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Peter Klein im Exklusivinterview:
"Baumschlager hätte die Geschichte mit Aigner ganz anders machen müssen!"

Teil 4 des Exklusiv-Interviews mit dem langjährigen ORF-Reporter Peter Klein: Über Andi Aigner und dessen Teamchef Raimund Baumschlager.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Peter Klein privat, Manfred Wolf, Photo 4

Der vierte Teil des Exklusivinterviews mit dem langjährigen TV-Reporter Peter Klein ist quasi die dritte Etappe und fand kurz vor der Argentinien-Rallye 2007 statt, im Garten eines Mannes, der für den österreichischen Rallyesport von großer Bedeutung war - doch dessen Identität wird hier noch nicht preisgegeben, um die Überraschung nicht zu zerstören...

Nachdem zuvor auch schon das Thema Manfred Stohl besprochen wurde, widmet sich Teil vier dem österreichischen Jungtalent Andreas Aigner und dessen Teamchef, dem mehrfachen österreichischen Staatsmeister Raimund Baumschlager. Peter Klein nahm sich kein Blatt vor den Mund und sagte in dem Interview kompromisslos und frei heraus, was er denkt.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich motorline.cc als eine neutrale Plattform für alle Auto- und MotorsportfreundInnen versteht und wir inhaltlich natürlich nicht immer konform mit den Aussagen unserer Interviewpartner gehen.

Wir haben bereits über Manfred Stohl gesprochen, doch es gibt ja noch einen österreichischen Fahrer in der WM, nämlich Andi Aigner. Der ja heuer PWRC fährt. Wie ist Ihre Meinung zu dem Projekt? Waren Sie in diese Entscheidung auf irgendeine Art eingebunden?

Nein, denn da gab es ja vorher schon böses Blut von Seiten Raimund Baumschlager.

Aha. Ihnen gegenüber?

Ja, mir gegenüber. Wir haben irgendwann davor schon einmal darüber gesprochen, dass jeder österreichische Pilot bei mir einen Bonus erhielt und dass es auch welche gab, die diesen Bonus verspielt haben. Und Raimund hat ihn verloren. Er ist meiner Meinung nach einfach nicht ehrlich und er ist nicht mehr mit dem Herzen Rallyefahrer, sondern in erster Linie Businessmann. Denn wäre er mit dem Herzen Rallyefahrer, dann hätte er die Geschichte mit dem Andreas ganz anders machen müssen. Und zwar von Haus aus.

Und wie?

Man hätte mit dem Andreas anstatt in die WRC in die PWRC gehen müssen.

Naja, da hat mir Raimund Baumschlager erzählt, dass es so auch geplant war, aber dass es da eben das Angebot von Skoda gab und dass man da eben einfach zugreifen hat müssen.

Ich weiß nicht, warum man da zugreifen hat müssen. Denn im Nachhinein betrachtet waren die Erfolge nicht so toll. Vor allen Dingen haben sie das ja gar nicht zugelassen. Man hat ja den Andreas von Haus aus an die Kette genommen. Der Andreas wird das so nie zugeben, da er ja Verpflichtungen hat - und das verstehe ich auch voll und ganz. In dieser Hinsicht ist er ja erstaunlich reif für sein Alter.

Aber wenn ich schon einmal den Fehler mache, dass ich mit dem Andreas in die höchste Spielklasse gehe, zu einem Zeitpunkt wo er wirklich nicht viel von der Weltmeisterschaft wusste, dann darf ich nicht ein Jahr später den Schritt zurück machen, das ist ganz schlecht. Denn die Punkte, die der Herr Kopecky heuer einfuhr, die hätte der Andreas auch gemacht. Man hat aber auch viele, viele andere Fehler gemacht. Und meiner Meinung nach nicht unbedingt deshalb, weil das Geld dafür nicht da war.

Und wenn man sagt, der Andreas trainiert jetzt [das Interview wurde kurz vor der Argentinien-Rallye geführt, d. Red.] in Argentinien, dann muss ich sagen: Dieses Training hätte er auch schon im vorigen Jahr machen können. Denn es wissen alle, dass ich mich einschreiben kann, dass ich einen eher geringfügigen Betrag zahlen muss und dass ich dann das Training, die Besichtigung mitfahren kann - und dann lerne ich die Prüfungen kennen.

Und dann lese ich, bei euch auf motorline.cc, was das Team nun alles von Andreas erwartet. Eine Top-Platzierung - was bitte ist eine Top-Platzierung? Das heißt dann also er muss mindestens auf das Podest fahren. Ich will jetzt nicht sagen, dass es nicht möglich ist - weil im Motorsport ist alles möglich. Aber realistisch gesehen fährt er dort nicht einmal unter die ersten Fünf. Bei all den Qualitäten, die er hat. Der Andreas ist wirklich ein sauschneller, guter Mann.

Aber der ist jetzt natürlich verunsichert. Der Raimund sagt, der Andreas muss jetzt zeigen was er kann. Der Raimund soll ihm ein Auto hinstellen, das auch wirklich hält. Die Kritik an Andreas Aigner ist für mich ein Retourgang des Raimund Baumschlager, der vor einem halben Jahr noch erklärt hat, dass der Mann Weltmeister wird. 'Andreas Aigner kann Weltmeister werden!', das höre ich heute noch. Im Prinzip kann jeder Weltmeister werden. Doch zuerst muss er einmal die Möglichkeit dazu haben.

Jetzt, wo Raimund die Felle davonschwimmen sieht, ist das eine sehr billige Aktion, meiner Meinung nach. Man hätte Ratschläge einholen können. Man hätte von Manfred [Stohl, d. Red.] meiner Meinung nach sehr viel und kostenlose Hilfe bekommen, weil er dem Andreas gesagt hätte: 'Pass auf, für die Rallye brauchst du die Abstimmung, für die andere Rallye jene Abstimmung...'

Manfred Stohl hat in einem motorline.cc-Interview gesagt, dass Aigner auch das zweite Cockpit bei Kronos Citroen haben hätte können - diese Variante hätten Sie also eher befürwortet?

Es wäre sicherlich die bessere Lösung gewesen. Wobei ich nicht weiß, wie sehr der Andreas charakterlich gefestigt ist, das auszuhalten - einen Österreicher im Team zu haben, an den er jetzt, ich sage ganz bewusst jetzt, noch nicht herankommt. Ein neues WRC, das er nicht kennt, in dem er sich vielleicht sogar auf Anhieb wunderbar gefühlt hätte, wo er dem Manfred im Training vielleicht relativ nahe gekommen wäre. Aber ich sage immer: Da muss einer halt auch eine dementsprechende graue Eminenz im Hintergrund haben. Die hatte sogar der Herr Schumacher.

Sie sprechen von Willi Weber?

Zum Beispiel, ja. Das hat es immer wieder gegeben - dass jemand einen gehabt hat, auf den er dann wirklich gehört hat.

Aber das ist beim Andreas ja der Raimund Baumschlager.

Ich weiß nicht, ob der Andreas auf den Raimund hört. Aber nachdem ich selbst mit dem Raimund nicht mehr spreche und mit dem Andreas kaum Kontakt habe, weiß ich nicht, wie die Situation zwischen den beiden jetzt ist. Aber anscheinend dürfte die Stimmung ein bisschen getrübt sein. Ich fürchte halt beziehungsweise ich weiß nicht, ob da der Hauptsponsor, Red Bull, weiterhin mittun wird.

Man darf ja nicht vergessen: Didi Mateschitz will natürlich Erfolge haben und hat bereits in den Rallyesport investiert - ich erinnere daran, dass ein gewisser Ari Vatanen unter der RB-Flagge gefahren ist. Das hat damals sehr viel Geld gekostet. Der Raimund hatte ein tolles Budget, als er WRC gefahren ist. Da ist der Raimund mit dem Ford Focus gefahren und hat ein Jahr lang nichts gewonnen und ich weiß noch, dass der Manfred ein Jahr später gesagt hat, er möchte zeigen, dass man mit dem Auto gewinnen kann und hat sofort die Burgenland-Rallye gewonnen.

Also auch damals kam nichts zurück. Und mit Skoda - ich persönlich halte halt nicht allzu viel von Armin Schwarz. Denn einer, der jahrelang nur hinterherfährt... - der Mann kann sich großartig verkaufen - aber als Rallyefahrer ist er nur mittelmäßig.

Wollen Sie damit sagen, dass die beiden Talentescouts selber gar keine Talente sind? Wobei man das bei einem Raimund Baumschlager ja wohl wirklich nicht behaupten kann...

Das möchte ich damit gar nicht sagen. Der Raimund hat in dem Moment, wo Skoda aufgesprungen ist, sicherlich eine große Zukunft gesehen - aber das ist in die Hose gegangen, was in dieser Konstellation einfach zu erwarten war.

Warum?

Weil man davon ausgehen muss, dass sie sicherlich am Anfang, ich sage einmal die ersten drei, vier Rallyes, nicht das beste Material hatten und auch nicht bekommen haben.

Und warum?

Weil man natürlich geschaut hat, dass die eigenen Leute das bessere Material haben. Jan Kopecky muss zuerst das beste Material haben. Bei Francois Duval - da ist das Auto rausgegangen aus dem Werk, da hatten die Tschechen überhaupt nichts damit zu tun. Das wurde in Belgien betreut. Dieses Auto konnte man nicht vergleichen mit dem Auto, in dem der Andreas gesessen ist. Das war ein sehr gutes Auto.

Wenn man schaut, welche Erfolge der Herr Kopecky heute hat - also die zwei, drei Punkte hätte der Andreas auch geholt. Vielleicht hätte der Andreas heuer das eine oder andere Mal nicht das Pech gehabt - weil der Manfred wurde heuer noch nicht mit Glück gesegnet. Der Andreas hat in Argentinien das Problem, dass er die Strecke nicht kennt. Die Wasserdurchfahrten und so weiter. Ich würde ihm auf Sardinien mehr Chancen geben. Wenn man Argentinien als Maßstab hernimmt, dann ist das der ganz falsche Weg. Und man muss sich einmal die Starterliste von Argentinien ansehen.

Ich persönlich kann nur hoffen, dass die Sponsoren jetzt bei der Stange bleiben und dass der Raimund wieder ein bisschen seine Liebe zum Rallyesport und zum Nachwuchs entdeckt. Und nicht nur auf die Kasse schaut. Und nicht nur permanent sagt: 'Pass auf!' und 'Hau das nicht zusammen, ein Kotflügel kostet so und so viel, eine Felge so und so viel...!' Das muss egal sein!

Und nachdem sie mit SNT jetzt noch einen zusätzlichen Sponsor gefunden haben, würde ich doch meinen, dass man ihn die Saison fertig fahren lassen wird. Ich bin sicher, dass Andreas früher oder später auf das Podest fährt. Und zwar nicht zufällig, sondern weil er einfach sauschnell ist. Aber nichtsdestotrotz meine ich, dass man ihm mit dieser PWRC-Lösung sehr geschadet hat.

Als neutraler Außenstehender ist das schon recht seltsam - man hört die Argumente für die PWRC und auch jene fürs WRC - und irgendwie klingen beide recht plausibel. Ich habe mit Raimund Baumschlager für Rally & more ein Interview geführt, in dem sagte er, dass ihn dieser Vorwurf, er hätte die PWRC-Lösung deshalb bevorzugt, um an das RB-Sponsorgeld zu kommen, persönlich sehr schmerzen würde, da er eben nur das Beste für den Andreas wollte respektive will. Sie glauben nicht, dass er das wollte?

Nein, und das ist relativ einfach zu erklären. Der Raimund hat seit ich weiß nicht wie vielen Jahren Red Bull als größeren oder kleineren Sponsor, aber immerhin als ständigen Sponsor. Raimund hat seinen Zenit schon lange überschritten. Raimund würde international, auch mit all seiner Erfahrung, nie im Leben ein besseres Ergebnis erzielen als der Andreas.

Ich war bei der besten Rallye seines Lebens dabei und ich kenne den Raimund auch schon seit zwanzig Jahren - und ich habe mir schon mein Bild gemacht. Der Raimund ist ein sehr cleverer Bursche, der damals auch sehr viel Herz hatte, der auch bereit war, ein hohes Risiko zu gehen, weil es da auch um seine Akzeptanz und um seine Existenz gegangen ist.

Er war dann jung verliebt, danach jung verheiratet, ist dann bald einmal Vater geworden und hat sich jetzt ein kleines Imperium aufgebaut. Das kurzfristig sogar schon ein bisschen größer war, dann hat er einen relativ großen Anteil wieder verloren - und jetzt strickt er natürlich ein bisschen. Den letzten österreichischen Meistertitel - da war er mir zwar unglaublich böse - aber den kann er sich in Wahrheit sonst wo hinhängen, dieser Titel ist nichts wert.

Aber diese Aussage wertet jetzt alle anderen österreichischen Rallyefahrer ab...

Nein, es lag in erster Linie daran: Wen hatte er als Konkurrenz?

Sie meinen wegen der vielen Klassen in der ÖM?

Naja, ich erinnere an das Duell Achim Mörtl gegen Raimund Baumschlager. So lange der Mörtl das Geld hatte und gefahren ist, ist der Baumschlager hinterher gefahren. Ich bin jetzt nicht der größte Fan von Mörtl - ganz im Gegenteil, auch der Mörtl hat schon heftige Kritik von mir einstecken müssen, wobei ich bei ihm sehr schätze, dass er gelernt hat, dass er nicht auf seinem Status mit 27, 28 oder 30 Jahren stehengeblieben ist, sondern weitergelernt hat. Er hat noch immer eine 'Pappn' wie ein Schwert und lässt noch immer den einen oder anderen Spruch raus. Nur weiß ich genau, dass er das bewusst macht, weil er genau weiß, dass Emotionen ankommen. Da wird darüber geschrieben. Da kann man G'schichtln aufbauen. Denn sonst ist es ja stinkfad.

Mörtl sagte mir in einem Interview für die Zeitschrift Rally & more, dass Andi Aigner in der PWRC gegen alte Männer fahren würde. Eine gute Gelegenheit, zu erwähnen, dass dieses Interview zu einer Zeit geführt wurde, wo noch nicht alle Teilnehmer für die PWRC genannt haben und dass bei Erscheinen des Artikels da schon sehr viel mehr junge starke Piloten auf der Nennliste standen, um den Achim Mörtl hier auch ein bisschen zu entlasten in dieser Angelegenheit.

Ein typischer Mörtl-Sager, den man nicht ernst nehmen braucht und auch nicht darf. So viele Alte fahren da nicht, und die jungen PWRC-Piloten, die muss man erst einmal schlagen. Und die haben nicht den Fehler gemacht, zu einem WM-Lauf zu kommen, den sie nicht kennen.

Die weiteren Teile des Gespräches mit Peter Klein finden Sie in der Navigation rechts.

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