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Peter Klein im Exklusivinterview:
"Leider eine Frage des Geldes!"

Teil 5 des Exklusiv-Interviews mit dem langjährigen ORF-Reporter Peter Klein: Über die Zukunft der österreichischen Piloten in der Rallye-WM.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Peter Klein privat, Photo 4

Der fünfte Teil des Backstage-Gesprächs mit dem langjährigen ORF-Reporter Peter Klein wurde wie schon der Teil zuvor im Garten einer österreichischen Rallye-Legende geführt, und zwar knapp vor der Argentinien-Rallye. Das Thema der fünften Runde: Welche Zukunft sieht Peter Klein für die zurzeit vertretenen Österreicher in der Rallye-WM?

Wenn Sie in die Zukunft von Manfred Stohl und Andreas Aigner in der WM blicken, welche Gedanken kommen Ihnen da?

Wenn ich in die Zukunft blicke, dann würde ich mir wünschen oder dann würde ich hoffen, dass die OMV weiter als Sponsor vertreten ist, die - das muss man ja auch dazusagen - von den Stohls nicht enttäuscht worden ist. Es gibt gute Sponsoren und dann gibt es sehr gute Sponsoren - die OMV ist sicherlich ein sehr guter Sponsor.

Warum gibt es überhaupt dieses Geld? Das kann ich Ihnen ganz genau sagen: Weil es dort im Hintergrund Leute gibt, die sich mit Herz engagieren, die den Rallyesport lieben und die ihren ganzen Einfluss nützen, um dafür zu sorgen, dass das Geld rüberkommt und die selber nichts davon haben.

Ich kenne den Generaldirektor, habe mit ihm schon einige Interviews gemacht - für mich ist das ein exzellenter Businessmann. Das, was sich jetzt abspielt, mit OMV, Gas und Amerika - da imponiert mir der Mann wieder, der sagt: 'Ich halte mich an die Gesetze und ansonsten soll der Herr Bush sonst wo hingehen'.

Wenn der jetzt sagt: 'Okay, der Herr Stohl hat bewiesen, dass er es kann. Aber er konnte nicht beweisen, dass er mehr kann, weil man ihm nicht die Möglichkeit gegeben hat, weil er eigentlich immer mit dem Auto dahinter gefahren ist.' Wenn man sich jetzt das Auto von Manfred ansieht - das ist ungefähr am Stand Sommer 2006.

Da muss man jetzt schon fragen: Ist die OMV bereitet, dreimal so viel zu zahlen und den Herrn Stohl so wie Atkinson bei Subaru als zweiten Fahrer einzukaufen? [das Interview wurde vor der Verpflichtung von Xavier Pons bei Subaru geführt, d. Red.]

Bei Citroen?

Wo auch immer. Das ist natürlich immer eine Frage des Geldes. Man muss natürlich eines sagen: Wie viele Einwohner hat Spanien, wie viele Einwohner hat Österreich? Wie viel Geld kommt aus Spanien, wie viel Geld kommt aus Österreich? Das ist leider noch immer eine Frage des Geldes.

Von der Qualität her würde ich mir bei einem Duo Stohl-Sordo übers Jahr gesehen keine Sorgen machen. Sicher wäre der Sordo das eine oder andere Mal der schnellere, aber großteils wäre der Manfred der schnellere Mann - nicht zuletzt aufgrund seiner Erfahrung. Und nicht zuletzt aus der Tatsache heraus, dass er im entscheidenden Moment noch immer nachlegen kann. Und weil er im entscheidenden Moment auch ansagen kann.

Wenn das nicht passiert, wenn sich die OMV zu diesem Schritt nicht entscheidet, dann glaube ich, dass der Manfred heuer vielleicht noch das eine oder andere gute Ergebnis zusammenbringt, aber dass es dann mehr oder weniger...(denkt nach)

...vorbei ist?

Ja, vorbei ist. (denkt nach) Es sei denn, es kommt wirklich der eine oder andere Erzeuger - ich sage einmal Mitsubishi sagt: 'Wir fahren nächstes Jahr und wir setzen rein: einen top-erfahrenen Mann!' Noch dazu einen, den sie kennen - denn das wäre der Manfred. Der Manfred hat einen Stand bei Mitsubishi, wie nur wenige andere. Einen aktuellen schnellen Mann und einen jungen, ganz aktuell schnellen Mann, einen Finnen - oder wen auch immer.

Jari-Matti Latvala?

Wie auch immer. Aber so etwas könnte ich mir vorstellen.

Und Ford? Wenn Marcus Grönholm aufhört?

Wenn der Grönholm aufhört... - naja, dann fehlt bei Ford einer. (denkt nach) In Wahrheit.

Dazu hat mir Manfred in einem Interview gesagt, er sei davon überzeugt, dass bei Ford Mikko Hirvonen/Jari-Matti Latavala das nächste Duo sein wird.

Ja, aber die Frage ist natürlich: Wie schaut es mit dem Geld aus? Man darf ja eines nicht vergessen: In Finnland gibt es zwei, drei Konsortien, die sich um den Nachwuchs kümmern, die Geld investieren, sich vertraglich absichern und dann sozusagen mitverdienen. Die dann also anteilig an den Gagen der Herren verdienen. So etwas gibt es in Österreich nicht.

Es gibt weder einen Rallyefahrer, der so viel Geld verdient hat, dass er sich das leisten kann - wie ein Tommi Mäkinen zum Beispiel. Ein Juha Kankkunen hat auch irgendwo seine Finger drinnen, nur fährt der selber noch recht gerne - das tut er in Abständen, wie wir wissen. Aber da gibt es viele, viele andere, die ihre Pfoten drinnen haben, die Geld investieren in einen jungen hoffnungsvollen Piloten, die aber natürlich finanziell abgesichert sind.

Im Prinzip nicht sehr viel anders, als es der Willi Weber anno dazumal mit dem Michael Schumacher gemacht hat. Nur halt auf einer anderen Ebene und wahrscheinlich auch mit anderen Beträgen.

Beim Andreas würde ich meinen, man sollte ihm um Gottes Willen die Chance geben, diese WM in Ruhe fertig zu fahren. Jetzt mit Druck zu kommen und Topresultate einzufordern, das kann nur der falsche Weg sein. Man muss den Andreas sorgfältig und ein bisschen behütet aufbauen.

Eine schwierige Situation...

Diesen Druck kann er nicht aushalten. Der Raimund [Baumschlager, d. Red] muss natürlich schauen, dass er die Sponsorgelder sozusagen bei seiner Firma behält.

Aber Raimund Baumschlager hatte ja auch schon vor Andi Aigner Red Bull als Sponsor.

Natürlich, er bezieht ja auch Sponsorgeld von Red Bull. Aber wie soll ich jetzt Misserfolge erklären, nachdem ich vom Weltmeister gesprochen habe?

Aber in einem Interview für die Zeitschrift Rally & more sagte mir Raimund, dass der Andi von sich aus vom PWRC-Titel sprach.

Nein, nein, nein - denn ich meine ganz etwas anderes. Ich meine nicht den Weltmeistertitel in der PWRC. Sondern der Raimund hat selber erklärt - das habe ich gelesen, das hat er auch mir gesagt, auch im Beisein anderer: 'Der Andreas kann Weltmeister werden!' Und zwar in der höchsten Spielklasse.

Aber das ist doch vollkommen okay, dass er eben wirklich daran glaubt, dass Andi Weltmeister werden kann, man hat ja auch einen deutschsprachigen WRC-Piloten gesucht, der das Zeug zum Weltmeister hat...

Ja, ja, dagegen gibt es auch nichts einzuwenden. Er hat ja auch immer gesagt, wie schnell der Andreas ist und dass er begeistert ist, wenn er mit dem Andreas mitfährt. Und, und, und.

Nur: Was ist dann jetzt schief gegangen? Wo liegt der Fehler? Ist der Andreas stecken geblieben? Wurde er nicht dementsprechend geführt? Gab es niemanden, der ihm den Weg richtig gezeigt hat? Gab es keine Bezugsperson für den Andreas? Ich persönlich glaube, dass der Klaus Wicha ein sehr guter Kopilot ist - ich glaube aber einfach, dass er zu sehr professionell ist.

Zu professionell? Meinen Sie damit, dass er eventuell nicht dieses jugendliche Gefühl mitbringt, das der Andi hat?

Genau das meine ich. Der ist halt schon bei so vielen drinnen gesessen, er ist gut, er ist routiniert. Ich bin mir aber nicht sicher, ob Wicha das Risiko, das der Andreas nehmen würde, teilen würde.

Wie? Sie meinen, dass er ihn bremst?

Sagen wir einmal so: Man kann natürlich beratend eingreifen - aber das will ich gar nicht behaupten. Ich meine damit einfach auch die Körpersprache. Die kann schon einiges im Auto vermitteln. Oder die Art der Ansage, der Tonfall. Wie sage ich ihm jetzt dieses 'Achtung' Achtung!'?

Man darf nicht vergessen: Wenn ich mir das Team ansehe: Es gibt meines Wissens keinen, der unter 30 ist. Außer dem Andreas. Und es gibt auch nur ganz, ganz wenige bei den Mechanikern - ich kenne nicht alle - die im Herzen so jung sind. Ich kann mit 60 Jahren 20 sein.

Wie meinen Sie das? Meinen Sie damit, dass das Team auch zu professionell ist? Oder dass man nicht mehr so hungrig ist nach Erfolgen, weil man schon so viele Erfolge erzielt hat?

Zu professionell würde ich nicht sagen. Und hungrig nach Erfolg ist man dort auf jeden Fall. Von einem siegreichen Andreas lebt das ganze Team.

Jetzt hat es zwei Nullnummern gegeben [das Interview wurde vor der Argentinien-Rallye geführt, d. Red.] - eine davon war meines Wissens nach nicht die Schuld des Andreas. Aber in einer solchen Situation jetzt Druck zu machen, halte ich für völlig falsch.

Sehen Sie die Gefahr, dass die Karriere des Andreas Aigner wirklich komplett abstürzen könnte?

Ich sage einmal so: Die Gefahr, dass es den Andreas Aigner im nächsten Jahr nicht mehr gibt, ist sehr groß.

Meinen Sie damit die internationale Ebene oder auch die nationale?

Naja, einer, der im Prinzip schon das dritte Jahr in der Weltmeisterschaft fährt, der sollte nicht um den österreichischen Meistertitel fahren. Und die österreichische Rallye-Meisterschaft - naja. Ich tue mir da wirklich sehr schwer, den Wert der österreichischen Meisterschaft einzuschätzen.

Auf internationaler Ebene hatte man ja 2006 mit dem Skoda WRC ein Projekt, nur war das schon nach einem Jahr wieder zu Ende. Dann hat man den Fehler gemacht, in die PWRC zurück zu gehen, anstatt den Andreas mit dem gleichen Geld in einem Team einzukaufen - es kann mir niemand sagen, dass die Einsätze, die man heuer fährt nicht auch in einem WRC möglich gewesen wären.

Und wenn ich einen Dreijahresplan habe, wie das bei dem Förderprojekt der Fall ist - dann verstehe ich nicht, warum man ihn in Norwegen fahren ließ, das nicht zur PWRC zählte und wo man im nächsten Jahr keine WM-Rallye abhaltet und warum man ihn andererseits nicht in den Jahren zuvor nach Argentinien geschickt hat, um sich dort wenigstens die Prüfungen anzusehen. Wenn Andreas Glück hat, wenn alles passt, dann kann er dort höchstens Fünfter werden - und das kann ich nicht als Topplatzierung verkaufen.

Obwohl ein fünfter Platz ja eine gute Leistung wäre...

Absolut - aber nicht, nachdem man vom Titel gesprochen hat.

War diese Titelansage eine Art Flucht nach vorne?

Da hat der Raimund leider ein zu großes Konkurrenzdenken gegenüber dem Manfred Stohl. Wobei der Manfred immer sagt: 'Wir sind keine Konkurrenten, denn mein Geschäft läuft vorrangig im Ausland.'

Ich kann mich noch erinnern, wie dem Achim Mörtl langsam das Geld ausgegangen ist und der Manfred sagte: 'Das ist egal, fahr weiter!' Wo also Stohl Racing die Kosten übernommen hat. Und ich glaube wirklich: Wenn man da mit dem Manfred zusammengearbeitet hätte, und wenn es nur in Form von Tipps gewesen wäre, dann hätte der Andreas davon sehr profitiert.

Denn der Raimund Baumschlager kennt zwar seinen Mitsubishi und die Strecken in Österreich aus dem FF - aber in Österreich, und nicht im Ausland. Und der letzte WM-Lauf, den er gefahren ist, war Afrika, und das zählt schon lange nicht mehr zur Weltmeisterschaft. Wenn man sich an den Manfred gewandt hätte, dann wäre das eine gute Geschichte geworden.

Ich habe Manfred Stohl in einem Interview gefragt, ob er rein theoretisch Interesse an Aigner hätte, als Fahrer - sollte er einmal ohne den Red Bull-Geldern da stehen. Und Manfred sagte: 'Nicht nur theoretisch.'

Ich bin sicher, dass der Andreas beim Manfred eine Rolle spielen würde - aber erst dann, wenn der Andreas wirklich frei ist. Der Manfred würde sich da nicht einmischen oder gar versuchen, das Sponsorgeld zu sich zu holen. Man darf ja auch eines nicht vergessen: Stohl Racing ist ja ausgelastet.

Stohl Racing ist ja auch in der PWRC vertreten - und man hat auch schon WM-Punkte eingefahren.

Ja, aber ohne viel Wind darum zu machen. Es fährt auch ein von Stohl Racing eingesetzter Subaru mit.

Der Patrik Flodin.

Ja. Und es fährt der Stepan Vojtech auf einem Mitsubishi. Und alles ohne Erwartungsdruck. Ich würde mir halt wünschen, dass man jetzt den Andreas nicht so sehr unter Druck setzt und man den Weg fortsetzt. Der eine fährt mit irgendwelchen Geschoßen in der Wüste herum und will von all dem nichts mehr wissen und der andere sagt, dass der Andreas nachgelassen hat und nicht mehr die Leistungen erbringt, die er im Vorjahr erbracht hat und dass er dringend ein Topresultat braucht. Das kann doch nicht der Weg sein.

Was ich noch nicht verstanden habe: Betrachten Sie den Gang in die WRC mit Skoda als einen Fehler? Also dass das zu früh war?

Da wurde der Raimund sicherlich auch ein bisschen geblendet, aber ich will ihm da jetzt wirklich nicht voll die Schuld geben. Aber er sagte sich eben: 'Meine Firma wächst, wird größer...' Er hat das dann auch wunderbar gemacht: Hier Raimund Baumschlager Racing, dort Red Bull Skoda. Und so konnte er auch den einen oder anderen ins Boot holen. Wenn ich mir ansehe, wer aller bei ihm arbeitet, der Dietmar Metrich beispielsweise nach wie vor, der wiederum den einen oder anderen entlassen hat in der Zwischenzeit. Ob das so gut war für das Team, wage ich zu bezweifeln.

Dietmar Metrich ist ja ein Spitzentechniker ähnlich dem Günther Aschacher bei Stohl Racing, oder?

Der Herr Metrich war noch nicht sehr erfolgreich. Seine erfolgreiche Zeit ist lange her. Welche Erfolge hatte er denn bei Skoda? Der Herr Metrich ist mit dem Armin gekommen. Und wegen Metrich sind bereits gute Leute gegangen - Raimund hat einen seiner engsten Mitarbeiter, den Rudi Neuwirt, der quasi seine rechte Hand war, gefeuert - wegen Metrich!

Und wo ist dieser Mitarbeiter jetzt?

Bei VW. Der kümmert sich um das Auto von Kris Rosenberger.

Die weiteren Teile des Gespräches mit Peter Klein finden Sie in der Navigation rechts.

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