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Le Mans: Autonome Rennen Zukunft?

VW-Motorsportchef Wolfgang Dürheimer sieht in die Zukunft des Motorsports: Autonome Fahrzeuge in Le Mans "in drei Jahren im Vorprogramm".

Vor dem Hintergrund des Ausstiegs von Audi und den negativen Entwicklungen im Bereich der privaten LMP1-Teams treten die Verantwortlichen von ACO und FIA stark auf die Kostenbremse. Als eine Maßnahme wurde verabschiedet, das ursprünglich für 2018 geplante neue Reglement mit höheren Hybridleistungen auf die Zeit nach 2020 zu verschieben. Kritische Beobachter befürchten, dass die Le-Mans-Szene dadurch ihre Vorrreiterrolle im Bereich Technologie verlieren könnte.

Nach aktuellem Stand sind die LMP1-Werksautos tatsächlich die wohl technologisch spannendsten und im Extrembereich entwickelten Rennfahrzeuge der Welt. Da kann die Formel 1 mit ihrem engen technischen Reglement nicht mithalten. Auch wenn der ACO aus Kostengründen einige Freiheiten und Entwicklungsmöglichkeiten einschränken wird, bleibt Le Mans die große Bühne für Technologie. Das meint jedenfalls Volkswagen-Motorsportchef Wolfgang Dürheimer.

Aus Sicht des Allgäuers sind es jedoch weniger die Themen Hybrid oder Elektrifizierung, die das Le Mans der Zukunft ausmachen werden, sondern eher Technologieentwicklungen aus den Bereichen autonomes Fahren und Connectivity. "Wir wissen, dass die Fahrer in den Autos heutzutage die Helden sind. Sie sind es, die am Ende auf das Podest klettern und sagen können 'Ich war heute der Beste!' Aber wir wissen auch, dass die Fahrer eben nicht immer das tun, was man von der Boxenmauer aus verlangt", so Dürheimer in seinem Vortrag im Rahmen des von der _wige-Gruppe präsentierten Sportbusinesskongress SpoBiS.

Autonomes Rennfahren: Die Ingenieure wollen Wettbewerb

Der Markenchef von Bentley und Bugatti blickt schmunzelnd auf das Formel-1-Saisonfinale 2016 in Abu Dhabi zurück. "Hat sich doch tatsächlich der führende Fahrer erlaubt, gegen jede Teamstrategie zu verstoßen. Er hat immer wieder den Hinweis bekommen, schneller zu fahren. Er ist aber immer langsamer gefahren. Warum? Weil er als Sportsmann den Titel gegen die gesamte Welt und auch gegen sein eigenes Team durchsetzen wollte. Das ist Motorsport. Ein Mensch sitzt im Auto. Er überholt mal, wenn er nicht überholen sollte. Er bremst mal, wenn er es besser nicht täte."

"Solange ein Mensch am Steuer sitzt, sprechen wir von Motorsport. Und der wird uns erhalten bleiben. Motorsport wird es noch viele Jahre geben", sagt Dürheimer, der den Sport auf zwei und vier Rädern in Zukunft in zwei Bereiche unterteilt. Der Motorsport wird das bleiben, was er bislang ist - mit einem Fahrer im Cockpit. Der von Dürheimer mit dem Titel "Motorracing" versehene zweite Bereich soll Themen wie autonomes Fahren, Connectivity oder auch virtuelles Racing umfassen.

Der ehemalige Porsche-Entwicklungschef sieht den Motorsport eher als Raum für Privatteams und ihre Engagements, unter dem Dach des Motorracing sollen die Hersteller auf höchstem Niveau und unter starkem Wettbewerbsdruck entwickeln. "Die Ingenieure wollen definitiv wissen, wer denn wirklich das beste autonom fahrende Auto baut", sagt er. Die klassischen europäischen Hersteller begegnen auf dieser Bühne den neuen Mitstreitern wie Google, Apple und Co.

"Wer hat den besten Algorithmus? Wer kann Systeme so entwickeln und konzipieren, dass das Auto Rundenzeiten fährt, die kein anderer hinbekommt? Und außerdem dabei keinem anderen in die Karre fährt, keine Unfälle produziert und autonom in Windeseile um die Strecke pfeift", malt Dürheimer ein Bild vom Motorracing der Zukunft. "Dieses autonome Rennfahren wird kommen, das werden wir erleben", ist der 58-Jährige sicher.

"Ich bin davon überzeugt, dass wir schon in etwa drei Jahren in Le Mans das erste autonome Rennen im Vorprogramm sehen werden. Da werden vier, fünf oder sechs Autos in Le Mans fahren, ohne dass dort noch ein Fahrer am Steuer sitzt", erklärt Dürheimer. Auch die Verantwortlichen des Le-Mans-Veranstalters Automobile Club de l'Ouest (ACO) sind diesbezüglich aufgeschlossen. Im neu entstehenden Themenpark an der Strecke sollen autonom agierende Transportmittel für Mobilität sorgen.

Neue Technologien als Comeback-Anreiz für Audi?

Bietet das Thema autonome Mobilität den Ansatzpunkt für eine zügige Rückkehr von Audi in Szene? Dies erscheint naheliegend. Die Ingolstädter investieren in die entsprechende Technologie hohe Summen. Ein mit Hochleistungscomputern, Differenzial-GPS, und Echtzeit-3D-Kameras ausgestattetes Modell macht in den vergangenen Monaten große Fortschritte. Seit der Showrunde von "Bobby" - einem autonom fahrenden Audi RS7 - beim DTM-Finale 2014 in Hockenheim, ging es schnell weiter voran.

Der "Bobby"-Nachfolger mit dem Namen "Jack" fuhr 2015 weite Strecken unfallfrei und zügig durch Kalifornien. Eine neue, noch einmal technologisch weiterentwickelte und um 80 Kilogramm leichtere Version kurvte anschließend über eine knifflige Rennstrecke. "Das Auto fuhr in Sonoma schon Rundenzeiten, die auf dem Niveau eines ambitionierten Amateurrennfahrers lagen. Die Zeiten werden immer schneller", freut sich Dürheimer über die konsequente Entwicklung.

"Wir werden es erleben, dass irgendwann autonome Rennautos wirklich Rundenzeiten fahren können, die sonst nur Formel-1-Piloten schaffen", ist der Volkswagen-Motorsportchef überzeugt. "Im Moment findet ein intensiver Technologiewettstreit am Markt statt mit Playern wie Google, Apple und natürlich auch den klassischen europäischen Automobilherstellern. Ich kann mir gut vorstellen, dass es die großen Marken mit Motorsportprogrammen sein werden, die diesen Wettlauf unter sich ausmachen werden."

Warum erfolgen diese Entwicklungen im Motorsport? Weil der Sport mit seiner Präsenz in der Öffentlichkeit maßgeblich dazu beiträgt, dass die Kunden das notwendige Vertrauen in die neuen Technologien aufbauen. "Was sagt eine Mutter, die man fragt, ob sie ihre beiden Kinder nicht die 80 Kilometer zur Oma in einem autonomen Auto fahren lassen will? Sie sagt nein", so Dürheimer. "Wenn aber erst einmal im Motorsport das autonome Fahren dargestellt ist, dann wird die Antwort der Mutter in fünf Jahren vielleicht ganz anders ausfallen."

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