
Motorrad-WM: Argentinien | 19.04.2015
„Es tut mir leid für Marquez“
Valentino Rossi gewinnt in Argentinien ein dramatisches Rennen: Zunächst überholte er Marquez, danach kam es zur Kollision, Marquez out.
Foto: MotoGP
Valentino Rossi (Yamaha) gewinnt einen dramatischen Grand Prix von Argentinien und feiert seinen zweiten Saisonsieg. Die entscheidende Szene spielte sich in der vorletzten Runde ab. Weltmeister Marc Marquez (Honda) wurde nach langer Führung von Rossi eingeholt. Der Italiener startete am Ende der Gegengeraden seine Attacke und kam vorbei. Als Rossi am Ausgang von Kurve fünf für die nächste Linkskurve umlegte, berührten sich sein Hinterrad und das Vorderrad von Marquez. Der Spanier stürzte und Rossi fuhr dem Sieg entgegen - seinem 110. Grand-Prix-Sieg!
"Der Vorfall mit Marc tut mir leid, aber ich habe gemerkt, dass er mich schon vor der Kurvenmitte berührte. Danach dann noch einmal", sagt Rossi im Parc Ferme. "Es tut mir sehr leid, dass er gestürzt ist. Ich hoffe, dass er okay ist. Aber es war ein großartiges Rennen, ich bin sehr glücklich. Ich hatte die Pace und wusste, dass ich pushen musste, denn Marc war weit weg. Aber ich wusste, dass er den roten Reifen hatte. Also blieb ich konzentriert und gab immer 100 Prozent. Das Motorrad war großartig. Wir haben schon zwei Siege und ich denke, dass wir bis zum Ende kämpfen können."
Hinter Rossi holte Ducati-Werksfahrer Andrea Dovizioso als Zweiter seinen dritten Podestplatz in dieser Saison. In der letzten Kurve knöpfte Cal Crutchlow (LCR-Honda) noch Andrea Iannone (Ducati) den dritten Platz ab. Jorge Lorenzo (Yamaha) spielte an der Spitze keine Rolle und kam als Fünfter ins Ziel . Der Deutsche Stefan Bradl (Forward-Yamaha) sammelte als 15. seinen ersten WM-Punkt in diesem Jahr.
Der Grand Prix über 25 Runden entwickelte sich zunächst zur Reifenschlacht . Alle vier Yamaha-Fahrer plus Scott Redding (MarcVDS-Honda) hatten sich für den extra-harten Hinterreifen mit der gelben Markierung entschieden. Alle anderen fuhren mit dem harten Hinterreifen (rot). Auch Marquez und Crutchlow hatten sich in der Startaufstellung für diesen "weicheren" Pneu entschieden. Das bedeutete, dass sich Marquez einen Vorsprung herausfahren musste, da der extra-harte Reifen im letzten Renndrittel deutlich besser funktionierte.
Marquez schnappte sich auch in der ersten Runde die Führung und zog vorne davon. Rossi lag nach dem ersten Umlauf nur an der achten Stelle, auch weil es in Kurve eins zu einer Berührung mit Iannone kam, wodurch Rossi etwas zurückfiel. In der ersten Rennhälfte wurde Rossi immer stärker, überholte Crutchlow und die beiden Ducati-Werksfahrer. 15 Runden vor Rennende war der Superstar Zweiter und hatte zu diesem Zeitpunkt 4,1 Sekunden Rückstand auf den Führenden Marquez.
In der zweiten Rennhälfte fuhr Rossi pro Runde um einige Zehntelsekunden schneller als Marquez und der Vorsprung des Weltmeisters schmolz unter der Sonne Argentiniens. Fünf Runden vor dem Ende hatte Rossi nur noch 1,2 Sekunden Rückstand. Drei Runden vor Rennende hatte Rossi den Anschluss gefunden. In der vorletzten Runde attackierte Rossi zum ersten Mal in Kurve zwei, aber Marquez konnte kontern.
Anschließend probierte es Rossi erneut am Ende der Gegengeraden und kam innen vorbei. Es kam zu einer leichten Berührung und als Rossi für die nächste Linkskurve umlegte, berührte er mit seinem Hinterrad das Vorderrad von Marquez. Der Spanier ging sofort zu Boden und war ausgeschieden. Rossi fuhr dem Sieg ungefährdet entgegen. Die Rennleitung untersuchte diesen Vorfall, es gab aber keine Konsequenzen.
Mit diesem Sieg verteidigte Rossi seine WM-Führung auch im dritten Rennen . Sein Vorsprung auf Dovizioso beträgt nun sechs Punkte. Dovizioso ist der erste Ducati-Fahrer überhaupt, der es bei den ersten drei Saisonrennen auf das Podest geschafft hat. "Er war ein halbes Zehntel schneller als ich", sag Dovizioso über den Speed von Rossi. "Ich habe hart gepusht, um an ihm dranzubleiben. Aber in manchen Kurven verlor ich mehr als ein Zehntel und das war genug, damit er mich abhängen konnte. Aber ich bin sehr glücklich. Wir hatten an diesem Wochenende einige Probleme. Aber trotzdem hat das Motorrad auch auf dieser Strecke gut funktioniert."
Auf Platz drei jubelte Crutchlow über seinen ersten Podestplatz in diesem Jahr. "Es war ein sehr hartes Rennen", atmet der Brite tief durch. "Ich machte einige Fehler und verlor den Anschluss an Valentino und 'Dovi'. Aber ich war mit der Pace zufrieden, wir haben am Wochenende einen guten Job gemacht. Wie Marc sind auch wir ein Risiko beim Reifen eingegangen. Es hat sich ausgezahlt, denn ich denke, dass wir am Kurveneingang damit besser waren."
Hinter Iannone und Lorenzo kam Bradley Smith (Tech-3-Yamaha) als Sechster ins Ziel. Suzuki-Werksfahrer Aleix Espargaro führte nach dem Start für ein paar Meter, wurde aber rasch zurückgereicht und beendete das Rennen auf Platz acht. Redding und Maverick Vinales (Suzuki) rundeten die Top 10 ab. Für eine kurze Schrecksekunde sorgte Yonny Hernaandez in Runde sechs, als seine Pramac-Ducati abbrannte. Der nächste Grand Prix findet am 3. Mai in Jerez de la Frontera (Spanien) statt. Marquez reist mit 30 Punkten Rückstand zu seinem Heimrennen.
Moto2: Erster Sieg für Zarco
Kalex-Pilot Johann Zarco belohnte seine bisher starke Vorstellung in der Moto2-Saison 2015 mit seinem ersten Sieg. In Argentinien konnte der Franzose in der Anfangsphase vorne wegfahren und den Vorsprung von knapp zwei Sekunden über die Distanz verwalten. Mit seinem ersten Sieg in der mittleren Klasse übernahm Zarco auch die WM-Führung. Rookie Alex Rins (Kalex) setzte seine konstante Leistung auch in Termas de Rio Hondo mit dem zweiten Platz fort. Texas-Sieger Sam Lowes (Speed Up) kam als Dritter ins Ziel.Für die Fahrer aus Deutschland und der Schweiz war es wieder ein gemischtes Ergebnis. Sandro Cortese (Kalex) belegte direkt hinter Tom Lüthi (Kalex) den siebten Platz. "Um ganz ehrlich zu sein fehlen uns noch ein paar Zehntel auf die Spitzengruppe", zieht Cortese bei 'Eurosport' Fazit. "Aber ich denke, dass wir gegenüber der vergangenen Woche einen Riesenschritt gemacht haben. Ich habe heute mit Tom und Morbidelli gekämpft, die in der vergangenen Woche noch weit weg waren."
Jonas Folger verlor in den ersten Kurven viele Positionen und fiel außerhalb der Top 20 zurück. Eine starke Aufholjagd mit schnellsten Rennrunden brachte ihn noch auf Position neun. "Wir hätten heute ganz sicher ums Podium fahren können, aber ich habe die erste Runde total verhauen", ärgert sich Folger bei 'Eurosport'. "Ich bin selber schuld und richtig sauer." Dominique Aegerter (Kalex) sammelte als 13. drei WM-Punkte. Tech-3-Pilot Marcel Schrötter ging mit Platz 16 leer aus. Auch Randy Krummenacher (Kalex), Robin Mulhauser (Kalex) und Florian Alt (Suter) beendeten das Rennen außerhalb der Punkteränge.
Der Start und die erste Runde verliefen äußerst turbulent. Zunächst schnappte sich Tito Rabat (Kalex) vor Zarco und Lüthi die Führung, doch im Duell mit Zarco kam Rabat in Kurve vier von der Strecke ab und fiel ganz ans Ende des Feldes zurück. Für einige Meter führte plötzlich Cortese, doch am Ende der ersten Runde hatte Xavier Simeon (KaleX) die Nase vorne. In seinem Schlepptau hingen Lowes, Zarco und Cortese. Als sich die Scharmützel beruhigt hatten, führte Zarco vor seinen Verfolgern.
Nach sieben Runden hatte sich Zarco schon einen Vorsprung von 1,6 Sekunden herausgefahren. Dahinter kämpften Lowes, Simeon, Mika Kallio (Kalex) und Rins um die letzten Podestplätze. Zarco konnte in der zweiten Rennhälfte nicht mehr eingeholt werden und der Franzose holte sich seinen ersten Sieg in der Moto2-Klasse. Beim Saisonauftakt in Katar wurde Zarco mit dem sicheren Sieg vor Augen von einem technischen Defekt gebremst.
Nun klappte es. Nach seinem 125er-Sieg in Japan 2011 war es Zarcos erst überhaupt zweiter Grand-Prix-Erfolg. "Ich bin sehr sehr glücklich. Ich führe jetzt auch die WM an", sagt Zarco im Parc Ferme. "Ich konnte die Führung übernehmen und so wie im Training pushen. Mein Vorsprung war konstant und am Ende wurden Lowes und Rins langsamer. Deshalb konnte ich komfortabel meinen ersten Moto2-Sieg nach Hause fahren."
Rins musste seine WM-Führung abgeben, doch sein Rückstand beträgt nur vier Punkte. Der Spanier setzte seine starke Vorstellung fort. Nach Platz vier in Katar und Platz drei in Austin wurde er heute Zweiter. "Ich fühlte mich im Rennen sehr wohl auf dem Motorrad und mit dem Hinterreifen. Als Lowes einen Fehler machte, überholte ich ihn. Ich bin sehr glücklich", lächelt Rins.
Lowes hielt lange den zweiten Platz, musste Rins in der Schlussphase aber ziehen lassen. In der letzten Runde verteidigte der Brite Rang drei noch erfolgreich gegen Routinier Kallio. "Auf meiner Tafel wurde mir +0 angezeigt und ich dachte, er hatte mehr Pace", berichtet Lowes das Duell mit Rins. "Als er mich überholt hatte, sah ich, dass er mehr Grip hatte. Ich wollte sehen, wo er stärker war als ich. Es stellte sich heraus, dass er das überall war."
In der Verfolgergruppe lag Franco Morbidelli (Kalex) als Fünfter an der Spitze. Dahinter kamen Lüthi und Cortese ins Ziel. Folger fuhr in der letzten Runde noch einen neuen Rundenrekord, aber er konnte Lorenzo Baldassarri (Kalex) nicht mehr Platz acht wegschnappen. Rabats Aufholjagd endete auf dem zwölften Platz. Simeon verabschiedete sich sieben Runden vor Schluss per Sturz aus der Spitzengruppe. Der nächste Grand Prix findet am 3. Mai im spanischen Jerez statt. Das Moto2-Rennen ist für die gewohnte europäische Zeit um 12:20 Uhr MESZ angesetzt.
Moto3: Kent dominiert
Danny Kent ist der Mann der Stunde in der Moto3. Nachdem der 21-Jährige in Austin seinen ersten Saisonsieg feiern konnte, war auch in Termas de Rio Hondo kein Kraut gegen den Briten gewachsen. Kent, der von Rang zwei startete, wiederholte seine Erfolgstaktik aus dem Rennen in Austin: In den ersten drei Runden hielt er sich noch zurück, setzte sich dann allerdings an die Spitze, zog davon und deklassierte das restliche Feld schließlich im Ziel um satte 10,334 Sekunden."Das Rennen wurde etwas langweilig, ich bevorzuge enge Kämpfe. Wir waren das ganze Wochenende stark, unser Motorrad ist sehr gut. Das gesamte Team arbeitet sehr hart und das zahlt sich aus", berichtet Kent, der mit seinem Sieg einen neuen Rekord aufstellte. So einen großen Vorsprung hat es in einem trockenen Rennen in der Geschichte der Moto3 noch nie gegeben.
Die alte Bestmarke (8,532 Sekunden) hatte Kent erst in der vergangenen Woche in Austin aufgestellt. Gleichzeitig ist Kent der erste Brite seit Barry Sheene 1971, der in der kleinsten Klasse zwei Rennen in Serie gewinnen konnte. Das alles sind eindeutige Zeichen dafür, dass der Honda-Pilot aktuell der Mann ist, den es in der kleinsten Klasse der Motorrad-WM zu schlagen gilt.
Hinter Kent bot sich das gewohnte Moto3-Bild und eine große Gruppe von Fahrern kämpfte bis zur letzten Runde um die verbleibenden Podiumsplätze. Am Ende hatte dort Efren Vazquez die Nase vorne, der dem deutschen Leopard-Racing-Team der Kiefer-Brüder damit einen Doppelerfolg bescherte. "Top-Team, Top-Leistung, wir sind super, super happy, vor allem weil alle drei Fahrer ins Ziel gekommen sind", freut sich Stefan Kiefer bei 'Eurosport'.
Vazquez selbst ergänzt: "Gestern hatte ich Pech, denn am Abend hatte ich Fieber. Ich fühle mich nicht optimal. Dieser zweite Platz ist für uns nicht schlecht, aber ich will natürlich immer gewinnen. Ich muss jetzt hart arbeiten, damit ich mit Danny mithalten kann, denn er ist einen Schritt voraus. Ich freue mich jetzt auf die Europarennen." Den dritten Platz sicherte sich Isaac Vinales vor Pole-Setter Miguel Oliveira (KTM). Der Spanier erklärt: "Ich bin sehr froh, aber die Husqvarna braucht etwas mehr Power. Ich habe alles gegeben. Wir arbeiten sehr hart und wurden mit einem guten Ergebnis belohnt."
Dahinter sortierten sich Brad Binder (KTM) und Rookie Fabio Quartararo (Honda) ein. Andere Piloten aus der Spitzengruppe hatten weniger Glück: In der fünften Runde rutschte Jorge Navarro weg und riss Niccolo Antonelli mit ins Aus. Auch Katar-Sieger Alexis Masbou (alle Honda) sah die Zielflagge nach einem Sturz nicht und musste damit die zweite Nullrunde in Serie verkraften. Auch für Philipp Öttl (KTM) gab es keine Zähler. Der einzige Deutsche im Feld verpasste die Punkte als 16. ganz knapp.
Für negative Schlagzeilen sorgte Romano Fenati. Im Warmup legte sich der Italiener mit Niklas Ajo (beide KTM) an und verpasste dem Finnen sogar einen Fußtritt. Die Konsequenz: Drei Strafpunkte gegen Fenati, der damit bereits vier Strafpunkte auf dem Konto hat und dementsprechend in der Startaufstellung auf den letzten Platz zurückversetzt wurde. Im Rennen arbeitete er sich allerdings wieder bis auf Rang acht nach vorne.
In der Weltmeisterschaft hat Kent (66 Punkte) weiterhin die Nase vorne. Neuer Zweiter ist Vazquez (49), Enea Bastianini (40), der nicht über Rang neun hinauskam, fällt auf Rang drei zurück. In Schlagdistanz ist weiterhin auch Rookie Quartararo (39), der am Montag seinen 16. Geburtstag feiert. Das nächste Rennen der Moto3-Weltmeisterschaft steht am 3. Mai in Jerez auf dem Programm. Start ist um 11:00 Uhr MESZ.