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Franz Wittmanns schönster Titel

Der fischgebackene 12-fache Rallye-Staatsmeister zieht Bilanz, von der SP seines Lebens bis zur Freude über den errungenen Titel.

Mit einer absoluten Meisterleistung schaffte Franz Wittmann im Waldviertel Championatstitel Nr. 12 in seiner langen Karriere. Den ersten Titel gewann er 1973(!), den letzten vor seinem Comeback 1992. Mit Copilotin Heike Feichtinger erreichte Wittmann bei der Waldviertel-Rallye Platz 2 im Gesamtklassement, hinter Markenkollege Manfred Stohl mit Co Peter Müller (beide Toyota Corolla WRC). Franz Wittmann konnte seine starke Herbstsaison leistungsmäßig prolongieren und war mental sicherlich der bessere Athlet im Finale.

Schon vor der harten über 258 SP km führenden Rallye waren sich alle einig, dass jener Pilot die Meisterschaftskrone erreichen würde, der weniger Fehler in beiden Tagen machen würde. Und der siegeshungrige und selbstbewusste Franz Wittmann hat sich noch einmal voll auf die Aufgabe konzentrieren können und routiniert seine Chance gewahrt. Und obwohl Wittmann nie riskieren durfte auszufallen, lag er im Ziel nur 9,5 Sekunden hinter Weltmeister Manfred Stohl, dem er den Sieg von Herzen vergönnte, zumal dieser doch eine große Hilfe gegen Raphael Sperrer war, der auf seinen Peugeot-Adjutanten Janos Toth recht bald verzichten musste.

Das Wittmann Team erbrachte bei der Waldviertel-Rallye einen tollen und 100 %igen Job. Auf allen Positionen wurde perfekt gearbeitet. Toll und perfekt einmal mehr die Leistung von Tuner und Technik Einsatzleiter Ronald Leschhorn (Romo Tuning) und seiner Crew, souverän einmal mehr Logistik Chef Ewald Eicher. Thomas Zeltner war ebenso am Erfolg beteiligt wie Reifenprofi Jörg Pattermann und Schotterspion Hans Ostermayer.

Franz Wittmann hatte vor der Rallye angekündigt: "Ich möchte für mich siegen, für das Team und die Fans." Und Fans hatte der schnelle Franz im Waldviertel in großer Zahl und mit großer Zuneigung. Standing Ovations und die "Welle", als Wittmann zum Start einer SP rollte, Applaus und Zurufe auf offener Strecke, Ovationen in den SP Zielen.

Die Saison – Rallye für Rallye

Die heurige Saison war für Franz Wittmann keine leichte Aufgabe, Raphael Sperrer galt als Favorit und forderte den Altmeister bis zuletzt. Bei der ersten Rallye rund um den A1-Ring fuhr Franz einige schnelle Bestzeiten, verlor zwar die Rallye gegen Sperrer, der für den Rundkurs eigentlich die besseren Reifen hatte, wusste jedoch, dass er in dieser Saison sehr gut drauf war und sehr schnell sein würde. Bei der Bosch-Rallye gab´s einen Reifendefekt und einen eingeklemmten Ischiasnerv, nicht gerade vorteilhaft für große Aufgaben.

Dann kam die Siegesdoublette Phyrn-Rallye und Wechselland-Rallye und die Führung in der Meisterschaft. Eine unglaubliche Situation. Bei der Castrol-Rallye fuhr Raphael Sperrer noch im Trockenen einen Zeitvorsprung, der nicht mehr eingeholt werden konnte. Platz 2 für Wittmann/Zeltner. Dann kam der wirklich heiße Herbst. Thomas Zeltner war beruflich verhindert, Heike Feichtinger, eine 35 jährige Linzerin - als Co von Isolde Holderied EM-Vierte 2000, nahm am Beifahrersitz Platz und bei der OMV Rallye rund um Aspang gab´s Platz 2. Wittmann fuhr 10 von 20 Bestzeiten, hatte Probleme mit dem Getriebe und einen zeitraubenden Dreher, als er verlorenes Zeit-Terrain gutmachen wollte.

Vor der OMV Burgenland-Rallye gab´s vom Wittmann-Team die Devise: "Ich muss, kann und werde gewinnen!" Für einige vielleicht etwas vorlaut, abstrakt - aber wirksam! Franz Wittmann hielt vom Anfang gut mit Sperrer mit, der sich nach der Wittmann-Bestzeit in SP 1 des 2. Tages überschlug. Er siegte, wieder mit Heike Feichtinger, und wehrte somit den 1. Matchball ab.

Für die Kurvenorgie rund um Admont setzte Wittmann taktisch auf Feichtinger, weil der 30 kg Gewichtsvorteil gegenüber Thomas Zeltner dort voll zum Tragen kommen sollte. Franz begann die Rallye mit starken Zeiten und führte die Admont Rallye fünf Prüfungen lang an, ehe
Sperrer mit übernatürlichen Leistungen konterte. Als Wittmann nur um Sekunden zurückliegend den Rundkurs Hall/3 mit einer Sekunde vor Sperrer für sich entschied, lag er zwei Sekunden zurück ehe er mit Heike Feichtinger zur letzten SP rollte. Am Start, als es im Auto sehr sehr still war, meinte Feichtinger zu ihrem Chauffeur: "Jetzten holen wir uns den Raphael". Und Wittmann konnte mit furioser Fahrt die SP mit fünf Sekunden Vorsprung und die Rallye mit drei Sekunden gewinnen. Matchball Nr. 2 war abgewehrt.

Das Finale und der Ausgang sind ja nun bekannt. Der Titelgewinn des 51-jährigen Wittmanns ist eine der eindrucksvollsten Sportgeschichten Österreichs. Unmittelbar nach der Zielankunft gab es für ihn Glückwünsche per Telefon von Weltmeister Walter Röhrl, Niederösterreichs Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll, Sänger Wolfgang Ambros, der mit Wittmann im Adamstal Golf spielt und von Trainingspartner Hermann Maier, mit dem Wittmann in Obertauern bei Heini Bergmüller etliche Einheiten gemeinsam trainierte.

Franz Wittmann:
Die letzte SP bei der Admont-Rallye war DIE SP meines Lebens, einfach unglaublich

Von Pressemann Klaus Neuberger ("ich durfte seinerzeit u.a. Gustl Auinger betreuen, es gab mit ihm 5 WM Siege in der 125 ccm, erlebte mit Jo Gartner dessen Formel 2 Sieg in Pau, war in den 80-er Jahren Pressebetreuer von Franz Wittmann. Nichts war so toll und emotional wie der Sieg in Admont und jetzt das Meisterschaftsfinale im Waldviertel!") angeregt, begibt sich das
Wittmann Team auf eine Fuß-Wallfahrt nach Mariazell.

Das Resümee Wittmanns fällt natürlich positivst aus: „Der 12. Staatsmeistertitel ist sicherlich der schönste und wichtigste meiner langen Karriere und ist nicht nur mein persönlicher Verdienst, sondern ein Erfolg des ganzen Teams. Nach neun Jahren diesen Erfolg noch einmal zu wiederholen ist sicherlich das Größte, noch dazu da ich ja als klarer Außenseiter in diese Saison gestartet bin. Schon bei der ersten Rallye in diesem Jahr habe ich meine Chancen erkannt, heuer um den Titel mitkämpfen zu können. Ein Grundstein für diesen Erfolg war sicherlich die Phyrn-Eisenwurzen-Rallye, wo ich Sperrer bei seiner Heimrallye schlagen konnte und ungemein viel Selbstvertrauen getankt habe.“

„Die eigentliche Entscheidung zu meinen Gunsten war aber die letzte Sonderprüfung bei der ARBÖ-Rallye. Es war rückblickend betrachtet DIE Sonderprüfung meines Lebens. Wie ich da noch Sperrer den Sieg wegschnappen konnte, hat mich selbst schwer beeindruckt. Ausschlaggebend war aber auch die enorme Zuverlässigkeit meines Corolla WRC. 18 Rennen und kein Ausfall – das schaffte kein anderes Team, ist aber natürlich auch auf die hervorragende Betreuung durch Ronald Leschhorn und sein Team zurückzuführen.“

Das Ende der Karriere?
Nichts ist unmöglich, jedenfalls nicht bei Franz Wittmann...

Das Rallye-Finale war schließlich die Krönung der Saison bzw. sogar der Karriere: „Die Waldviertel-Rallye selbst war vor allem eine gehörige Nervenprobe. Am Anfang lief es aufgrund der falschen Reifenwahl nicht ganz nach Wunsch und wir waren nach vier Sonderprüfungen schon relativ weit hinten. Doch von da an lief alles perfekt. Sowohl Manfred Stohl als auch ich konnten Sperrer gehörigen unter Druck setzten und hatten unseren Rückstand relativ rasch halbiert. Als dann Sperrer auch noch den Reifenschaden hatte, war es für uns gelaufen."

"Mit abwechselnden Sonderprüfungsbestzeiten bauten wir unsere Führung relativ rasch auf fast eine Minute aus. Dass mich Stohl schließlich noch in der 20. Sonderprüfung überholt hat, störte mich wenig, da ich schließlich nur den 2. Platz benötigte und er ja diesmal mein Toyota-Markenkollege war. Ich freue mich sehr für Stohl, weil er einmal mehr bewiesen hat, dass er einer der Schnellsten ist. Am meisten hat mich aber die enorme Sympathiewelle der Fans, aber auch der Medien gerührt. Der Dank gilt natürlich auch dem ganzen Team, das immer 100-prozentig hinter mir gestanden ist, allen voran natürlich mein Cheftechniker Ronald Leschhorn – für mich der Beste in der Branche – und natürlich meine beiden Beifahrer Heike Feichtinger und Thomas Zeltner.“

Franz Wittmann bleibt dem Rallyesport auf jeden Fall erhalten, er wird Konsulent für Rallye Sponsor max.business.class, sofern er nicht ein finanziell äußerst lukratives Angebot bekommt und doch noch eine Saison dranhängt...

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Waldviertel-Rallye: 09./10.11.01

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