
GT1-WM: Abu Dhabi | 17.04.2010
Zuber & Grosjean die Sieger, Wendlinger enttäuscht
Andi Zuber/Marc Hennerici holen einen Sieg und einen zweiten Platz - Romain Grosjean/Thomas Mutsch gewinnen Lauf 2 - Nissan chancenlos.
Johannes Gauglica
Die neue Weltmeisterschaft der FIA gab ein ansprechendes Sebüt unter den unvermeidlichen Flutlichtern von Yas Marina. Zunächst erklärte das Team Matech Competition den Unfall der jungen Schweizerin Natacha Gachnang vom Vortag.
Bei 260 km/h kam ihr Ford GT im Turn 8 von der Fahrbahn ab und schlug in die Mauer ein. Ein undichter hinterer Bremskreis dürfte der Auslöser gewesen sein.
Gachnang musste wegen geringerer Bremswirkung stärker auf die Bremse steigen und dürfte dabei das Gaspedal „mitgenommen“ haben. Mit einem komplizierten Beinbruch kam sie laut Augenzeugenberichten sehr glimpflich davon.
Lauf 1: Zuber-raschung!
Andi Zuber und sein deutscher Teamkollege Marc Hennerici in der Corvette gingen das erste der zwei Rennen das Tages von der Pole Position an. Dieser erste Lauf bildet das Qualifikationsrennen für das „main race“, das ebenso eine Stunde dauert (mit Pflicht-Fahrerwechsel), aber dann volle Punkte bringt.Gleich in der ersten Kurve hatte Hennerici Glück bei einem „Tango“ mit dem Vitaphone-Maserati des übermotivierten Miguel Ramos. In der Anbremszone viel zu schnell, segelte der Portugiese nach einem Rempler gegen die Corvette dann quer durchs Feld; dass niemand mitgerissen wurde, war pures Glück.
Der Zwischenfall brachte das Safety-Car auf die Strecke. Hennerici behielt seine Position. Einige Plätze weiter hinten brannte Romain Grosjean ein echtes Talent-Feuerwerk ab, er rackerte sich mit seinem Ford GT vom zehntne Startplatz durchs Feld. Dabei rang er solche GT-Größen wir Peter Kox oder den FIA-GT-Champion Michael Bartels nieder.
Nach dem Fahrerwechsel hatte Andi Zuber den Ford GT, jetzt mit Thomas Mutsch am Steuer, im Rückspiegel – und konnte ihn dort halten. Hinter Hennerici/Zuber und Grosjean/Mutsch waren die regierenden Meister Bartels/Bertolini im Maserati im Ziel.
„Es war sehr heiß, und das Auto war mit Übersteuern echt schwierig zu fahren“, rapportierte Zuber, der erste Sieger der neuen WM, „aber der Abstand hat ausgereicht, also war das OK.“ – Weniger OK lief es für Karl Wendlinger; er und sein Kollege Henri Moser kamen als Neunte an, als bestes Nissan-Team. Der Tiroler Routinier war mit der Entwicklung der Dinge keinesfalls glücklich – mehr dazu siehe unten!
Lauf 2: Grosjean der Größte
Zuber hatte also am Papier die Pole Position, aber alle Corvette-Teams wurden von den Stewards zurückversetzt, weil die vorgeschriebenen Zusatzgewichte nicht richtig angebracht waren. Somit waren Mutsch und Grosjean auf der Pole; der deutsche V8-Spezialist führte das Feld ins Rennen „under the lights“.Mutsch ist auch der Entwicklungsfahrer bei Matech, er spielte seine Fahrzeugkenntnis aus und hielt Bertolini hinter sich. Hinter dem tauchte alsbald Zuber auf, und hinter dem wiederum Ricardo Zonta mit seinem Lamborghini.
Zuber erwischte einen exzellenten Start und machte einige Positionen gut, an der Spitze wehrte Mutsch den furios angreifenden Andrea Bertolini ab. Im Feld wurde zeitweise gerangelt wie im Autodrom. Auch Karl Wendlinger musste einem irregelaufenen Nissan-Markenkollegen ausweichen.
Nach 25 der 60 Rennminuten wurden die Boxen für den Pflichtstop mit Reifenwechsel und Fahrertausch geöffnet. Zur Halbzeit des Rennens gelang Zuber das Überholmanöver für Platz 2, der Infight der drei Führenden wurde erst durch die Boxenstops unterbrochen.
Zuber blieb am längsten draußen, nach dem Wechsel kam Hennerici als Zweiter hinter Romain Grosjean auf die Strecke zurück. Aber Grosjean war entfesselt und legte Rekordrunden hin. Hennerici spielte seine Erfahrung aus der WTCC und diversen GT-Serien aus und konsolidierte Platz 2; dahinter ging Andrea Piccini in der zweiten Phoenix-Carsport-Corvette noch am Maserati von Michael Bartels vorbei.
Die Nissan GT-R waren abgeschlagen am Ende des Feldes. Auf Rang 14 kamen Karl Wendlinger/Henri Moser an. Zu allem Überfluss steht das Team Nr. 3 auch "under investigation for driving standards"... - Und der erfolgsgewohnte FIA-GT-Rekordsieger zog eine ernüchterte Bilanz.
Karl Wendlinger: "Wir sind einfach zu langsam!"
Es war ein Rennen, dass Karl Wendlinger nicht so schnell vergessen wird. Denn nach der Zielflagge kam für den 41jährigen die große Ernüchterung – nur Rang 14, keine WM-Punkte. Sowas kann vorkommen, aber Wendlinger bringt es kurz und bündig auf einen Nenner: „Wir sind einfach zu langsam, haben nicht den Funken einer Chance.“Der Grund dafür nennt sich „balance of performance“ – die Leistung der Autos soll durch tschnische Maßnahmen nach Möglichkeit ausgeglichen werden. Bei der aktuellen Einstufung stimmen aber die Kräfteverhältnisse nicht; von einer Chancengleichheit ist nicht zu sprechen. Das war sowohl im Qualifying Race, wo Wendlinger und Moser noch Rang 10 belegten, als auch im anschließenden Champions Race deutlich zu sehen.
So rutschte Wendlinger schon kurz nach einem gelungenen Start in Regionen ab, die er in den letzten Jahren nicht gesehen hat. Er musste durchgehend Kampflinie fahren, aber auch das nützte nichts: Die Gegner gingen fast mühelos an ihm vorbei.
Er übergab schließlich auf Rang 12 an Moser. Und sozusagen zum Drüberstreuen gab es beim Stop auch noch einen Defekt an einer Radmutter, durch den man noch zusätzlich viel Zeit verlor.
Schon in zwei Wochen geht es in Silverstone weiter. Gibt es keine Veränderungen punkto Einstufung und Zusatzgewicht, droht dort die nächste Ernüchterung für die Nissan-Teams. In der Zwischenzeit geht Andreas Zuber als WM-Zweiter in die nächste Runde in England. In den Punkten führen Grosjean/Mutsch (31 Punkte) vor Zuber/Hennerici (26) und Bertolini/Bartels (16).