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Elektro-Avantgarde

Ausgewachsenes, siebensitziges SUV trifft Elektroantrieb: Was viele Hersteller nur als Studie zeigen, baut Tesla in Serie. Model X 90D im Test.

Text: Jürgen Strein/mid; Fotos: Jutta Leis/mid

Zwei Megatrends in einem Auto vereint: Das Tesla Model X trifft als rein elektrisch angetriebenes SUV ziemlich exakt den momentanen Zeitgeist in der Autobranche. Der Neuzugang in der automobilen Oberklasse ist ein 114.200 Euro (Deutschland: 109.400 Euro) teurer Siebensitzer mit Flügeltüren außerdem außen wie innen eine beeindruckende Erscheinung.

Wir hatten natürlich kein filigranes Autochen erwartet, aber als der X 90D breitbeinig auf den Parkplatz rollt, können wir uns doch ein "Wow, was für ein Trumm!" nicht verkneifen. Und dieses fünf Meter lange, zwei Meter breite und zweieinhalb Tonnen schwere Luxusgefährt soll sich mit wie ein Sportwagen bewegen lassen?

Tatsächlich, das geht. Zur lokalen Emissionsfreiheit kommen ausgezeichnete Fahreigenschaften, bequemes Mobiliar im Innenraum, viel Platz für Koffer und Kisten und freie Sicht in den Himmel dank einer weit nach hinten gezogenen Panorama-Windschutzscheibe. Dazu kommt das prickelnde Gefühl, in einem Avantgarde-Auto unterwegs zu sein. Avantgarde, Vorreiter, ist der Tesla zweifellos beim Antrieb. Zwei Elektromotoren, an der Vorder- und Hinterachse, treiben das Fahrzeug an. Die Technik des SUV ist übrigens weitgehend identisch mit der Limousine Model S 90D.

Der Fahrer darf am Lenkrad des Model X getrost alles vergessen, was er bisher an Erfahrungen mit Verbrennungsmotoren mitbringt. Die Kraft der beiden Triebwerke entfaltet sich unmittelbar beim Gasgeben - und diese beschleunigen das schwere SUV ohne Turbo- oder sonstige Löcher hoch bis zur maximalen Geschwindigkeit von abgeregelten 250 km/h.

Fünf Sekunden von Null auf Hundert war der Wert des getesteten X 90D. Es geht aber auch noch schneller, mit dem Model X P90D (3,4 Sekunden) oder der angekündigten Variante P100 D (3,0 Sekunden). Diese Werte erreicht Tesla nicht durch einen Wechsel der Hardware, also mit anderen Motoren, sondern mit geänderter Software, dazu gibt es größere Batterien (die Zahl steht jeweils für die Kapazität in kWh).

Gegen die unbändigen 525 PS der beiden Elektromotoren und ihrem Drehmoment von 600 Newtonmeter über die gesamte Leistungsbreite ist unter der Motorhaube eines Benziners kaum ein Kraut gewachsen.

Zur Tesla-Freude gesellt sich aber auch Tesla-Frust: Die Anzeige für die restliche Reichweite stürzt bei häufigerem kraftvollen Beschleunigen praktisch im freien Fall nach unten. Tesla selbst verspricht bei kompletter Batterieaufladung Reichweiten von mehr als 500 Kilometer. Realistisch sind allenfalls 350 Kilometer - bei moderater Fahrweise. Immer noch mehr, als andere Elektrofahrzeuge bisher erreichten.

Geladen wird am besten nicht über die normale Steckdose. Das geht zwar, eine volle Ladung dauert allerdings auf diese Weise rund 25 Stunden. Schneller - nämlich in sechs Stunden - kann man mit einer in der Garage installierten Drehstrom-Ladestation dieses Ziel erreichen.

Das derzeitige Nonplusultra ist der Tesla-Supercharger, der an ausgewählten Autobahn-Raststationen in einer kappen Stunde die Batterie fast voll auflädt - und das auch noch kostenlos.

Im Test verbrauchte der Tesla rund 27 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Das entspricht, wenn man nicht kostenlos am Supercharger lädt, einem Preis von rund 5,50 Euro für 100 Kilometer.

Im Vergleich zu so viel technischer Innovation ist den Designern des Tesla vergleichsweise wenig eingefallen. Der X sieht aus wie viele andere SUV auch. Nur die Flügeltüren zum Einstieg in die zweite und dritte Reihe geben ihm ein futuristisches Aussehen. Eine weitere Besonderheit ist die riesige Panorama-Frontscheibe. Und wenn zwei Personen mit dem X unterwegs sind, können sie 2.180 Liter Kofferraumvolumen nutzen.

Der Innenraum ist solide und gediegen, Schalter und Hebel sind als solche von Mercedes zu erkennen, teils nicht mehr der neuesten Generation. Hervor sticht allerdings der gewaltige 17-Zoll-Bildschirm, über den fast alle Funktionen der Tesla-Technik gesteuert werden.

Die im Unterboden eingebauten Batterien erlauben es nicht nur, dass der Tesla X mit 1,65 Meter für ein SUV erstaunlich niedrig ausfällt. Sie sorgen außerdem für einen tief liegenden Schwerpunkt und damit indirekt für ein stabiles Fahrverhalten in Kurven oder bei Seitenwind.

Nach einer Woche im X haben sich beim Tester Momente des Tesla-Glücks eingestellt: Wenn man praktisch geräuschlos durch das Wohnviertel gleitet; wenn man den Benzinern gezeigt hat, was eine Harke ist; oder wenn man an den Supercharger-Stationen sein Leben für eine Stunde entschleunigt.

Und Momente des Tesla-Frusts: Wenn in der Theater-Tiefgarage wieder mal kein Platz breit genug für den X war oder wenn man schon wieder fiebern muss, ob die Batterie-Ladung bis zum nächsten Supercharger reicht. Und wenn man sich fragt, wann es so ein Auto zu einem bezahlbaren Preis geben wird.

Technische Daten Tesla Model X 90 D

Fünftüriges SUV mit sieben Sitzplätzen, Länge/Breite/Höhe/Radstand in Meter: 5,05/2,27/1,68/2,97, Kofferraumvolumen: 745 bis 2.180 l, Leergewicht: 2.389 kg, max. Zuladung: 631 kg, Anhängelast gebremst: 2.250 kg.
Antrieb: Zwei Drehstrom-Asynchronmotoren, Leistung: 386 kW/525 PS, max. Drehmoment: 600 Nm, Litium-Ionen-Batterie mit 90 kWh Kapazität, Beschleunigung: 0-100 km/h: 5,0 s, Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (abgeregelt), Testverbrauch: 25 kWh/100 km.
Österreich-Preis: 114.200 Euro (Deutschland: 109.400 Euro).

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