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V10-Gipfel in Bahrain Christian Horner (Red Bull), Mohammed bin Sulayem (FIA), Gernot Döllner (Audi)
Getti/Audi (Fotomontage)

V10-Gipfel in Bahrain: Was wirklich beschlossen wurde - und was nicht

Was wir über das Powerunit-Meeting wissen: Der V10 wird in der Formel 1 erstmal kein Comeback feiern, weil es dafür nicht die notwendige Mehrheit gibt

Der kühne Traum einiger Formel-1-Nostalgiker, dass die für 2026 geplanten V6-Hybrid-Turbomotoren schon 2028 wieder Geschichte sein und einem V10-Saugmotor weichen könnten, ist ausgeträumt. Das ist das Ergebnis jenes mit Spannung erwarteten Herstellergipfels, der am Freitagmorgen im Ritz-Carlton-Hotel in Manama, etwas mehr als eine halbe Autostunde vom Bahrain International Circuit entfernt, stattgefunden hat.

Selbst Christian Horner, einer der lautesten V10-Befürworter der vergangenen Monate, musste in seiner ersten Stellungnahme nach dem Meeting, bei dem er selbst persönlich anwesend war, einräumen, dass der V6-Hybrid-Turbo für 2026 "absolut fixiert" und auch im Hinblick auf 2028 "ziemlich unmöglich" ist.

"Der Romantiker in mir denkt, dass ein kreischender V10 für die Formel 1 wirklich attraktiv sein könnte", sagt der Red-Bull-Teamchef im Interview mit Sky. "Aber es muss auf verantwortungsvolle Weise gemacht werden, und es muss mit Elektrifizierung geschehen." Bei dem Meeting, erzählt er, wurde nicht so sehr über die unmittelbare Zukunft diskutiert. Sondern darüber, "wie die nächsten zehn, 15 Jahre aussehen könnten".

Elektromotor ist gekommen, um zu bleiben

Es ist wahrscheinlich die wichtigste Entscheidung, die auf dem Bahrain-Gipfel getroffen wurde, dass die Rückkehr zu einem reinen Verbrenner-Saugmotor in der Formel 1 nicht passieren wird. "Ein gewisser Grad an Elektrifizierung wird stets Teil künftiger Überlegungen sein", hält selbst die FIA, deren Präsident Mohammed bin Sulayem die V10-Diskussion im Winter mit einem Posting auf Instagram selbst angeheizt hatte, ausdrücklich fest.

Während einige hofften, beim Bahrain-Gipfel könnten der Hybrid und der Turbo im besten Fall ab 2028 beerdigt werden, war schnell klar, dass es dazu nicht kommen würde. Etwas mehr als eine Stunde dauerte das Meeting, und vor allem die Vertreter von Audi und Honda blieben bei ihrer bereits zuvor geäußerten Position, dass das beschlossene 2026er-Format ein wichtiger Grund für sie war, überhaupt Grand-Prix-Sport zu betreiben, und sie einer Änderung nicht zustimmen würden.

Audi erklärte nach dem Meeting, man wolle "eine nachhaltige und zukunftsorientierte Form des Motorsports mitgestalten, die modernste Technologien nutzt", und: "Audi bekennt sich weiterhin voll und ganz zum Einstieg in die Formel 1 ab 2026 - mit einer Antriebstechnologie, die auf drei zentralen Säulen basiert: hocheffiziente Verbrennungsmotoren, fortschrittliche Hybrid-Elektrifizierung und der Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe."

Und weil auch Mercedes-CEO Ola Källenius, der aus Stuttgart zugeschaltet war, für überstürzte Schnellschüsse nicht zu haben ist, war klar, dass der V10-Traum platzt. Denn für eine Änderung hätte es eine "Supermehrheit" gebraucht, wie Horner erklärt und präzisiert: "Es bracht mindestens vier der sechs Stimmen der Powerunit-Hersteller." So sieht es das Memorandum vor, das vor ein paar Jahren als Governance-Richtlinie unterschrieben wurde.

Was im FIA-Statement nach dem Meeting steht

Was die FIA nach dem Meeting als Entscheidungen kommuniziert hat, ist größtenteils nichtssagend. Man habe sich darauf geeinigt, "die Gespräche über die künftige technische Ausrichtung der Serie fortzusetzen", "der Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe wird eine zwingende Voraussetzung sein", und "alle Parteien bekennen sich zum Reglement für 2026 und freuen sich auf spannenden Rennsport", heißt es unter anderem.

Der letzte Satz mag auf den ersten Blick wie eine Selbstverständlichkeit wirken, wurde im Verlauf des Meetings aber von einigen Beteiligten ausdrücklich eingefordert. Dass das vor der Tür stehende 2026er-Reglement notorisch schlechtgeredet und schon über einen V10 als bessere Alternative öffentlich nachgedacht wurde, war für die Außendarstellung der Formel 1 verheerend. Stattdessen sollen die Fans davon überzeugt werden, dass 2026 ganz toll wird.

Oder, wie es McLaren-Teamchef Andrea Stella formuliert: "Wenn wir über zukünftige Reglements sprechen, dann muss man sich bewusst machen, dass wir mit 2026 noch gar nicht angefangen haben - und trotzdem schon über etwas Neues diskutieren. Ich denke, wir sollten uns alle unserer Verantwortung als Beteiligte bewusst sein. Ich finde es schade, wenn wir ein Reglement untergraben, das durchaus erfolgreich werden könnte."

"Es braucht vielleicht noch Feinabstimmungen und Anpassungen, aber das können wir lösen. Wir sollten alle gemeinsam, einheitlich und kooperativ im Sinne des Sports arbeiten. Denn der Sport profitiert dann, wenn wir ein gutes Produkt haben - und ich bin überzeugt, dass wir 2026 ein gutes Produkt haben werden. Wir müssen nur gemeinsam darauf hinarbeiten."

Fällt der "Engine-Freeze"?

Immerhin förderte das Meeting auch etwas wirklich Neues zutage, nämlich eine Diskussion darüber, ob der sogenannte "Engine-Freeze", also das Einfrieren der technologischen Entwicklung, um ein kostenintensives Wettrüsten zu verhindern, wirklich beibehalten werden soll. Denkbar wäre, die Entwicklung innerhalb einer modifizierten Budgetobergrenze wieder freizugeben.

"Wir alle wollen enges Racing sehen, und nicht eine Wiederholung von 2014", erklärt Horner - und meint damit die Einführung der aktuellen Powerunits vor gut zehn Jahren, die zunächst Mercedes am besten gemeistert hatte. Mit dem eingefrorenen Leistungsvorsprung dominierten Lewis Hamilton und Nico Rosberg auf Jahre hin nach Belieben, und für alle anderen war es schwierig, den Rückstand aufzuholen.

Das soll in Zukunft anders werden, und über neue Mechanismen, um dieses Ziel zu erreichen, wurde in Bahrain erstmals diskutiert. Übrigens auf allerhöchster Ebene: Audi und Mercedes schickten mit Gernot Döllner und Ola Källenius ihre CEOs, General Motors (Cadillac) nahm mit GM-Präsident Mark Reuss teil, und Ford (Partner von Red Bull Powertrains) kam mit Mark Rushbrook, Global Director Ford Performance.

Honda war zwar nicht durch den Konzernchef, aber immerhin durch Koji Watanabe, den Präsidenten der Honda Racing Corporation (HRC) vertreten. Nur Ferrari und Red Bull schickten ihre Teamchefs Frederic Vasseur und Christian Horner, um ihre Positionen vertreten zu lassen - also ausgerechnet die beiden Hersteller, die sich eine Rückkehr zum klassischen Saugmotor dem Vernehmen nach am ehesten vorstellen können.

Meinungsschwenk des FIA-Präsidenten

FIA-Präsident bin Sulayem betonte gleich in seinem Eingangs-Statement "ausdrücklich, dass es bei dem Treffen darum gehe, kosteneffiziente Lösungen zu finden, um die langfristige Nachhaltigkeit des Sports und des Geschäftsmodells der Formel 1 zu sichern". Auch im Hinblick auf die instabile Weltwirtschaft, befeuert zuletzt durch die unvorhersehbare Handels- und Zollpolitik der US-Regierung rund um Präsident Donald Trump.

Und die FIA bekennt sich "klar zum Formel-1-Reglement für 2026. [...] Die Regeln für Antriebseinheiten und Chassis ab 2026 haben neue Motorenhersteller in die Formel 1 gelockt. Ein Beleg dafür, dass für diesen Zyklus der richtige technische Weg eingeschlagen wurde." Das klingt dann doch ein bisschen anders als das, was Sulayem auf Instagram gepostet hatte. Nur "kleinere Präzisierungen und Anpassungen werden derzeit weiterhin konstruktiv mit allen Beteiligten diskutiert", heißt es.

Die Powerunits mit rund 50 Prozent elektrischer Systemleistung sind zentraler Dreh- und Angelpunkt des Reformreglements für 2026, und die grundlegenden Entscheidungen dazu wurden bereits getroffen, als Jean Todt noch FIA-Präsident war. Damals stand Honda kurz vor dem Ausstieg, die Liste potenzieller neuer Motorenhersteller war kurz, und es war keineswegs sicher, dass die bestehenden Hersteller noch lange dabeibleiben würden.

Angesichts des weltweiten politischen Drucks auf die Automobilindustrie, verstärkt auf Elektrifizierung zu setzen, einigte man sich damals, im Juni 2021, darauf, den Einfluss der elektrischen Systeme auf das Leistungsverhältnis des Motors zu erhöhen. Um zum einen die bestehenden Hersteller an Bord zu halten und zum anderen potenziell neue hinzuzugewinnen, wurde die teure und berüchtigt schwer zu beherrschende MGU-H gestrichen. Ein System, das es bis heute nicht in die Serienproduktion für die Straße geschafft hat.

Zumindest vorerst bleiben die Entscheidungen von 2021 also aufrecht. Die Mehrheit der großen Werke hat sich gegen die populistisch anmutende Idee des FIA-Präsidenten durchgesetzt. Und jetzt, wo der V10-Spuk erstmal beendet ist, können sich alle Beteiligten wieder in Ruhe darauf konzentrieren, besonnen darüber nachzudenken, wie die Powerunit-Formel ab 2031 aussehen könnte. So, wie das ohnehin von Anfang an geplant war.

Motorsport-Total.com

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