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24h Spa

Premierensieg für Sainteloc-Audi

Sainteloc schnappt sich den Sieg bei den 24 Stunden von Spa vor Bentley - Christopher Haase, Jules Gounon und Markus Winkelhock setzen sich durch.

Fotos: Vision Sport Agency

Christopher Haase, Jules Gounon und Markus Winkelhock heißen die Sieger der 69. Ausgabe der 24 Stunden von Spa. Sie holten sich auf dem Sainteloc-Audi R8 LMS #25 den Sieg beim Ardennen-Klassiker auf dem Circuit de Spa-Francorchamps mit einem Vorsprung von 11,862 Sekunden auf den Bentley Continental GT3 #8 von Maxime Soulet, Vincent Abril und Andy Soucek. Der dritte Platz ging an das Team Akka ASP mit dem Mercedes-AMG GT3 #90 von Raffaele Marciello, Edoardo Mortara und Michael Meadows.

In einem Rennen mit vielen Gelbphasen, Strafen und einigen überraschenden Fehlern von großen Teams setzte sich am Ende die Sainteloc-Crew nach einem fehlerfreien Job durch. Christopher Haase brachte in einem für ein 24-Stunden-Rennen äußerst engen Finale den Sieg nach Hause. Es ist der erste Sieg für Sainteloc in der Blancpain-GT-Serie und der vierte für Audi in Spa. Nach Phoenix und WRT ist Sainteloc das dritte Siegerteam für Audi beim größten GT3-Rennen der Welt. Und das Team hat nicht nur das Rennen gewonnen, sondern etwas bewerkstelligt, was als undenkbar galt. Winkelhock/Haase/Gounon siegten, obwohl sie zwischenzeitlich Rundenrückstand hatten.

Eigentlich schien der Audi in der Nacht schon aus dem Kampf um den Sieg raus zu sein, weil er Zeit an der Box verlor. Entsprechend groß waren die Emotionen im Ziel. Jules Gounon und Christopher Haase waren den Tränen nahe. "Wir haben zwei Runden zu Beginn der Nacht verloren. Ich kann es nicht fassen, jetzt habe ich gerade die 24 Stunden von Spa gewonnen!", gibt Christopher Haase mit den Worten ringend zu Protokoll. Gounon konnte unter Tränen nur dem Team und Audi danken, bevor die Teammitglieder ihn überrumpelten. Bei Sainteloc waren alle Dämme gebrochen.

Aufholjagd wird belohnt

Nach einem unplanmäßigen Service in der Box gingen Winkelhock/Haase/Gounon in eine Aufholjagd der Extraklasse über. Als in der Nacht Regen fiel und ein Haufen Full Course Yellows mit anschließenden Safety-Car-Phasen das Feld auf den Kopf stellte, behielten sie einen kühlen Kopf. Am Sonntagvormittag fuhr sich das Team in die Führungsrunde zurück und hatte einen sehr günstigen Boxenstoppzyklus, der sie mit der maximal erlaubten Stintlänge von 65 Minuten genau bis ins Ziel bringen würde.


Dass es dann der Sieg wurde, ist dem enormen Speed des Fahrzeugs zu verdanken. Beständig fuhr die #25 die schnellsten Rundenzeiten - sogar schneller als die eigentlich favorisierten WRT-Audis. So fuhr sich Sainteloc sukzessive nach vorn. Einzig der Bentley konnte ähnliche Zeiten fahren. Markus Winkelhock war es, der die entscheidenden Sekunden am frühen Sonntagnachmittag gegenüber M-Sport herausfuhr, Christopher Haase hielt dem Druck schließlich stand. "Ich habe das Maximum gegeben und musste am Ende auch noch Reifen schonen", stöhnt der 29-Jährige. Doch er brachte es ohne Fehler durch.

Dominanz der deutschen Hersteller fast gebrochen

Knapp zwölf Sekunden fehlten am Ende zum ersten Sieg eines nicht-deutschen Fabrikats. Eine fehlerlose Leistung brachten Bentley ganz nah an die große Trophäe heran. Am Ende fehlte Soucek/Soulet/Abril ein Wimpernschlag. "Wir haben auf den Sieg gehofft, aber der zweite Platz ist auch gut. Der Bentley war fantastisch, keine Probleme im gesamten Rennen", sagt Maxime Soulet. Das M-Sport-Trio übernahm die Führung im Endurance-Cup der Blancpain-GT-Serie mit dem zweiten Platz, während Vincent Abril, der Sprint- und Endurance-Cup fährt, die Gesamtführung in der Blancpain-GT-Serie übernahm.

Nicht nur im Ergebnis wackelte die Serie der deutschen Hersteller mehr als je zuvor, auch im Hinblick auf den Rennverlauf zeigt sich dasselbe Bild. Es waren nämlich zwei Fahrzeuge italienischer Bauart, die diese 69. Ausgabe des 24-Stunden-Rennens auf dem Circuit de Spa-Francorchamps bestimmten: Der Kaspersky-Ferrari #55 (Fisichella/Cioci/Calado) und der Grasser-Lamborghini #63 (Bortolotti/Engelhart/Caldarelli) lieferten sich heiße Kämpfe zu Beginn des Rennens und lagen zur Punktevergabe nach sechs und zwölf Stunden an der Spitze des Rennens.

Giancarlo Fisichella fuhr allein im Eröffnungsstint einen Vorsprung heraus, der größer war als der Abstand zwischen Platz eins und zwei am Ende des Rennens. Doch die Ferrari-Crew musste am Sonntagmorgen einpacken. Bei einem rüden Manöver von Raffaele Marciello im Mercedes #90 in La Source wurde die Lenkung des Ferrari 488 GT3 beschädigt, sodass Marco Cioco in der anschließenden Eau Rouge geradeaus in den Reifenstapel raste. Der Italiener war außer sich. Den Lamborghini zerlegte es ebenfalls am Sonntagmorgen nach einem Bremsdefekt in der Fagnes-Kurve, die einst unter dem Namen "Pif-Paf", bekannt wurde.



WRT macht erstaunliche Fehler

Mit im Geschäft waren natürlich auch die WRT-Audis #1 (Garcia/Müller/Rast) und #2 (de Phillippi/Mies/Vervisch). Doch dem W-Racing Team unterliefen überraschende Fehler: Zwar beorderte Vincent Vosse die Audi R8 LMS zu einem brillanten Zeitpunkt zum obligatorischen fünfminütigen Technikstopp an die Box, als es gerade regnete und die Rundenzeiten langsamer waren, ergo weniger Zeit verloren ging. Viele Gelbe Flaggen auf der Strecke sorgten für noch weniger Zeitverlust (unter FCY und Safety-Car sind diese Stopps nicht gestattet).

Doch beim Audi #2 ging etwas schief und der Stopp dauerte zu lange. Connor de Phillippi und Christopher Mies konnten daher ihren Sieg vom 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring nicht mit einem Erfolg in Spa abrunden - es blieb der fünfte Platz. Fahrzeug #1 fing sich gleich mehrere Strafen ein, die sich am Ende summierten. Darunter eine Strafe für einen Rammstoß von Rene Rast gegen Raffaele Marciello in Les Combes am Sonntagvormittag, der beide Autos glatt das Rennen hätte kosten können. Garcia/Müller/Rast sahen die Zielflagge als Sechste.

Zwei weitere WRT-Audis, die auf der Favoritenliste standen, mussten sich den Sieg schon in der ersten Rennhälfte abschminken. Der Geheimfavorit #17 (Leonard/Dennis/Green) schied nach einem Unfall früh im Rennen aus. Der Audi #5 mit der Starbesetzung (Fässler/(Dries) Vanthoor/Lotterer) hatte in den frühen Abendstunden einen unplanmäßigen Stopp. Anders als beim Sainteloc-Audi blieb hier eine Aufholjagd aus, am Ende stand Platz elf zu Buche.

Mercedes mit Problemen in Eau Rouge

Die Mercedes-AMG GT3 konnten den verpassten Sieg von 2016 nicht nachholen. Der Akka-ASP-Bolide #90 kämpfte wie ein Löwe, insbesondere dank einer fahrerischen Genialleistung von Raffaele Marciello, der die maximal erlaubte Fahrzeit von 14 Stunden konsequent ausnutzte. "Am Ende habe ich mir schon Sorgen um ihn gemacht, weil es im Auto so heiß war", zollt Teamkollege Edoardo Mortara Respekt. Er gibt aber auch zu: "Wir wurden von zwei stärkeren Gegnern geschlagen." Der Mercedes befand sich im Schlussspurt auf einer ungünstigen Strategie. Platz drei.

Was jedoch am meisten erstaunt, sind die großen Probleme der Mercedes-AMG im Bereich Eau Rouge/Raidillon. Im Qualifying war bereits LMP1-Ass Kamui Kobayashi im Ukyo-Mercedes #00 (Taniguchi/Kataoka/Kobayashi) abgeflogen. Zu Beginn des Rennens tauchten Bilder auf, die die Mercedes mit atemberaubendem Luftstand auf der Raidillon-Kuppe zeigten. Im Rennen machte es Jimmy Eriksson im HTP-Mercedes #84 (Eriksson/Buhk/Perera) Kobayashi nach: Abgang nach etwas mehr als sechs Stunden. Und beinahe hätte es auch Marciello am Sonntagmittag getroffen. Er konnte aber einen Einschlag mit viel Glück und Können verhindern.

Strafe kostet Porsche möglichen Sieg

Als klarer Mitfavorit auf den Sieg war der Bernhard-Porsche #117 ((Laurens)Vanthoor/Estre/Christensen) ins Rennen gegangen. Hier war es eine Drei-Minuten-Stop-&-Go-Strafe, die den Sieg verhindert hat. Michael Christensen hatte auf dem Weg in die Box einen Mechaniker eines anderen Teams angefahren. Das Team75 Bernhard nutzte in der Folge die Gelbphasen clever aus, um sich wieder in die Führungsrunde zu bringen. Immer wieder lag der 911er in Führung, aber auf einer ungünstigen Boxenstrategie. Nach einem Stopp 45 Minuten vor Schluss blieb Rang vier.



Unauffällig blieb im Rennen BMW. Die Vorjahressieger im Rowe-BMW #99 (Sims/Martin/Eng) zogen alles Pech auf sich. Sie wurden gleich zu Beginn des Rennens um die Titelverteidigung gebracht, als nach einer Stunde der rechte hintere Reifen am M6 GT3 hochging. Weitere Querelen kosteten noch viel mehr Zeit - ein Rennen zum Vergessen mit fast 50 runden Rückstand. Das Schwesterfahrzeug #98 (Spengler/Catsburg/Blomqvist) agierte im Regen in der Nacht und bei den SC-Phasen clever, doch es schien stets das letzte Bisschen zu fehlen. Am Ende wurde es Rang zehn.

Ebenfalls blass blieb Nissan in diesem Rennen. Schon die ganze Blancpain-Saison über kommt der alternde GT-R Nismo GT3, der 2018 abgelöst werden wird, nicht so in Fahrt wie in den vergangenen Jahren. Es zeigte sich auch in Spa. Mehr als Platz 13 war für den RJN-Nissan #23 (Buncombe/Ordonez/Chiyo) nicht drin. Immerhin: Der im Qualifying verunfallte zweite Godzilla #22 (Simmons/Moore/Parry) sah nach anfänglichen Problemen die Zielflagge. Die Nachtschicht auf Freitag hat sich ausgezahlt.

Ausgesiebte Favoriten

Lamborghini und Ferrari konnten sich vom Verlust ihrer Topfahrzeuge nicht mehr erholen. Während Grasser ohnehin nur das eine siegfähige Auto hatte, hätte Ferrari noch zwei Eisen im Feuer gehabt. Doch aus unerfindlichen Gründen lieferte der SMP-Ferrari #72 (Schaitar/Molina/Rigon) ein desolates Rennen ab und tauchte nie auch nur in der Nähe der Spitze auf, obwohl man beim Vortest noch auf Augenhöhe mit der #55 war. Und der AF-Corse-Ferrari #50 (Lathouras/Rugolo/Pier Guidi), in der Blancpain-GT-Serie immer ein Garant für vordere Plätze, legte noch in der Anfangsphase den spektakulärsten Unfall des Rennens hin. Pasim Lathouras blieb unverletzt.

Nichts zu melden hatten die McLaren. Die miserable Blancpain-Saison 2017 ging auch in Spa weiter. Die Strakka-650S GT3 haben große Probleme mit den Pirelli-Reifen. Diese hatten weder Von Ryan noch Garage59 Racing in der vergangenen Jahren. Zu allem Überfluss schied der größte Hoffnungsträger, der #58 (Ledogar/Bell/Barnicoat) mit einem technischen Defekt schon früh im Rennen aus. Das letzte McLaren-Pro-Fahrzeug war am Sonntagmorgen nach einem Unfall in Blanchimont raus.

Auch für die Emil-Frey-Jaguars gab es nichts zu holen, hier war das Rennen sogar noch kürzer als bei McLaren. Nach einer Strafe gegen Stephane Ortelli, weil er während einer SC-Phase nicht dem Safety-Car in die Box folgte, sondern auf der Start/Ziel-Geraden weiterfuhr, schied die #14 (Frey/Ortelli/Costa) bei Einbruch der Nacht mit Motorschaden aus. Zu diesem Zeitpunkt war das Schwesterfahrzeug #114 (Seefried/Hirschi/Klien) nach einem Fahrfehler von Christian Klien in Les Combes bereits draußen.


Unschöner Unfall mit bösen Verletzungen

Sieger der Pro-Am-Kategorie wurde der Black-Falcon-Mercedes #16 (Morley/Toril/Kirchhöfer/Götz) auf Gesamtrang zwölf. Die Am-Klasse gewann der Kessel-Ferrari #888 (Zanuttini/Duyver/Perel/Cadei). Für die Schweizer Mannschaft war es ein bittersüßer Sieg. Der Kessel-Ferrari #11 (Broniszewski/Rizzoli/Cressoni/Piccini) war nämlich in den schwersten Unfall des Rennens mit dem Barwell-Lamborghini #77 (Amstutz/Kodric/Kujala/Gavin) verwickelt. Adrian Amstutz wurde mit Verbrennungen zweiten Grades und einer gebrochenen Rippe ins Krankenhaus eingeliefert, schwebt aber nicht in Lebensgefahr.

Was vom Rennen außerdem hängen bleibt, ist eine enorme Zahl von Strafen, die verhängt wurde. Die Null-Toleranz-Politik gegenüber zu vielen Verstößen gegen die Track Limits führte in der ersten Rennhälfte zu einer riesigen Anzahl an Bestrafungen, die nicht mehr zählbar war. Erst in der zweiten Hälfte nahm die Zahl der verhängten Strafen ab. In der Blancpain-GT-Serie stehen noch zwei Sprint- und ein 3-Runden-Rennen auf dem Programm. Der Sprint-Cup gastiert als nächstes am 26. und 27. August auf dem Hungaroring.

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