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Alex Wurz im Motorline-Talk

Alex Wurz im Motorline-Talk: Über seine „Zwangsrennpause“, mögliche Parallelen zwischen WEC und F1 in punkto Nachhaltigkeit und den LMP1-Einstieg von Porsche.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Photo4, Porsche

Alex Wurz muss die kommenden WEC-Rennen „aussitzen“, denn Toyota hat das weitere Programm reduziert, es kommt nur noch ein Auto zum Einsatz – jenes mit der #8. Das Fahrzeug mit Wurz an Bord, die #7, muss pausieren. Im Gespräch mit motorline.cc erklärt Wurz zunächst die Hintergründe zu dieser Entscheidung…

Warum hat Toyota das WEC-Team nun wieder auf ein Auto reduziert?

Es ist kein Geheimnis, dass wir bei Toyota limitierte Ressourcen zur Verfügung haben – und dann ist es einfach eine Frage, die sich das Team stellt: Wo stecken wir die Ressourcen hinein? Wir haben eine große Reglementumstellung für 2014, wir müssen uns für 2014 vorbereiten.

Dementsprechend war die Entscheidung des Teams, dass sie gesagt haben: Okay, wir müssen unsere Ressourcen so einteilen, dass wir uns für 2014, für ein Reglement, das aufgrund der noch erweiterten Hybridtechnologie sehr interessant ist, vorbereiten.

Dementsprechend heißt es: Wir haben nur ein Auto ab Le Mans bis Saisonende - wahrscheinlich mit Ausnahme von Fuji, aber das weiß ich noch nicht ganz genau. Das Team hat diese Entscheidung getroffen, die finde ich absolut in Ordnung und auch gut.

Es wurde das Auto mit der #8 gewählt – jenes mit dir an Bord, die #7, muss pausieren…

Da muss man ganz ehrlich sagen: Wenn Logik den Vorrang hat, muss das Team sagen: Mit welchem der beiden Autos, mit welchen man die Meisterschaft begonnen hat, hat das Team die größten Chancen, noch die Meisterschaft eventuell gewinnen zu können – obwohl man dazusagen muss, dass wir da im Hintertreffen sind, da liegen wir hinter Audi zurück.

Aber dann eben ist es das Auto mit der Nummer acht, das mehr Punkte hat. Warum hat es mehr Punkte? Weil wir in Spa mit technischem Defekt ausgeschieden sind. Aber da ist es für mich logisch, dass das Team mit dem Auto, das die besseren mathematischen Chancen hat, weiterfährt. Und ich bin ein ganz logisch denkender Mensch und ich habe dem zugestimmt. Das Team hat das mit dem Nicolas Lappiere und mit mir sehr wohl abgestimmt und auch diskutiert – wir haben uns beide im Sinne des Teams verhalten und uns nicht dagegen gespreizt.

Ich schon gar nicht – auch wenn ich natürlich als Fahrer, und da bin ich emotionell, traurig bin, dass ich dieses Auto jetzt nicht fahre – das Auto, das ich eineinhalb Jahre lang entwickelt habe. Mit dem ich vorher ein paar Rennen gewonnen habe - genau auf den Rennstrecken, wo das Auto jetzt besser sein wird, im Vergleich zu Le Mans. Das ist halt die Kehrseite, aber da musst du als neutral denkender Mensch, auch in der Hoffnung, dass es nächstes Jahr besser wird, einfach durch. Aber so ist diese Entscheidung zustande gekommen.

Aber wenn man schon für 2014 arbeitet – ist es dann von der Logik her nicht besser, wenn ich den Mann ins Auto setze, der eben das Auto maßgeblich mitentwickelt hat und der das beste technische Feedback geben kann?

Ja, aber die Entwicklungen für 2014 passieren ja nicht an den Rennwochenenden, sondern bei den Testfahrten und zur Hälfte auch im Simulator. Und die Entwicklungskilometer fahre ohnehin immer ich, die bin ich die letzten zwei Jahre gefahren und auch bei Peugeot war es immer ich oder hauptsächlich ich.

Das Testen und Entwickeln macht mir Spaß, da habe ich mich bewährt, weil ich halt sehr vorausdenkend bin und nicht nur an die Rundenzeiten des Tages denke. Da hat also das eine mit dem anderen nichts zu tun.

Wie oft wirst du heuer noch im Testwagen sitzen?

Sobald wir die Reifen für 2014 bekommen. Zudem ist die Grundrichtung, die Toyota bei der Entwicklung einschlagen will, noch nicht festgelegt worden. Weil das Reglement noch nicht festgelegt worden ist. Ich denke einmal, dass es dann ab September oder Oktober losgehen wird mit der Entwicklung.

In der Formel 1 ist die Richtung mit dem Hybridsystem ja ähnlich wie in der WEC oder?

Ja, es ist im Grunde dasselbe. Aber das Formel 1-KERS ist, unter Anführungszeichen und ironisch gemeint, immer noch ein ‚Micky Maus-System‘ verglichen mit den Systemen, die wir in den Le Mans-Autos fahren.

Das neue Energierückgewinnungssystem ERS und der limitierte Benzinverbrauch in der Formel 1 – Peter Schöggl, der Rennsportbeauftragte der Firma AVL, welche bereits für 2014 Simulationen vornimmt, befürchtet, dass es für den Zuschauer zu kompliziert werden könnte…

Das glaube ich nicht. Denn der Zuschauer sieht immer noch ein Auto und einen Fahrer, die gegen andere Autos und Fahrer kämpfen. Und wer als Erster über die Ziellinie fährt, hat gewonnen. Da finde ich nichts kompliziert.

Sicher: Je mehr du dich in die Technik hineinliest, desto komplizierter wird es, denn da geht es um die Details. Und die Details verstehen nur die absoluten Vollprofis. Und das Energiehaushaltungsgesetz, mit einer gewissen Energie von A nach B zu kommen – das finde ich nicht so schwer zu verstehen.

Dass es dann eben Leute geben wird, die am Beginn des Rennens schneller sein werden und sie am Ende des Rennens dann Sprit sparen müssen, weil ihnen sonst der Sprit ausgeht. Das ist wie wenn du es im öffentlichen Verkehr zur nächsten Tankstelle schaffen musst.

Wird es das in der WEC auch geben?

Nein, in der WEC haben wir einen maximalen Energieverbrauch, der reglementiert ist. Aber da musst du halt dann…[überlegt, d. Red.]…ja, also im Prinzip stimmt es, im Prinzip ist es eine ähnliche Richtung wie in der Formel 1.

Unterm Strich wird es halt anders erzielt, mit einer anderen Formulierung des Reglements – das ist das Komplizierte, das dann ohnehin niemanden interessiert. Oder nur wenige, nur die Hardcorefans.

Unterm Strich ist es dasselbe. Man versucht halt hier, einen Ansporn zu schaffen für den Motorsport, die Energie aus dem Benzin oder Diesel zu limitieren, sodass die anderen Energiesysteme Oberhand bekommen und auf diesem Gebiet extrem schnell entwickelt wird, denn das hilft dann auch der Serie, das hilft dem Automobilhersteller.

Ein interessanter Aspekt…

Ja, ein total interessanter Aspekt – das findet zu tausend Prozent schon in Le Mans statt, mit der Hybridtechnologie. Das hat bereits stattgefunden mit der Dieseltechnologie, die Peugeot und Audi entwickelt und in Straßenfahrzeugen implementiert hat. So gesehen ist es eine richtige Nachhaltigkeitsformel für den Motorsport. Weil es dann eben für den Normalverbraucher wichtiger ist und es die Serienautos effizienter macht.

2014 kehrt Porsche mit einem LMP1 zurück – da gibt es ja viele Leute, die sagen: Wenn Porsche etwas angreift, wird es quasi automatisch zu Gold. Also dass sie sofort alles gewinnen – kannst du dir das vorstellen?

Ich kann es mir vorstellen - aber ich weiß ganz genau, wie schwierig es ist, ein Team von Null aufzubauen.

Ein LMP1-Auto ist derzeit technisch extrem hochstehend, der Technologiewettkampf ist extrem intensiv. In den Details, in der Aerodynamik, in den mechanischen Details.

Und dann musst du es noch auf der Rennstrecke exekutieren, mit einem perfekt eingespielten Team. Und es ist nicht einfach, da von Null einzusteigen. Obwohl Porsche ein Garant ist für Erfolg, muss man Porsche hier Zeit geben. Die werden sie brauchen, die werden sie garantiert brauchen.

Es gab ja schon Fotos des Porsche – kann ein Insider wie du aufgrund dieser Fotos irgendwelche Rückschlüsse ziehen?

Nein, da kann ich nichts sagen – denn die Fotos sind so gut gewählt, dass man nichts erkennt. Und vor allem ist das einmal ein erstes Testfahrzeug – jenes Auto, dass dann in Le Mans und bei den ersten Rennen 2014 antreten wird, wird sicher ganz anders aussehen.

Wird Porsche gleich von Beginn an gegen euch kämpfen können oder glaubst du, dass sie am Anfang Lehrgeld zahlen müssen?

Ich denke, sie müssen Lehrgeld zahlen, in welcher Form auch immer. Ob sie dann vor uns sind, hinter uns sind oder gleichauf liegen, kann man jetzt nur schwer einschätzen.

Wir sind mit Toyota auch komplett neu eingestiegen und haben in unserer ersten Saison drei Rennsiege gefeiert. Das hätte uns auch keiner zugetraut und wir haben es geschafft – dasselbe oder mehr kann man auch Porsche zutrauen.

Muss man befürchten, dass die beiden Toyota-Teams 2014 einen harten Kampf ausfechten, damit man mehr Punkte am Konto hat und man somit, wenn das Team nach Le Mans wieder auf ein Auto reduziert werden sollte, die Startgarantie hat?

Ich gehe davon aus, dass bei Toyota nächstes Jahr in der gesamten Meisterschaft zwei Autos eingesetzt werden.

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