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Rallycross-WM: Montalegre

Saisonvorschau auf die Rallycross-WM

Die große Vorschau auf die WRX 2016: Was ist Rallycross eigentlich, wie laufen die Rennen ab, und wie heißen die großen Favoriten?

Fotos: FIA World RX

Die Rallycrossweltmeisterschaft hat sich innerhalb von nur zwei Jahren voll etabliert und kann in ihrer dritten Saison, die am Wochenende im portugiesischen Montalegre beginnt, mit einem hochkarätigen Starterfeld aufwarten: Titelverteidiger Petter Solberg, Rallyelegende Sébastien Loeb, Ex-DTM-Meister Mattias Ekström und Stuntfahrer Ken Block – sie alle wollen in dieser Saison den WM-Titel gewinnen.

Die Verwandtschaft mit dem Rallyesport steckt vorranging im Namen, es handelt sich um eine völlig andere Disziplin: Während bei Rallyes auf gesperrten, aber sonst öffentlichen Schotter- oder Asphaltstraßen gefahren wird, findet Rallycross auf speziell dafür angelegten Rundkursen statt. Diese bestehen sowohl aus Schotter- als auch Asphaltabschnitten und sind mit meist weniger als 1,5 km sehr kurz. Dadurch können aber die Zuschauer vor Ort in der Regel weite Teile der Strecke einsehen.

Während die Autos bei Rallyes alleine auf der Straße unterwegs sind und ausschließlich gegen die Uhr kämpfen, gehen beim Rallycross bis zu sechs Fahrer gleichzeitig auf die Strecke. Das garantiert in Verbindung mit den sehr kurzen Rennen, die über maximal sechs Runden gehen, packende Zweikämpfe: Rempler, Lackaustausch und Kollisionen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Für zusätzliche Spannung sorgt die sogenannte "Joker Lap". Auf jedem WM-Kurs gibt es einen zusätzlichen Streckenabschnitt, der vom eigentlichen Streckenverlauf abweicht und auf dem die Fahrer im Schnitt zwei Sekunden länger unterwegs sind. Dieser Umweg muss von jedem Fahrer in jedem Rennen einmal gefahren werden. Wann der Fahrer diese Jokerrunde einlegt, kann er frei entscheiden, wodurch sie zwar einerseits die Abstände verzerrt, andererseits aber auch ein zusätzliches Spannungselement bringt.

Petter Solberg ist auch in diesem Jahr der Gejagte in der Rallycross-WM. Der Norweger gewann in den beiden vergangenen Jahren die WM-Titel. Mit seinem Erfolg in der Premierensaison 2014 schrieb Solberg überdies Motorsportgeschichte, denn nach seinem Titelgewinn in der Rallyeweltmeisterschaft 2003 wurde er der erste Fahrer, der zwei unterschiedliche Weltmeisterschaften mit FIA-Status gewinnen konnte. Mit seinem in Eigenregie eingesetzten Citroën DS3 ist Solberg auch in diesem Jahr einer der Titelanwärter.

Seine größten Widersacher dürften aus dem Peugeot-Team Hansen kommen, den Teamweltmeistern des vergangenen Jahres. Timmy Hansen, Sohn von Rallycrosslegende und Teambesitzer Kenneth, war im vergangenen Jahr bereits Solbergs größter Rivale und wurde Vizeweltmeister. In dieser Saison will der 23jährige Schwede zum ganz großen Schlag ausholen, muss sich dabei aber zunächst einmal gegen seinen neuen Teamkollegen durchsetzen – dieser ist niemand geringerer als Sébastien Loeb.

Der neunfache Rallyeweltmeister wechselt nach zwei Jahren in der Tourenwagen-WM wieder auf den loseren Untergrund und strebt in dieser Saison mit seinem Peugeot 208 WRX nichts weniger als den WM-Titel im Rallycross an. Erfahrung im Rallyesport hat Loeb wie kaum ein Zweiter, in der Tourenwagen-WM konnte der Elsässer in den vergangenen beiden Jahren zudem fleißig Zweikämpfe trainieren; ob dies genügt, um auch in der Rallycross-WM zu bestehen, werden die ersten Läufe der Saison weisen.

Der zweifache DTM-Champion Mattias Ekström, der 2015 sein WRX-Heimevent in Höljes gewonnen hat, fährt in diesem Jahr wieder ein Doppelprogramm und setzt mit seinem eigenen EKS-Team zwei in Eigenregie augebaute Audi S1 quattro für sich und den Finnen Toomas Heikkinen ein. Der WM-Dritte der Saison 2015, Johan Kristoffersson (VW Polo), reist als Vorjahressieger zum Saisonauftakt nach Portugal und zählt daher an diesem Wochenende ebenfalls zu den Favoriten.

Ein weiterer prominenter Neuzugang ist Ken Block: Der US-Amerikaner, der vor allem mit seinen choreografierten Driftvideos berühmt geworden ist, steigt mit seinem eigenen Hoonigan-Team in die Rallycross-WM ein. Mit dem Norweger Andreas Bakkerud, der den zweiten Ford Focus des Teams steuern wird, holte sich Block einen echten Spitzenfahrer an Bord.

Auch zwei Rennställe aus dem deutschsprachigen Raum gehen in der Rallycross-WM 2016 an den Start: Münnich aus Sachsen wechselt in dieser Saison das Auto; statt eines Audi S3 kommen nun in Eigenregie aufgebaute Seat Ibiza zum Einsatz. Gefahren werden die beiden Autos von Teambesitzer Rene Münnich und dem Letten Reinis Nitiss. WRX Austria setzt zwei Ford Fiesta für Janis Baumanis und Ex-Europameister Timur Timerzyanov ein.

Nur auf den ersten Blick sehen die Fahrzeuge den z.B. in der Rallye-WM eingesetzten Autos sehr ähnlich, handelt es sich in einigen Fällen doch sogar um das gleiche Basismodell; die WRX-Boliden spielen allerdings in einer völlig anderen Liga: Während die WRCs aktuell rund 320 PS haben, sind die Turbomotoren der WRX-Fahrzeuge mit bis zu 600 PS fast doppelt so stark.

In Kombination mit einem Drehmoment von gut 850 Newtonmeter, dem Allradantrieb und sehr weichen, geschnittenen Slicks sorgt das für extreme Beschleunigungswerte: Von 0 auf 100 km/h brauchen die WRX-Boliden nur zwei Sekunden. Geschaltet wird über ein sequentielles Sechsganggetriebe. Eine Besonderheit ist der im Heck verbaute Wasserkühler. "Wenn der vorne sitzen würde, und man nicht führt, kommt Schotter und Schlamm, der Motor wird zu heiß und kocht", erklärt Mattias Ekström.

Die Rennen der Rallycrossweltmeisterschaft sind mit maximal sechs Runden zwar sehr kurz, dafür aber zahlreich – pro Rennwochenende tritt jeder Pilot in bis zu sechs Läufen an. Den Auftakt macht das Qualifying, welches in vier Durchgängen ausgetragen wird; der Ablauf der Q1 bis Q4 genannten Abschnitte ist jeweils ident. Jeder Teilnehmer fährt in jedem Durchgang einen Lauf, in dem jeweils fünf Piloten an den Start gehen. Wie viele Läufe pro Durchgang ausgetragen werden, hängt von der Gesamtzahl der Teilnehmer ab.

Gestartet wird stehend, die Distanz beträgt vier Runden, eine davon muss über den Jokerabschnitt führen. Die Position auf der Rennstrecke ist im Qualifying irrelevant, gewertet wird lediglich die Zeit, die ein Fahrer für die vier Runden benötigt. Sind alle Läufe eines Durchgangs beendet, werden die Zeiten aller Fahrer zusammengefasst. Der schnellste Fahrer erhält 50 "Heat"-Punkte, der zweitschnellste 45, der drittschnellste 42, der viertschnellste 40. Ab Rang fünf und abwärts wird die Punktzahl pro Rang um jeweils eins reduziert.

Dieser Vorgang wird nach allen vier Qualifyings wiederholt, abschließend werden alle Punkte zusammengerechnet. Die 16 besten Fahrer erhalten nach dem Schema 16-15-14 etc. WM-Punkte. Die besten zwölf ziehen ins Halbfinale ein. Dieses wird in zwei Läufen ausgetragen, an denen jeweils sechs Fahrer teilnehmen. Die Distanz beträgt sechs Runden. Auch in jedem der beiden Halbfinali werden Meisterschaftspunkte vergeben, und zwar nach dem Schema 6-5-4-3-2-1. Die ersten drei jedes Halbfinales ziehen ins Finale ein. Dort treten dann also erneut sechs Fahrer gegeneinander an, diesmal um den Gesamtsieg. WM-Punkte werden nun nach dem Schema 8-5-4-3-2-1 vergeben, sodass ein Fahrer mit einem perfekten Wochenende insgesamt 30 Punkte holen kann: 16 im Qualifying, sechs im Halbfinale und acht im Finale. Am Ende des Jahres ist jener Fahrer mit den meisten WM-Punkten neuer Weltmeister.

Ausgetragen wird die Rallycross-WM 2016 an zwölf Wochenenden. Saisonauftakt ist am 16./17. April im Montalegre, das Finale findet am 24./25. November im argentinischen Rosario statt. Als einziges Land gleich zwei Mal im Kalender vertreten ist Deutschland: Am 1./2. Mai ist die Serie gemeinsam mit der DTM in Hockenheim am Start, am 13./14. Oktober ist der Estering in der Nähe von Hamburg Austragungsort eines weiteren, traditionsreicheren Laufs.

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