel 1 jeden Cent nutzen müssen, um ihr Auto schneller zu machen.

Schließlich kann eine Zehntelsekunde, die mit einer neuen Entwicklung herausgeholt wird, bei der derzeitigen Konkurrenzsituation in der Startaufstellung an einem Samstagnachmittag schon ein paar Positionen wert sein.

Aber es ist wichtig, die Motivation hinter dem Umbau des Mercedes-Werks zu verstehen: Es geht nicht darum, das Auto heute schneller zu machen, sondern darum, es morgen schneller zu machen. Denn Wolff macht keinen Hehl aus der Tatsache, dass die Motivation hinter den Veränderungen in Brackley darin besteht, etwas zu schaffen, wo die besten Köpfe der Formel 1 arbeiten wollen.

Da die Auswirkungen der Budgetgrenze in der Formel 1 spürbar sind (und der Bau von Einrichtungen wie dem Campus außerhalb des Geltungsbereichs der Regeln liegt), haben die Teams erkannt, dass es einen verstärkten Wettbewerb um die besten Mitarbeiter gibt - und auch um sie zu halten.

Mitarbeiter muss man anders ködern

Wolff sagt, dass das Design des neuen Campus nicht dazu dient, Sponsoren etwas Schönes zu zeigen oder Aufmerksamkeit zu erregen, um irgendwelche Architekturpreise zu gewinnen. Stattdessen gibt es praktische Gründe dafür - Brackley soll zu einem Ort werden, an dem die besten Leute arbeiten wollen.

"Man darf sich nie von der Ästhetik eines Campus hinreißen lassen", sagt er. "Wenn das zur Hauptpriorität wird, muss man sich darauf konzentrieren, was das Beste für die Menschen ist."

"Dies ist auch ein Kampf um die Bindung von Talenten und die Einstellung von Mitarbeitern und darum, ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Das zeigt unser Engagement und dass das, was wir tun, für alle unsere Mitarbeiter gilt. Wir wollen, dass es ein erstklassiger Technologiecampus wird", so der Österreicher.

Es braucht eben andere Faktoren, um die besten Köpfe für sich zu gewinnen. Früher reichte ein hoher Gehaltsscheck aus, doch das ist durch die Budgetgrenze eben nicht mehr so einfach möglich. Abgesehen von den drei Spitzenverdienern zählen alle anderen Gehälter in die Grenze mit rein, sodass man abwägen muss, wie viel man den Mitarbeitern zahlt und wie viel man in das Auto investiert.

"Wir müssen die besten Leute anziehen und halten", sagt Wolff. "Wir haben mit der Budgetgrenze gesehen, dass wir manchmal in unseren Möglichkeiten eingeschränkt sind, die Leute genauso zu bezahlen wie andere Branchen."

"Es gibt Bereiche, in denen wir aufgrund des Kostendeckels eindeutig nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Und das ist etwas, mit dem wir uns auch in Zukunft befassen müssen; wie wichtig es ist, die besten Leute hier zu haben."

"Die Formel 1 war immer ein aufstrebendes Umfeld, nicht nur wegen der Arbeit in der Formel 1 an sich, sondern auch wegen der Möglichkeit, mehr zu verdienen als in jeder anderen technischen Branche in Großbritannien."

Mercedes hatte seinen Mitarbeitern schon eine an die Inflation angepasste höhere Bezahlung von rund zehn Prozent gegeben, dennoch will das Team nicht untätig sein und auch das Arbeitsumfeld bestmöglich gestalten.

"Das Lernen kommt von der Frage, wie wir heute arbeiten", erklärt Wolff. "Wie schaffen wir einen attraktiven Arbeitsplatz, der ein inspirierendes Umfeld bietet, das die Kreativität anregt? Wie schaffen wir Räume, die dazu anregen, weniger von zu Hause und mehr von hier aus zu arbeiten?"

"Natürlich kann man sagen, dass ein Fitnessraum das Auto nicht schneller macht. Aber wenn der Fitnessraum für mehr Zufriedenheit bei den Mitarbeitern sorgt, dann macht das das Auto schneller."

Motorsport-Total.com

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